Kapitel 33

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Mein Blick wanderte fassungslos über RMs Schulter hinweg und ich konnte sehen, dass Suga die Eingangstür öffnete und das Haus betrat. "Oh Gott Dad..", flüsterte ich. Ich schlug mir die Hand kurz vor den Mund und wollte einfach losrennen aber RM hob demonstrativ seine Waffe an und zielte auf meinen Kopf.

Ich wusste nicht was ich tun sollte. Ich konnte noch nicht einmal schreien, um meine Eltern zu warnen. Das würde vielleicht Purger auf den Plan rufen, die die letzten fünfzehn Minuten der Purge noch nutzten, um ihren Blutdurst zu stillen. Außerdem würden meine Eltern mich wahrscheinlich eh nicht hören, weil sie sicher schliefen.

"Wie könnt ihr das nur zulassen? Ihr seid Lions! Wie könnt ihr es unterstützen, dass Suga purged? Dass er einen Unschuldigen ermordet! Das widerspricht doch allem, wofür der Lions Club steht!!!", schrie ich die drei an.

"Ihr habt ja keine Ahnung", sagte RM, "ihr habt keine Ahnung was Suga durchgemacht hat. Er wollte damals aus dem Lions Club austreten. Die Lions wären beinah Geschichte gewesen. Er war am Boden zerstört und einzig und allein sein Gedanke an Rache, ließ ihn weitermachen."

"Wenn Suga seine Rache nicht bekommt, dann wird er niemals Frieden finden", entgegnete mir J-Hope, ebenfalls ohne auf das einzugehen was ich gesagt hatte.

Ich starrte die drei einfach nur an. Mir kam das alles hier immer mehr wie ein Traum vor. Wie ein furchbarer Alptraum. Vielleicht schlief ich tatsächlich.

Vielleicht war das hier alles gar nicht wahr und ich würde jeden Moment in Brians Wohnung und in Sugas Armen aufwachen und ich würde feststellen, dass wir, nachdem wir uns geliebt hatten, einfach eingeschlafen waren und die Purge verschlafen hatten.

"Jimin..", hörte ich Taehyung irgendwann sagen, als dieses wunderbare Bild in meinem Kopf langsam Gestalt annahm. Sofort sah ich wieder auf und konnte Suga sehen, der aus dem Haus meiner Eltern trat und über den kleinen Weg lief, der zur Straße führte.

Er hatte seinen Blick zu Boden gerichtet und ich versuchte irgendwie in seinem Gesicht ablesen zu können, was dort gerade in dem Haus passiert war.

Mein Herz pochte so heftig, dass es sich anfühlte, als würde mein kompletter Körper durchgerüttelt, jedesmal, wenn es gegen meinen Brustkorb schlug. Abermals wurde mir so entsetzlich heiß und wie durch einen Tunnelblick sah ich nur Suga und blendete alles andere aus.

Dann war mir einfach alles egal. Es war mir egal, ob die drei Lions ihre Waffen auf mich gerichtet hatten und ob sie mich erschießen würden. Ich rannte los und sie hielten mich diesmal nicht auf. Suga blieb stehen und sah mich traurig an und als ich nur noch wenige Meter von ihm entfernt war, hörte ich einen lauten Knall.

Ich blieb wie angewurzelt stehen und im nächsten Moment ging Suga zu Boden. Mein Mund klappte auf und meine Augen weiteten sich. Vollkommen verwirrt sah ich mich kurz um und sah zu meinem Entsetzen Big Daddy, der eine Pistole in der Hand hielt und auf der anderen Straßenseite stand.

Dieser Bastard musste uns gefolgt sein und hatte sicherlich seinen Truck irgendwo abgestellt, um uns zu Fuß zu folgen, damit wir ihn nicht bemerkten. Sodann fuhr mein Blick zu Suga und ich konnte sehen, dass er sich mit einer Hand seine Seite hielt. Er lebte noch. Und Big Daddy musste das ebenfalls gesehen haben, denn er setzte sich grinsend in Bewegung und überquerte die Straße.

Wie auf Kommando rannte ich los und wäre dabei fast ins Stolpern geraten. Kaum hatte ich Suga erreicht, warf ich mich neben ihn auf meine Knie. Suga verzerrte schmerzerfüllt sein Gesicht. Er hatte die Augen geschlossen und stöhnte leise. Zwischen seinen Fingern, die er auf seine linke Bauchseite gedrückt hielt, quoll Blut hervor und als er kurz hustete, lief ihm Blut aus seinem Mundwinkel.

