26. fragliche Feiertagsaktionen I

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Kapitel 26 – fragliche Feiertagsaktionen I

pov. Julian

Die Winterpause war dringend nötig. Ich hatte einen Haufen Energie in die erste Hälfte der Saison gesteckt, doch mein Privatleben hatte in etwa die doppelte Menge meiner Nerven ermordet. Das letzte Training wurde damit abgeschlossen das Emre uns alle daran erinnerte, am zweiten des nächsten Jahres in unser aller Lieblingsclub auftauchten. Es war eine Art Tradition geworden, Silvester selbst wollten die meisten mit den Familien verbringen, doch der Tag oder viel eher die Nacht danach gehörte der Mannschaft. Es war das Einläuten der zweiten Saisonhälfte und sich außerhalb von Training und Spielen zu sehen, empfand jeder für wichtig. Wie ich Emre kannte würden von heute an alle zwei Tage eine Erinnerung an uns geschrieben werden, sonst könnten wir in der einen Woche, in der wir uns nicht sehen vielleicht noch das, was wir jedes Jahr vorhatten, vergessen werden. Nach dem Training suchte ich meine Sachen zusammen und stieg ins Auto auf den Weg in meinen Heimatsort. Es war kein Jahr vergangen, in dem ich die beiden ersten Weihnachtstage nicht dort verbracht hatte. Das ich nicht die ganze Woche bis Silvester blieb, sondern stattdessen Kai besuchte war schon genug Veränderung für meine Mutter. Doch bei unserem Gespräch vor einigen Tagen meinte sie, das Kai auch meine Familie sei und es für sie okay ist, wenn ich fliege.

Nach den familiären Festlichkeiten ging es für mich also erstmal zum Flughafen, so wie es mit meinem besten Freund vereinbart war. Am ersten Tag, den ich auf der Insel verbrachte, war ich zuerst quasi streichfähig. Vermutlich eine Mischung aus dem Fresskoma der Vortage und der Reise. Nach einem kleinen Nickerchen, das die Reise Müdigkeit zumindest etwas verschwinden lies schleifte mich Kai erstmal auf Entdeckungsreise mit. Ich hatte ihn seit mehr als einem Jahr nicht mehr hier besucht. Dass hieß fürs erste das Bewundern der neuen Wohnung, die viel eher einem Panthouse glich, Tour durch die Nachbarschaft und ein Schlemmerfest, verteilt auf acht Stunden in den drei Lieblingsrestaurants des ehemaligen Leverkusen-Spielers. „Kaiii, ich kann nicht mehr!" jammerte ich als der jüngere mir nun auch noch die Dessertkarte entgegenhielt. „Ach stell dich nicht so an!" er drückte sie mir in die Hand während seine eigenen Augen bereits über die Auswahl wanderten. „Es ist fast 22 Uhr, willst du das alles morgen wieder abtrainieren?" „Es ist Weihnachten!"

Grunzend schüttelte ich den Kopf. „Es ist der 27. Dezember!" „Okay," verbesserte er sich, „es ist quasi noch Weihnachten. Der Schokokuchen ist übrigens sehr empfehlenswert!" Ich musterte meine Besten Freund mit hochgezogener Augenbraue. „Irgendwie bezweifle ich das dein Trainer dieses Essverhalten für gut befinden würde!" Stöhnend legte er die Karte weg und sah sich demonstrativ um. „Siehst du ihn hier irgendwo? Nein, und jetzt bestell etwas. Ein bisschen mehr Unterlage schadet dir bestimmt nicht!"

„Du schleifst mich doch jetzt nicht noch in irgendeinen Club mit?" fragte ich geschockt nach. „Als ob man dich jemals in einen Club schleifen müsste. Du spreizt immer bereitwillig deine Beine, wenn es ums Feiern geht!" Über seine Wortwahl schmunzelnd warf ich ihm zu Liebe endlich einen Blick in die Karte. Zwei Portionen Schokokuchen später, insgesamt, nicht für jeden zwei, stiegen wir in ein herbeigerufenes Taxi.

„Was Neues von Rotkäppchen?" wollte er während der Fahrt plötzlich wissen. „Den Spitznamen wird sie wohl nicht mehr los, hm? Gio hat mir erzählt das sie in eine Wohnung gezogen ist. Mehr habe ich nicht gehört!" Wahrheit. „Es interessiert mich aber auch nicht!" Lüge.

Wie ein stolzer Vater klopfte Kai mir auf die Schulter bevor er erfreut in die Hände klatsche. „Guck, wir sind da!" Eifrig bezahlte er den Fahrer und zog mich aus dem Auto heraus. „Tada!" präsentierte er das Gebäude vor uns mit offenen Armen. Auch wenn er von außen schon so wirkte, von innen wirkte der Club verdammt nobel, die betrunkenen Leute mal abgesehen. Die hatten zwar teure Klamotten an, führten sich aber nicht ihrem Aussehen entsprachen an, wie sie sich wild zur Musik bewegten und ich alles Ecken und Nischen gegenseitig fast auffraßen.

