Kapitel 46 Psychologe

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„Hey, was ist passiert?" Genervt drehte ich mich zur Seite. Amilia hatte es ihn wahrscheinlich ohnehin schon erzählt und gerade er musste es nicht wissen. Was am Freitag los war.
„Oke, wir reden also nicht...", kurz stoppte er und schien zu überlegen, dann kamen seine nächsten Wörter, „auch nicht schlecht, aber den ganzen Tag werden wir nicht im Bett verbringen."

Ein Arm legte sich um mich. Schließlich sagte oder fragte ich eher doch etwas: „Bist du enttäuscht?"
„Du bist enttäuscht von dir, obwohl es keinen Grund gibt. Egal, wie dieser dumme Test gelaufen ist, ich bin auf jeden Fall stolz", meinte er.
„Ich wusste nichts", murrte ich. „Das ist doch toll", entgegnete Peter.
„Jetzt wissen wir wo du stehen. Heute ist der Termin beim Psychiater und da bin ich dann dabei."
„Immerhin freust du dich darauf", nuschelte ich.
„Ich gäbe zu es ist scheiße da einmal wöchentlich hinzugehen, aber es ist wahrscheinlich gar nicht einmal so schlecht für dich", meinte er.
Ein trockenes 'Danke' brachte ich heraus.

„Bitte und in dreißig Minuten will Amilia los, also solltest du langsam aus dem Bett", meinte er.
„Hat das überhaupt ein Sinn?", wollte ich wissen. „Nach dem Test gestern halten sie mich doch ohnehin dumm."
„Sicher nicht", entgegnete er und stand auf. Ich drehte mich von der Wand weg und beobachtete wie er ein paar Klamotten aus dem Schrank zog. Stöhnend richtete ich mich auf.
„Hey, etwas mehr Elan wäre gut für dich", sagte er und warf mir ein Pulli zu.
„Mach dich fertig. Wenn du übrigens in zehn Minuten immer noch die Wand anstarrst, sollte ich dich gleich beim Psychiater einweisen lassen."

„Charmant", murmelte ich. Trotzdem fing ich an mich fertig zu machen.
Es war trotzdem eher für ihn zu liebe, als aus eigenem Antrieb.
Zwanzig Minuten später saß ich schon mit ihn und seiner Mutter als mein Vormund im Wagen.
Sie hatte immerhin zu nichts von gestern etwas gesagt, obwohl ich mir recht sicher war, dass es sie freute. Warum sollte es sie nichts freuen, wenn ich mich bei einem dummen Test blamierte.

Warum musste man überhaupt ein Test ablegen um in die Schule zu dürfen, es war doch klar, dass ich es nicht hinbekommen würde.
Ich bemerkte, dass wir Richtung Innenstadt führen.
Leicht stolz lächelte ich, darüber dass ich inzwischen schon den Weg erkannte.
Er hielt auch auf einem mir bekannten Parkplatz. Anscheinend musste man noch ein Stück laufen.
Erleichtert atmete ich auf sobald ich an der frischen Luft war, noch immer fühlte ich mich in Autos eingesperrt. Peter dagegen stieg um einiges gelassener aus und ergriff meine Hand. Kurz sah ich zu ihn, aber als ich wegsah, bemerkte ich Tildas kritischen Blick.

Unsicher ließ ich seine Hand los.
Leicht verwundert sah der Werwolf zu mir.
Um etwas davon abzulenken, fragte ich: „Und wohin müssen wir?"
„Keine Geduld", hörte ich Tilda murmeln, aber sie nahm ohnehin alles von mir negativ auf.
„Keine Sorge, es ist nicht so weit, vielleicht zehn Minuten. Erinnerst du dich daran, wo du mit Amilia shoppen warst.
Von dort ist es in einer Nebenstraße", erklärte er mir gelassen, dabei war ich mir recht sicher, dass er es genau wie ich gehört hatte.

