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Vor einer halben Stunde habe ich meiner Mutter angerufen und ihr versichert, dass es mir gut geht. Hauptsächlich um mich selbst zu beruhigen. Jetzt stehen wir, das heisst, ich, Ilira, Luis, Fabio und Jack auf dem Parkplatz vor dem Nachtclub von gestern. 

Mittlerweile ist es schon am dämmern. Wir haben so etwa zehn Uhr, wenn ich mich nicht täusche. Jack versucht, ich betone, versucht sich von Ilira fernzuhalten, aber er bringt es nicht hin. Bevor er sie jedoch schnell an sich zieht, schaut er erst mich und dann Ilira an, ob wir etwas dagegen haben. 

Damit es für ihn klarer wird, gehe ich einen Schritt von Ilira weg. Diese mustert Jack erst ganz genau, dann lässt sie ihn jedoch gewähren. Ich spüre, wie Luis einen Schritt näher zu mir macht und sich hinter mich stellt. 

"Ich rieche einen Rulo.", knurrt Jack und drückt Ilira vorsichtig ein wenig mehr an sich. "Ich auch.", bestätigt Luis hinter mir und Fabio nickt ebenfalls. 

Wenn ihr euch fragt, was ein Rulo ist, das ist ein Rudelloser, einfach abgekürzt. 

Ich konzentriere mich auf die Energieebene und nehme diese unbändige Wut sofort war. Nur kommt sie aus einer Richtung, die mir gar nicht gefällt. 

Wie der Blitz gehe ich um Luis herum und konzentriere mich wieder. Die Energie kommt aus einem Auto. Es ist schwarz und steht als eines der Enzigen auf dem Parkplatz. Einen Moment lange starre ich das Auto einfach nur an. 

Wie verdammt, konnte ich diese Energie nicht spüren, als ich an diesem Auto vorbeigegangen bin? 

Ilira hat in der Zwischenzeit bemerkt, dass ich ein Auto anstarre und stellt sich nun neben mich. Ich habe keine Ahnung, wie sie von Jack losgekommen ist, aber das ist jetzt auch egal. Alles was zählt sind Antworten. Antworten von diesem wütenden Rulo. 

Mit dem Kopf deute ich meiner "Crew", wo sich der Werwolf befindet und schon schleicht sich Jack ans Auto. Wie auf Knopfdruck verändert sich die Energie des Rulos. Sie läuft schneller, er hat Angst. 

Ich will Jack gerade noch aufhalten, sich näher an den Wagen heranzupirschen, da ist es schon zu spät. 

Jack wird von einem braunen Wolf auf den Rücken geworfen und dort festgehalten. Ich weiss aus Erfahrung, dass Wölfe schwer sind, nur hatte ich das Glück, dass mich eine Horde Welpen angegriffen hat und nicht ein ausgewachsener Rulo. 

Tja, Jack hat da eindeutig mehr Pech. Er versucht den Wolf von sich runterzustossen, aber dieser scheint wirklich schwer. 

Plötzlich vernehme ich neben mir ein Knurren und gleich darauf das, mir nur allzubekannte, Knochenbrechen. Neben mir steht kein Mensch mehr, sondern ein grauer, muskelbepackter Wolf, besser gesagt Wölfin. 

Ich glaube nicht, dass Iliras innere Wölfin nachdenkt, denn sie stürtzt sich einfach in das Gerangel der beiden wütenden Wölfe. Scharf ziehe ich Sauerstoff in meine Lungen. 

Mit ängstlichem Ausdruck in meinen Augen drehe ich mich an Luis, der noch immer neben mir steht und das Schauspiel beobachtet. Er scheint meinen Blick auf sich zu spüren und auch, dass ich Angst habe. Keine zwei Sekunden vergehen, da hat er mich an seine Brust gedrückt. 

Meinen Kopf drückt so an seine Schulter, dass ich den Kampf nicht mehr sehen kann. "Keine Angst.", flüstert Luis in mein Ohr. Ich weiss auch, dass lügen nichts bringen wird, da Luis die Angst, die von mir ausgeht, riechen kann. Mit geschlossenen Augen lasse ich mich von Jacks Alpha halten.

