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"Hey", reisst mich Iliras Stimme aus meiner Vergangenheit. Ja, wir zwei waren heute die besten Freundinnen auf der ganzen Welt. Zumindest behaupten wir das immer. "Wo warst du nur mit deinen Gedanken?", fragt mich meine Freundin nun vorwurfsvoll. "In der Vergangenheit.", gestehe ich, lügen brachte sowieso nichts. "Die Vergangenheit zählt nicht.", belehrte sie mich, "Das Einzige was zählt ist das hier und jetzt." Ilira liebt es, mir das unter die Nase zu reiben. Denn obwohl ich die von uns beiden bin, die die Energien besser wahrnehmen kann, bringe ich es nicht hin im hier und jetzt zu bleiben, wenn ich weiss, dass alles seine Ordnung hat und diese nicht verlässt. 

Der Alpha von Iliras Rudel hat beschlossen, mich als Beschützerin der Existenz von Werwölfen auszubilden. Dazu gehöt auch, dass ich gegebenenfalls gegen einen kämpfen muss und dann darf ich mich nicht in ihnen täuschen. Da Werwölfe halb Mensch sind, können sie sich oftmals auch in der Wolfsgestalt verstellen. Doch ihre Energien lügen nicht. Soweit ich weiss.

"Ines", quietscht Ilira. "Ja", quietsche ich zurück und komme, nach dieser zweiten Gedankenreise, wieder auf die Erde. "Hast du mir zugehört?", fragt sie mich wieder quietschend. Wir lieben es Quatsch zu machen, was irgendwie total logisch ist. Wer mag das schon nicht.

"Nein.", entgegne ich, quietschend natürlich. Ilira sieht mich daraufhin beschuldigend an. "Ich frage dich, was ich am bedeutendsten Tag meines Lebens anziehen soll und du schwelgst in deinen Gedanken?!", sie hat ihr Quietschen gegen ihre stengste Stimme getauscht. "Ja.", meine ich unsicher, "Aber ich bin jetzt ganz hier.", verspreche ich ihr. Zweifelnd zieht sie eine Augenbraue in die Höhe, doch dann fing sie an zu grinsen. Schnell verwandelte sich dieses Grinsen in ihr teuflisch ansteckendes Lachen. Ich konnte nicht einfach auf ihrem Bett sitzen und sie über mich lachen lassen! Das darf sie nur mit mir. Langsam aber sich bildet sich ein Grinsen auf meinem Gesicht. Dieses Grinsen hält sowas von nicht lange. Kaum drei Sekunden und ich konnte nicht mehr. Ich lache mich einfach selbst aus! Also echt! 

Nein. Ich mag es über mich selbst zu lachen und das macht mir Ilira täglich klar. Ich bin so froh, dass sie meine Freundin ist, auch wenn sie mich fast getötet hätte. 

Es dauert eine Weile und einen weiteren Moment, bis wir uns von unserem Gelächter erholt haben. Wie immer fasst sich auch heute wieder Ilira als Erste. "Was soll ich anziehen?", fragt sie ernst, aber das leichte Schmunzeln auf ihrem Gesicht verrät sie. "Lass mich überlegen.", bitte ich sie, "Du bist gerade erst siebzehn geworden und damit erreichbar für deinen Mate. Mates sind oft besitzergreifend, also würde ich dir nicht etwas zu offenes empfehlen.", überlege ich laut, während ich in Iliras Kleiderschrank starre. "Stimmt.", bestätigt mir meine beste Werwolf-Freundin. "Vielleicht solltest du eine nicht zu kurze Hose anziehen, und dazu ein ganz normales T-Shirt. Dafür aber viele Ketten, schöne Ohrringe und Armbänder.", schlage ich vor. 

Eine halbe Stunde später ist Ilira mit ihrem Outfit zufrieden und wir haben ihretwegen freie Bahn für einen total überdrehten Abend. Nur ihre Mutter steht uns noch im Weg. Sie hat nämlich gesagt, dass sie mich testen würde, bevor wir gingen. Also konzentriere ich mich auf die Energie um uns herum. 

