Kapitel 2

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Unsanft reißt mich die Klingel aus dem Schlaf.Leise mache ich mich auf den Weg runter zur Tür.Gähnend öffne ich diese und mein Vater stürmt schon rein.Verdutzt schaue ich zu wie er hoch läuft.Draußen im Auto sitzt  sein Kollege Paul und wartet auf ihn.Kurz winke ich ihm zu und verschwinde dann wieder hinter der Tür und gehe nach oben um mich umzuziehen.Auf der Treppe kommt mein Vater mir entgegen.Als er auf gleicher Höhe drückt er mich gegen die Wand.Mein Atem hebt und senkt meinen Brustkorb schwer.Ich habe Angst, als sein Kopf neben meinen kommt."Wenn ich heute Abend wieder da bin,dann ist hier alles sauber.Wehe wenn nicht!",flüstert er bedrohlich.Danach lässt er mich los und beginnt dann seiner Arbeit nach zu gehen.
Während Tobi noch schläft,beginne ich leise das unter Geschoss des kleinen Hauses zu putzen.Meine Gedanken driften allerdings immer wieder ab.Schon seltsam,dass man diejenigen verteidigt,die man liebt aber einem auch am meisten Angst und Leid zufügen.Das was mein Vater macht,tut zwar nicht jeder,aber er ist mein Vater und ich weiß,dass er nur das Beste für uns will und uns lieb hat.Genau wie Mama.
"Lotte?Kannst du mir das Müsli reichen?",fragt Tobi.Erschrocken fahre ich herum und blicke in zwei eisblaue Augen wie sie unsere Mutter auch besessen hatte.Ich nicke und kriege meinen Puls wieder unter Kontrolle.Langsam verlasse ich das Wohnzimmer,wo ich gerade noch dabei war zu wischen und holte ihm das Müsli aus dem Schrank.Während er isst,beende ich meine Arbeit im Wohnzimmer und mache im oberen Stockwerk weiter.
Nach anderthalb Stunden sieht alles sauber aus.Auch das Zimmer meines Vaters,das mit einigen leeren Flaschen  von billigem,aber hochprozentigem Alkohol gefüllt war.Tobi sprang vergnügt draußen auf dem Rasen rum und spielt mit imaginären Freunden.

Kenny war einer meiner Lieblingsfreunde.Er war nicht echt,also für mich schon nur halt nicht für andere.Mama sagte immer,dass er mich nicht ewig begleiten könne,aber immer wenn ich ihn brauche wird er da sein und mich beschützen und zur Seite stehen wie es Freunde nunmal für einander machen.Naja,Kenny verließ mich früh.Ich lernte andere,echte Freunde kennen,zur Freude meines Vaters,der immer behauptete,dass ich endlich vernünftig werden solle und es mir nicht gut tun würde Kenny zu behalten.Er hatte schon recht,aber heute wünsche ich mir einen Freund,jemanden dem man vieles anvertrauen kann,der einem hilft.Leider habe ich niemanden den ich 'Freund' nennen kann.Ich stehe überall allein da.Ich habe nur meinen Bruder,den ich über alles liebe und einen Vater,der nicht weiß was er tut.

Abends schließt unser Vater schon angeheitert die Tür auf.Tobi liegt an mich gekuschelt auf dem Sofa neben mir und schaut zusammen mit mir eine Komödie.Wir haben alleine gegessen,die Reste von gestern.Papa schaut uns komisch an."Hab ich dir schonmal gesagt,wie sehr du deiner Mutter ähnelst,Lotte."Seine Stimme klingt dabei freundschaftlich,fast liebevoll.Doch von der einen Sekunde auf die andere lässt er seine Jacke aus der Hand fallen und kommt auf uns zu.Seine braunen Augen spiegeln Hass.Sie sehen nun fast schwarz aus.Ich senke meinen Blick.Mein Herz pocht mir bis zum Hals.Es droht aus mir aus zu brechen.Er packt meine Haare und schreit:"Und weißt du,wie sehr du mich an sie errinerst.Jeden verdammten Tag.Weißt du eigentlich wie weh das tut?!" Seine starke Hand krampft sich in meine Haare fest.Plötzlich zieht er mich an ihnen vom Sofa und schleift mich in die Küche.Er lässt heißes Wasser in die Spüle laufen. Bis es voll ist,versuche ich zu entfliehen,aber er ist zu stark.Immer wieder schreie ich,wenn er mich zurück zieht.Tränen strömen über mein Gesicht.Dann erblicke ich kurz seines.Sein Ausdruck ist leer,gefühlslos und doch spiegeln seine Augen Hass. Verschwommen im Hintergrund sehe ich Tobi wie er sich die Ohren zuhält, seine Augen fest zusammen kneift und seine Knie bis zum Kinn gezogen hat.Im nächsten Moment drückt mein Vater meinen Kopf ins heiße Wasser.Schmerzen breiten sich aus.Er zieht mich heraus udn ich schnappe panisch nach Lust.Diese Prozedur wiederholt er viele Male bis er mich loslässt und geht.Mit einem lächeln auf den Lippen.
Meine Wackelpudding ähnlichen Beine geben unter mir nach und ich rutsche an der Küchenzeile hinab.Hektisch ringe ich dabei nach Luft.Das erste an was ich denke ist,dass ich aussehen muss wie ein Krebs,allerdings mit dem Problem eines Fisches auf trockenem.Meine Haut brennt,aber ich bin zu schwach um mich zu regen.Mein Atem wird kontrollierter und ich schließe die Augen,kriege kaum etwas mit.Dann legt jemand eine kleine Hand an meinen Arm.Kurz darauf lehnt er sich gegen mich und ich schaffe es meinen Arm um ihn zu legen."Alles ist gut.Ich habe bestimmt nur etwas falsch gemacht oder er hatte Stress auf der Arbeit.Das wird schon wieder." Er nickt jedoch spüre ich die abklingenden Schluchzer seinerseits."Mama wäre bestimmt stolz auf uns",flüstere ich und schlafe vor Erschöpfung ein.

Stärke ist nicht angeboren!Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt