Als ich die beiden stämmigen Kerle sah, die uns verfolgt hatten und nun seelenruhig auf uns zugeschlendert kamen, rutschte mir das Herz in die Hose. Keine Ahnung, wie lange sie uns schon auf den Fersen waren oder ob sie sich hier in den Gassen versteckten und einfach nur auf Opfer lauerten, aber das spielte auch gar keine Rolle.
Und es änderte auch nichts an der Tatsache, dass wir am Arsch waren. Die beiden waren mindestens zwei Köpfe größer als wir. Sie trugen keine Masken und so konnte man den Wahnsinn und die Mordlust in ihren Augen genau erkennen. Ihre Köpfe waren kahlgeschoren. Sie hatten keine besondere Kleidung für die Purge Nacht an, außer vielleicht ihre schwarzen Stahlkappenschuhe mit weißen Schnürsenkeln.
Als hätten sie sich eben noch mit einer Flasche Bier in der Hand ein Baseball Match angesehen und wären dann aufgestanden und hinausgegangen, um wie gewissenhafte Amerikaner ihrer patriotischen Pflicht nachzukommen.
Einer von ihnen zog eine große Axt über den Boden hinter sich her und der andere hatte lässig einen Baseball Schläger auf seiner Schulter liegen. Sie grinsten dreckig und tauschten einen kurzen Blick aus. "Wo soll's denn hingehen, Ladies?", fragte der mit dem Baseballschläger und ließ seine gelben Zähne aufblitzen.
Dass die Purge erst in einer halben Stunde losgehen würde, kümmerte die beiden sicher nicht im geringsten und sie darauf hinzuweisen, wäre höchstwahrscheinlich keine gute Idee. Ich tauschte ebenfalls mit meinen Freunden Blicke aus und ihre Augen spiegelten die gleiche Angst wieder, die sich auch in meinen befand.
Doch sie sagten mir auch etwas anderes. Und zwar, dass wir vielleicht nicht stärker, aber sicher bei weitem schneller waren als diese massigen Kerle und, dass wir uns nicht von ihnen aufhalten lassen durften. Würden sie uns jetzt verletzen oder gar töten, würden sie ein Verbrechen begehen. Natürlich warteten sie bis zur vollen Stunde und so lange, würden sie versuchen uns nicht gehen zu lassen.
"Haben wir euch etwa die Sprache verschlagen?", fragte der Kerl noch einmal nach und sein Freund lachte heiser. "W-wir wollen nur nach Hause", erwiderte Taehyung zögerlich und ich fragte mich, ob das wirklich richtig gewesen war, mit den Kerlen zu sprechen. Andererseits würde es sie vielleicht noch wütender machen, sie einfach zu ignorieren.
"Oh tatsächlich?", meinte der Kerl und die beiden sahen sich grinsend an, "wo wohnt ihr drei Hübschen denn?"
"E-es ist gar nicht mehr weit von hier u-und mein Vater ist Cop", sagte Taehyung nun und seine Stimme klang etwas selbstsicherer. Die Gesichter der Typen verfinsterten sich mit einem Mal. "Ein Cop sagst du?", meinte der mit dem Baseballschläger. Dann machte er Geräusche als würde er jeden Moment anfangen zu kotzen und spuckte gleich darauf einen Schleimklumpen aus. "Ich hasse Cops", fügte er dann hinzu und damit sah ich uns schon tot in einer Mülltonne liegen.
Ich sah kurz zu Jungkook rüber. Dieser lugte gerade zur Seite in eine enge Nebengasse. Gleich darauf sah er mich an und auch Taehyung stieg in unser Blickduell mit ein. Somit hatten wir im Stillen unseren Fluchtweg klargemacht. Es fehlte nur noch ein Startsignal, um loszurennen.
"Eigentlich sind wir während dieser Purge hinter Frauen her aber bei euch drei Süßen würden wir 'ne Ausnahme machen", dann zeigte der Kerl mit seiner Axt plötzlich genau auf mich, "und gerade bei deinen Lippen will ich wissen, wie sie sich um meinen Schwanz anfühlen."
Ohne abzuwarten schleuderte ich die weiße Plastiktüte durch die Luft und warf den beiden Kerlen diese mitsamt den Dr. Pepper Dosen entgegen. Keine Ahnung, ob ich sie getroffen hatte oder nicht, alles was zählte war, dass dies unser Startsignal war und wir so plötzlich losstürmten, dass wir ins Stolpern gerieten und beinahe der Länge nach hingeflogen wären.
Während wir rannten stieß ich immer wieder einige Mülltonnen hinter uns um, um den Kerlen den Weg irgendwie zu sperren oder ihnen die Verfolgung zumindest zu erschweren. Dabei schlugen sie lachend und gröhlend mit ihren Waffen gegen Gegenstände und machten solch einen Höllenlärm, dass ich Angst hatte, sie könnten noch andere Verbrecher auf den Plan rufen, die uns den Fluchtweg versperrten.