Ilira vor mir sprüht nur so vor Glücksgefühlen, das fühle ich. Dann wendete ich mich gedanklich, sonst wäre es zu offensichtlich, in Richtung Küche. Wie ich vermutet habe befinden sich darin zwei Personen, aber hinter mir im Wohnzimmer befindet sich auch eine Person. Immer wieder spüre ich ihren stechenden Blick auf mir. Unauffällig gebe ich Ilira unser abgemachtes Gefahrenzeichen, welches daraus besteht, dass ich meine Hand auf ihre Schulter lege und sie kurz meine Hand berührt. 

Also lege ich Ilira meine Hand auf die Schulter. Kurz hält sie inne, bevor sie meine Hand als Erwiderung berührt. Hand in Hand gehen wir in die Küche zu Iliras Vater und ihrem Onkel, mit welchem sie ihren Geburtstag tagsüber verbracht hat. Die beiden tun so als würden sie uns nicht bemerken, doch ich kann in ihren Energien ein nervöses Aufflattern bemerken. Damit Ilira weiss, dass sie auch etwas wissen, drücke ich ihre Hand. Ich muss nicht lange warten, bis sie meinen Druck erwidert und mir damit zeigt, dass sie verstand. Wie auf Kommando spüre ich die Energie aus dem Wohnzimmer wieder. 

Wieder drücke ich Iliras Hand, aber diesmal auf eine speziellere Weise. Ich drücke ihren kleinen Finger ein wenig fester als die anderen. Sie verstand sofort und liess ihre Augen aufleuchten. Kurz bevor ihre Mutter uns packen konnte, dreht sie sich mit ihren Werwolfaugen und einem erschreckendem Knurren um. Ich behielt ihren Vater und ihren Onkel im Blick, die jedoch immer noch so tun, als ob sie uns nicht bemerken. Ich fühle wie sich Iliras Mutter total erschrocken hat und sogar ein wenig Angst bekommt.   

"Ist gut ich gebe auf.", höre ich sie röcheln. Auch Iliras Onkel und ihr Vater heben abwehrend die Hände. Ich wusste, dass sie etwas mit ihr am Hut gehabt haben. "Wir ergeben uns auch.", sagen sie, während Iliras Onkel, der im übrigen Donald hiess, einen Seufzer ausstiess. Ilira lässt ihre Mutter los, die daraufhin keuchend auf den Boden fällt. 


Jetzt feiern wir unseren Sieg mit einem kleinen Gläschen Alkohol. Ich kann fühlen wir sich die Energie des Raumes auf plötzlich verändert, als ein stämmiger Typ den Club betritt. 

Sowie heute mit Iliras Familie lege ich ihr wieder meine Hand auf ihre Schulter. Diesmal muss ich gar nicht erst warten, denn kaum habe ich das getan, lag ihre Hand schon auf meiner. Als wäre es das normalste auf der Welt, nehmen wir uns wieder an den Händen. 

Da schreit ja der Sarkasmus! Wir haben doch gerade noch unseren ersten Sieg gefeiert und schon brauchen wir einen Zweiten. Ich glaube nicht, dass dieser Typ, der eben gerade den Club betreten hat ein netter Mensch ist, wohl eher ein ausgestossener Werwolf. 

Ich versuche seine Energie zu spüren und als ich sie endlich spüre, schmeisst es mich fast schon vom Barhocker, auf dem ich es mir gemütlich gemacht habe. Dieser Werwolf war wütend. So wütend, dass es sogar die ganz normalen Menschen spüren können. 

Ilira ist unangenehm. Das bestätigt sie mir, indem sie einmal meine Hand drückt und mich flehend anschaut. 

 Sie will hier raus, genau wie ich.



Der Mate meiner beste  FreundinWo Geschichten leben. Entdecke jetzt