Schon komisch. Wisst ihr wie es sich anfühlt ein Geheimnis für sich zu behalten, dass fast alle um dich herum vermuten? Ober, wie es ist Teil etwas Grossem zu sein, aber eher das fünfte Rad am Wagen ist?

Naja, mit solchen Sachen musste ich mich schon früh auseinandersetzen. Jetzt fühle ich mich jedoch wieder wie ein kleines Kind. Ich kann meiner Freundin nicht wirklich helfen, wenn ich nicht will, dass ich in Stücke gerissen werde. 

Ehrlich gesagt, glaube dass Ilira mehr verletzt wäre, wenn ich wegen ihr sterbe, als wenn sie verletzt wird, weil ich mich nicht eingemischt habe. 

Dazu kommt noch, dass Ilira gerade ihre innere Wölfin an das Kontrollpult gelassen hat und meine Sicherheit nicht einmal bei ihr versprochen ist. 

Ich höre, wie irgendjemand von den Kämpfenden aufjault. Im selben Moment lässt mich Luis los, doch er hält noch immer meine einte Hand in seiner. Es fühlt sich gut an und ich fühle mich beschützt. 

Vermutlich liegt das nur an seiner Ausstrahlung als Alpha. 

Mein Blick gleitet zu den Wölfen. Der Rulo wird von Ilira und Jack an sein Auto gedrängt. Der einzige Ausweg wäre unter dem Auto durchzukriechen.  

Ich bereue meinen Gedankengang sofort, denn der Rulo scheint auf dieselbe Idee gekommen zu sein. Er verwandelt sich in einen Menschen zurück. Luis neben mir knurrt und hält mir seine freie Hand vor die Augen. 

Dafür bin ich ihm sehr dankbar, denn sonst sähe ich jetzt einen nackten Mann. Nö, das will ich heute nicht.   

Die Hand tauscht Luis jedoch schnell gegen seine Brust ein. Verwirrt sehe ich zu ihm hoch und sehe ihn fragend an. 

Luis presst erst seine Lippen aufeinander. Er wägt ab, ob ich es verstehen würde und wenn ja, wie ich reagiere. Schliesslich bekomme ich meine Antwort: 

"Er hat sein bestes Stück verloren."

Erschrocken starre ich Luis an. 

"Das bedeutet...", fängt er an zu erklären, doch ich höre ihm schon nicht mehr zu. 

Ich weiss was das bedeutet. Dieser Kerl hat sich an einer Mate vergriffen und muss nun seine Strafe ausbaden. Die Vorstellung wie er diesen Teil verloren hat... Aargh, ich lass das lieber. 

"Ines?"

Mein Blick gleitet an Luis' Brust hoch, die im übrigen in ein graues T-Shit gepackt ist, welches seine Muskeln zum Vorschein bringen, und in seine blauen Augen. Er lächelt. 

"Hast du mir zugehört?", fragt Luis, wobei ich das Vibrieren in seiner Brust wahrnehme. Ich schüttle meinen Kopf, "Ich weiss was es bedeutet.", gebe ich zu und löse mich aus Luis Armen.

Langsam, besser gesagt in Slow-motion, drehe ich mich um und sehe, dass Fabio den Rulo geschnappt hat, der ernsthaft unter dem Auto durchgekrochen ist. Zu meiner Wohltat, hat der fremde Werwolf von Fabio Boxershorts bekommen und steht nicht nackt vor mir. 

Der Rulo hat seine Blick auf mich gerichtet und lächelt böse.

Sein Lächeln verblasst jedoch sofort, als Luis hinter mir knurrt. Nun blickt er mit verwirrtem Gesichtsausdruck zwischen mir und Luis hin und her. Die Augen des Ausgestossenen verengen sich und bleiben abermals bei mir hängen.  

"Sie ist ein Mensch", knurrt er schliesslich das Offensichtliche.           

Der Mate meiner beste  FreundinWo Geschichten leben. Entdecke jetzt