Das geschah allerdings nicht. Wir erreichten das Ende der Nebengasse und fanden uns auf der Hauptstraße wieder. Doch auch hier gönnte man uns keine Ruhe. Die Gruppe der jungen Frauen mit den Tiermasken fuhr gerade laut jubelnd an uns vorbei. Sie lehnten sich weit aus den Fenstern und zeigten mit ihren Macheten auf uns, doch sie fuhren weiter und ließen uns in Ruhe.
"Hey! Stehenbleiben!", hörten wir gleich darauf die Kerle aus der Gasse rufen. Sie fluchten, da sie gerade über eine Mülltonne stolperten und blitzschnell stürmten wir weiter in Taehyungs Haus, dass wir von Weitem schon sehen konnten. Auf dem Weg kramte Taehyung seinen Schlüssel raus. Vollkommen hektisch und panisch standen wir vor der Haustür und mit zitternden Händen schloss Taehyung auf.
Unglücklicherweise waren die Kerle aus der Gasse herausgerannt und hatten uns sofort gesehen. Doch wir waren in Sicherheit. Jungkook und ich schauten aus dem Fenster und konnten sehen, dass die Typen langsam auf unser Haus zukamen. "Scheiße! Die wissen, dass wir hier drin sind!", sagte ich, ohne meinen Blick von ihnen zu lösen.
Wie aus Zufall fiel mein Blick auf die Einfahrt des Hauses und ich runzelte die Stirn. "Taehyung... sind deine Eltern noch nicht zurück?" Das Auto seiner Eltern war nicht da und eigentlich hätten sie schon längst wieder hier sein müssen.
"Mom? Dad?", rief Taehyung laut und rannte die Treppe nach oben, doch auch dort waren sie nicht. Als er wieder hinuntergestürmt kam, schaltete er gleich den Anrufbeantworter an, da dieser rot blinkte:
"Taehyung, Schatz! Hör jetzt gut zu und bleib ruhig. Wir haben das neue Alarmsystem bei deinen Großeltern angeschaltet. Dabei wurden die Schutzschilder vor den Türen und Fenstern ausgelöst. Die lassen sich wie du weißt nicht vor Morgen um 7 Uhr öffnen. Das bedeutet, wir sind hier eingeschlossen und ihr werdet die Nacht ohne uns verbringen müssen. Das ist nicht weiter schlimm. Mit dem sechstelligen Code könnt ihr die Sicherungschilde an unserem Haus auslösen und ihr seid in Sicherheit, Schatz. Also der Code lautet: 4....."
Die Aufnahme stoppte und wir starrten entsetzt den Anrufbeantworter an. "Vier und weiter...?!", brachte Jungkook hervor und Taehyung versuchte die Aufnahme noch einmal abzuspielen. Doch das Band stoppte immer wieder nach dieser einen Zahl. "Das glaub ich jetzt nicht Leute! Ich komme mir vor wie in einem schlechten Horrorfilm oder sowas!", rief ich und fasste mir vollkommen überfordert an meine Stirn.
Als dann auch noch im nächsten Moment die Sirenen losgingen, hätten mir meine Beine fast den Dienst versagt. Mit weit aufgerissenen Augen und für einen Moment absolut reglos, sahen wir uns an. Sollte ich wirklich für zwei Tüten Chips und fünf Dosen Dr. Pepper, die ich noch nicht mal mehr besaß, gestorben sein?
Wir konnten hören, wie die Sicherungssysteme der umliegenden Häuser sich automatisch auslösten und unter ihren Schutzschilden verschwanden. Nur bei uns regte sich nichts. Ich hatte das Gefühl ich würde jeden Moment hyperventilieren und das brachte ich auch lautstark zum Ausdruck, indem ich anfing hektisch ein und auszuatmen.
"Leute...", hörte ich Jungkook wie durch Watte sagen.
"I-ich ruf meine Eltern an. Die haben doch ihr Handy dabei. Alles gut... alles gut...", keuchte Taehyung atemlos und suchte sein Handy, während ich versuchte nicht in Ohnmacht zu fallen.
"Leute!", drang Jungkooks Stimme noch einmal an mein Ohr. Taehyung und ich sahen ihn daraufhin an. Wie erstarrt blickte er zur Verandatür. Ich folgte seinem Blick, doch alles was ich sah und hörte, war eine Scheibe, die laut klirrend zerschlagen wurde.
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Purge Night --- Yoonmin
FanficEinmal im Jahr sind in den Vereinigten Staaten von Amerika alle Verbrechen inklusive Mord über einen Zeitraum von zwölf Stunden hinweg legal: in der Purge Nacht. Suga und seine Gang bereiten sich auf eine ganz besondere Purge Nacht vor. Und es wäre...