"Oh Gott bitte nicht..", flüsterte ich und wollte seine Wange berühren, doch in dem Moment hörte ich, dass jemand neben uns stand. Als ich aufsah, stand Big Daddy genau vor uns. Schützend warf ich mich über Suga und sah diesen Mistkerl hasserfüllt an.

Für diesen Moment hatte ich komplett ausgeblendet, dass Suga meinen Vater getötet hatte. Ich trug nur dieses Gefühl für ihn in mir, das ich die ganze letzte Nacht empfunden hatte.

"Es gibt ein ungeschriebenes Purge Gesetz", sagte Big Daddy, der auf uns herabsah, "wir retten kein Leben. Heute Nacht, nehmen wir Leben. Wir machen die Dinge kontrollierbar für uns. Denn bedauerlicherweise töten die Leute nicht genug. Also tragen wir unseren Teil dazu bei, um alles im Gleichgewicht zu halten. Es ist ein wichtiger Job, den die NFFA erledigt und dabei benötigen wir keine Störenfriede. Und schon gar keine Helden. Wir dachten, das wäre klar gewesen, als wir deine Familie ermordet haben. Ich wusste, dass du diesen Anwalt erledigen willst, als wir euch das letzte Stück verfolgt haben. Aber den Prozess hatten wir so oder so schon gewonnen. Auch ohne ihn."

Dann hob er seine Waffe und zielte auf uns, doch ein erneuter Knall ließ mich zusammenzucken. Big Daddy fiel zu Boden. Ich konnte hören, dass die anderen gerade ankamen aber der Schuss kam nicht aus deren Richtung und als ich fassungslos aufsah, stand mein Dad in der Haustür. Qualm stieg immer noch aus seiner erhobenen Pistole und er ließ langsam seinen Arm sinken.

Mit großen Augen sah ich ihn an und er kam auf uns zugerannt. "Dad...?", brachte ich hervor und er kniete sich neben uns. Im nächsten Moment vernahm ich mehrere eilige Schritte. Unsere Freunde standen noch an der Straße und in dem Moment rannten plötzlich aus der entgegengesetzten Richtung über den Bürgersteig fünf NFFA Typen.

Ein Teil der Typen zielte auf Suga meinen Vater und mich. Der andere Teil richtete seine Waffen auf unsere Freunde. Doch auch diese standen mit erhobenen Waffen da und hatten die Kerle im Visier, genauso wie mein Vater seine Pistole auf die Typen gerichtet hatte.

Ich selbst beugte meinen Oberkörper schützend noch weiter über Suga. Keine einzige Kugel sollte seinen Körper treffen. Ich würde jede einzelne mit meinem eigenen auffangen.

So verharrten wir eine schier endlos lange Zeit reglos und darauf lauernd, wer zuerst den Abzug drücken würde.

Bis plötzlich die Sirenen ertönten und alle ihre Waffen langsam sinken ließen. Die NFFA Typen zogen sich zurück. Jede andere Handlung wäre nun strafbar.

Gleich darauf stürmten unsere Freunde auf uns zu. Mein Vater blickte mich fassungslos an: "Jimin? Was machst du..." "Dad hol sofort deinen Wagen!", fiel ich ihm ins Wort.

Doch mein Vater fuhr fort: "Warum bist du..." "Jetzt hol einfach deinen scheiß Wagen, Mann!!!", schrie ich meinen Vater an und dieser rannte sofort ins Haus, um seine Autoschlüssel zu holen.

Sofort wandte ich mich wieder Suga zu, der mich aus halbgeöffneten Augen ansah. Ich streichelte zärtlich über seine Stirn und lächelte schwach.

"Los Jimin. Der Wagen ist da", sagte RM nach einiger Zeit sanft und gemeinsam halfen wir Suga hoch, der kurz aufschrie. Ich nahm mit ihm auf der Rückbank Platz. Ich hatte ihn fest an mich gezogen und hielt seine blutige Hand. Sein Kopf ruhte auf meiner Brust. Er war ganz blass und atmete flach.

"Du hast es nicht getan...", brachte ich hervor und sah ihn liebevoll an.

"Ich würde nie etwas tun, was du nicht willst, Prinzessin...", sagte er mit schwacher Stimme und ich brach in Tränen aus. Ich war mir so bewusst darüber wie nie zuvor, dass ich diesen Mann so sehr liebte wie sonst nichts auf dieser Welt.

Und als er langsam seine Augen schloss, küsste ich vorsichtig seinen Mund, sodass meine Lippen mit seinem Blut benetzt waren.

Purge Night --- YoonminWo Geschichten leben. Entdecke jetzt