Leicht legte er mir den Arm um.
Ich wusste nicht ob er provozieren wollte, auf meine Kosten oder ob es ihn wirklich nicht auffiel, wie ihre Blicke mich gerade tötet.

Wenn jemand hier den ersten Platz als schlechteste Schwiegersohnwahl bekam, dann wohl ich.
Dabei merkte ich täglich, dass ihr Raphael gegen den Strich ging, was eigentlich ein guter Grund wäre ihn zu mögen.
Peter dagegen machte sich aus allen giftigen Blicken nicht und ließ sein Arm genau da wo er war. Dieses Mal schüttelte ich ihn auch nicht ab, wenn sie auf jemanden sauer sein will dann auf Peter.
Er nützte die Chance aus nicht ich. Während man mir auf der Autofahrt noch mal alles eingebläut hatte, was ich sagen darf und was nicht, hatte sich nun ein Schweigen über uns gelegt.

Ich sprach ohnehin nicht gerne in Tildas Gegenwart. Tilda sagte immer nur was zu mir, wenn sie mich kritisieren könnte und Peter...
Peter hatte vielleicht endlich begriffen, dass man manchmal lieber still sein sollte.
Vor einem grauen Gebäude blieben wir stehen.
Im Erdgeschoss war eine Apotheke. Vom Klingelschild entnommen, wussten wir, dass die Praxis im zweiten Stockwerk war.

Noch einmal sah ich zu Peter.
Meine Lust für dieses Gespräch war geschwiegen gering und wirklich ehrlich sollte ich ohnehin nicht sein, was nutzte da schon ein Psychiater. Trotzdem waren alle so davon überzeugt, dass genau das mir helfen sollte.
Der einzige Lichtblick war, dass ich vielleicht schon am Montag in die Schule könnte.
Moritz verstand noch immer nicht, warum ich mich darauf freute, aber für mich war es einfach was Großes.

Ich würde gerne mehr machen, als entweder alleine in den Arbeitsheften zu lernen, zu lesen oder im Haushalt helfen, wenn weder er noch Peter da waren.
Wenn Moritz da war würde mir auf keinen Fall langweilig, aber wenn immer nicht, fiel mir von allein nicht ein was tun.
Hinter der Tür zur Praxis erwartete uns eine Rezeption. Nun ließ Peter zum ersten Mal mich los.
Ich wie er standen etwas abseits, während Tilda mit der Empfangsdame sprach.
Wir sollten noch einen Moment warten und Peter murmelte etwas davon, dass es noch ewig dauern könnte.

Vielleicht ließ uns deswegen auch Tilda allein sobald sie alle Papiere ausgefüllt hatte.
Offiziell meinte sie jedoch, sie müsste einkaufen. „Denkst du er wird mich viel Fragen?", wollte ich wissen. Kurz überlegte Peter, dann kam seine Antwort: „Nicht mehr als du mich Dinge fragst."
Leise stöhnte ich. Irgendwie hatte ich eine ernsthafte Antwort gewollt. „Ich bin ja da", meinte er und ich wusste nicht in wie weit mich das beruhigen sollte.

Nach weiteren Minuten kamen wir endlich dran.
Peter kam wie versprochen mit.
Der Psychiater entpuppte sich als kleiner rundlicher Mann mit den Nachnamen Engels.
Das Gespräch war gar nicht so unangenehm wie erwartet.
Die meiste Zeit stellte er Fragen. Zu mir, zu Peter, zu uns, was ich machen wollte und wie ich was empfand.

Schließlich war er mit uns fertig und wir dürften aus den Behandlungszimmer raus. Wir nahmen wieder im Wartezimmer platz, da Tilda noch irgendwas unterschreiben sollte und noch nicht zurück war. Ich bemerkte, dass Peter schon seit einer geraumen Weile zu jemanden sah. Unsicher musterte ich auch die Person, welche sich laut mit der Brünette Sekretärin stritt.

„Wer ist das?", wollte ich schließlich wissen. „Komm ich stell euch einander vor", damit zog er mich aus dem Stuhl heraus. „Klasse", murmelte ich.

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