Der Mate meiner beste Freundin

3

Ich verstehe sie nicht ganz. Sie hat ihren Mate gefunden, aber fühlt sich in seiner Gegenwart unwohl?! Soweit ich weiss fühlen sich Mates beieinander geborgen, das spricht aber anscheinend nicht auf Ilira zu. Dabei ist sie diejenige, die sich so doll auf ihre Mate gefreut hat.

Auch der fremde Alpha bemerkt nun Iliras Geste und mustert sie. Mein Gehirn scheint nicht mehr zu funktionieren. Ist auch verständlich, denn es muss da ganz viel verstehen. 

Überraschenderweise, macht uns der Alpha vor mir, den Weg nach oben frei und nickt mir auffordernd zu. Ohne, dass Ilira mich die Treppe hinauf gestossen hätte, würde ich noch immer unten vor ihr stehen und versuchen zu verstehen.

Kaum hat mich Ilira in unser Gästezimmer im Haus ihres Alpahs geschoben, was ich jetzt langsam erkennt habe, und die Tür hinter sich geschlossen hat, läuft sie im Zimmer auf und ab.

Gefühlt fünf Minuten sehe ich ihr dabei zu, doch dann reisst meine Geduld. "Was ist mit dir los?", versuche ich mir meine Antworten zu holen, die ich unbedingt brauche. Nur hat meine Freundin noch immer überschüssige Energie, die sie mit hin- und herlaufen und Schweigen versucht loszuwerden. Also frage ich ungeduldig weiter, "Du hast deinen Mate gefunden, den du unbedingt finden wolltest und jetzt verhältst du dich, als wäre er ein gefährlicher Vampir. Was ist in dich gefahren?" 

Jetzt bleibt meine Freundin stehen und sieht mich ungläubig an. Kurz schweigt sie, doch dann kommt alles mit einem Schwall raus. "Er hat mich dir aus den Armen genommen, dich umgestossen und nicht zu vergessen, mich fast erwürgt!", wütend stampft sie mit dem Fuss auf, wobei ich spüre, wie der Boden vibriert, "Ich werde nicht zulassen, dass er dich von mir wegschiebt. Dafür bist du mir zu viel wert." Ich sehe, dass sie mit ihren Tränen kämpft. 

Ilira weiss, dass ich keinen Hehl daraus mache, wenn jemand weint. Ihr scheint es eher darum zu gehen nicht um Jack zu weinen. Jedoch verliert sie den Kampf und sie schluchzt auf. 

Mit Tränen, die ihr ungehindert über die Wangen laufen, steht sie schluchzend vor mir. Ich kann mir das nicht ansehen! Ich hasse es, wenn sie weint, weil mir dann auch zum weinen zumute ist. Vorsichtig gehe ich zu meiner besten Freundin und nehme sie in meine Arme. Daraufhin entspannt sie sich ein wenig. 

Ich weiss nicht wie lange wir hier so stehen. Vielleicht zehn Minuten oder eine halbe Stunde. Ilira hat ihren Kopf in meine Halsbeuge gebettet und mich ebenfalls fest umschlungen. Irgendwann kann ich meine Beine nicht mehr fühlen und lasse mich, mitsamt Ilira, auf das Bett hinter mir fallen. 

Wir sind wieder eingeschlafen. Kennt ihr das? Wenn ihr geweint habt, dass ihr danach einschläft? Tja, Ilira hat geweint. Da musste wohl was raus. Noch immer liegt sie auf mir. Vorsichtig, so vorsichtig wie es geht, lege ich sie neben mich und stehe auf. 

Ich höre schon auf der Treppe, dass die beiden Alphas und ihre Betas etwas diskutieren. Es geht um Ilira und mich, besser gesagt, um den Werwolf im Club. Mit einem Schauer, erinnere ich mich, an seine Wut. Obwohl ich mich nur die Erinnerung daran abrufe, muss ich mich an der Wand neben mir abstützen. 

Kaum hat meine Hand die Wand getroffen, verstummt die Diskussion im Wohnzimmer. Die daran Beteiligten scheinen zu lauschen. Ich habe nichts zu verbergen, also gehe ich ins Wohnzimmer.         

"Wo ist meine Mate?", fragt mich Jack, der aufgestanden ist, als ich den Raum betreten habe. "Sie schläft.", Jack will schon an mir vorbeirauschen, um zu seiner Mate zu gehen, doch ich versperre ihm den Weg. "Ich glaube nicht, dass sie das jetzt möchte.", gebe ich ihm zu verstehen. Er schnaubt. "Wieso sagst du mir das, hm? Sie ist meine Mate, natürlich will sie meine Gesellschaft.", knurrt er mich an. Ich weiss, dass ich hier mein Leben riskiere, aber ich bin hauptsächlich ausgebildet worden, damit ich Ilira beschütze und das werde ich auch tun, komme was wolle. 

"Und meine beste Freundin.", entgegne ich, "Du solltest dich beruhigen und durchatmen. Ich will nur das Beste für Ilira und im Moment ist das Ruhe. Punkt."

Jack zieht seine Augen zusammen und sieht mich durch kleine Schlitze an. Ich befürchte schon, dass er auf mich losgeht, da dreht er sich um und setzt sich auf das Sofa. Die Übrigen im Raum ziehen ihre Augenbrauen hoch und sehen mich erstaunt an. 

"Respekt", um seine Aussage zu unterstreichen, nickt der fremde Alpha anerkennend, "Ich heisse übrigens Luis.", stellt er sich vor. Seine schwarzen Haare stehen im Kontrast zu seinen eisblauen Augen. Er salutiert mir mit einem breiten Lächeln zu. Das zaubert ein freches Grinsen auf mein Gesicht. Meine einte Hand stütze ich auf meine Hüfte, mit der Anderen salutiere ich zurück.   

"Ines.", mahnt mich Iliras Alpha, dessen Name Fabio ist, denn er weiss, dass ich schnell mit Freundlichkeit übertreibe. Mit dem Grinsen auf meinem Gesicht nicke ich. "Ines, wärst du so nett, uns den Werwolf noch einmal zu beschreiben?", fragt mich Fabio's Beta, der neben seinem Alpha steht und mich ebenso beobachtet, wie alle im Raum, mal abgesehen von Jack. 

Ich nicke noch einmal und fange an, diesen Werwolf vom Club zu beschreiben. Jap, das zweite Mal. "Er hatte blonde Haare, die er zu einem Schwanz zusammengebunden hat. Seine Augen, die waren... schwarz. Er war gross und breit gebaut. Und eben, er war voller Wut.", schliesse ich ab und sehe in Luis' nachdenkliche Gesicht.   

Er bemerkt meinen Blick und zuckt mit den Schultern. "Oh. Iliras Auto steht noch in der Nähe des Clubs.", fällt es mir wieder ein. Jack, der auf dem Sofa sitzt und bis jetzt auf den Tisch vor sich gestarrt hat, dreht sich zu mir um. Wie schon vor, wer weiss wann, hat er seine Augen zu Schlitzen zusammengezogen und durchbohrt mich.

"Hat dieser Mistkerl meine Mate angefasst?", will er von mir wissen. Wahrheitsgemäss schüttle ich meinen Kopf. "Das hättest du sofort bemerkt.", gebe ich ihm zu verstehen, denn er sieht mich noch immer mit diesem Blick an. Von Fabio habe ich erfahren, dass männliche Mates keine anderen männlichen Gerüche an ihrer Mate akzeptieren. 

Nickend dreht sich Jack wieder dem Tisch vor sich zu und murmelt irgendetwas, das ich nicht verstehen kann. Ich kann jedoch an Luis, Fabio und dessen Beta's Blick erkennen, dass Jack nichts freundliches gesagt hat. 

Damit ich weiss, was im Mate von Ilira vorgeht, versetzte ich mich auf die Energieebene. Das ist da, wo ich die Energien spüren kann. Ich konzentriere mich speziell auf Jack's Energie, was überhaupt nicht schwer ist. 

Wie heute Morgen, ist seine Energie sehr stark. Er strahlt eine Sicherheit aus. Eine Sicherheit, über etwas, dass nichts mit Liebe zu tun hat. Sondern reinem Egoismus.