Grinsend schnappte der Jüngere sich meine Hand und zog mich rüber zu einer der Bars. „Two guiness!" rief er dem Barkeeper zu, was mich ihn mustern ließ. „Bier?" „Wir fangen mal langsam an! Nur nichts überstürzen Tiger!"

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Das nächste an das ich mich erinnern kann ist der pochende Schmerz meines Schädels, der mich aus meinem Schlaf riss. Beinahe wäre ich von Kais Sofa geplumpst, hätte ich mich nicht irgendwie daran festgekrallt. Diese Rutschpartie lies mich kurz befürchten, dass ich meinen Mageninhalt entleeren muss, doch ein paar tiefe Atemzüge konnten dies glücklicherweise verhindern. Ich faste mir an die Stirn und stieß ein erschöpftes Stöhnen aus. „Na Dornröschen. Sind wir erwacht?" Als würde er mit einem Megafon an mein Ohr brüllen fühlte mein Kopf sich an, als würde er gleich explodieren und die Gehirnmasse an alle Ecken von Kais vier Wänden schleudern. „Shhhh!" zischte ich und wachelte mit meinem Zeigefinger in die Richtung, in der ich ihn vermutete, denn das grelle Sonnenlicht war viel zu schmerzhaft als das ich es nur wagte die Augen zu öffnen.

Ich vernahm ein Rascheln und Schritte die auf mich zukamen, bevor sich eine Hand auf meine Schulter legte. „Die Jalousien sind jetzt zu!" lies Kai mich mit amüsierter Stimme wissen und setzte sich neben mich. Ich musterte ihn und stellte genervt fest, dass er nicht annähernd so verkatert aussah, wie ich mich fühlte. „Wieso bin ich überhaupt im Wohnzimmer?" forderte ich zu wissen. „Ach, du glaubst ich riskiere das du in mein Gästezimmer kotzt? Nein!"

„Hättest mich ja nicht mitschleppen müssen!" wiedersprach ich, „was ist gestern überhaupt noch passiert?" Als sich ein breites Grinsen auf die Lippen meines Gegenübers legte, bereute ich sogleich gefragt zu haben. „Ich helfe dir äußerst gerne auf die Sprünge, welches Video willst du zuerst sehen? Das wo du mitten auf der Tanzfläche zu Gangnam Style tanzt, oder das, wo du mit deinen neu gefundenen Freunden 'God save the Queen' anstimmst?" Beschämt versteckte ich mich hinter meinen Händen. „Bitte sag du verarscht mich!" Doch die Clubmusik übertönt von meinem schiefen Gesang, die plötzlich aus Kais Handy drang, lies mich wissen das die Nacht wohl mehr eskaliert war als geplant. Ich sah hinter meinen Fingern hervor. „Na komm, in der Küche wartet schon ein Katerfrühstück auf dich.

Nachdem er mir hochgeholfen hatte schlurfte ich ihm hinterher und setzte mich zum Esstisch, auf dem bereits eine Kopfschmerztablette und ein großes Glas auf mich warteten. Durch das Frühstück etwas zu Kräften gekommen warf ich zum ersten Mal heute ein Blick auf mein Handy. Als mein Blick bei einer bestimmten Anzeige des Displays hängen blieb, gewann dies auch die Aufmerksamkeit von Kai. „Hast du ein Gespenst gesehen?" Er lehnte seinen Oberkörper zu mir herüber und schnappte sich prompt das Handy. „Uhhh" verlies es seinen Mund witzelnd, „hot hot hot!" Schnauben riss ich das Gerät zurück an mich und schaltete es aus. Die Story, die Nora in einem Dunkeln Kleid gezeigt hatte, hatte ich dennoch noch vor meinem inneren Auge.

„Ach komm, zickst du jetzt herum, weil ich sie als hot bezeichnet habe oder weil du glaubst das ich dich verarsche?" Von der Seite funkelte ich ihn an. „Ich zicke erstens nicht und selbst, wenn nur weil du mich eingeladen hast um mich abzulenken und letztendlich doch immer wider über sie redest." „Als würdest du nicht dauernd an sie denken, ist es da so schlimm deine Gedanken mit mir zu teilen?" Seufzend drehte ich mich zu ihm, ich hasste es, wenn er Recht hatte. „Weißt du, ich bin einfach wütend auf sie, dafür das sie nicht das gleiche will wie ich, und ja ich weiß das ich kein Recht dazu habe. Und ich bin wütend auf mich, weil ich es verbockt habe. Mittlerweile würde ich alles tun, dass wir zumindest befreundet sein können!" Ein dumpfes Seufzen verließ meinen Mund. „Aber Nora und ich selbst auch seinen einfach zu stur zu sein, um ein normales Gespräch zu führen."

Ehe ich mich versah fand ich mich in Kais Arme wieder, die mich an ihn drückten. „Dich hats ja ganz schön erwischt, hm?" murmelte er, ohne jeglichen Unterton in der Stimme. „Sieht wohl so aus." 

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Tja, die paar Tage die Julian bei Kai verbringt scheinen äußerst turbulent zu sein, im nächsten Kapitel gibt es noch mehr davon und ihr erfährt auch, wie es mit Noras Feiertagen aussieht :)

LACUNA - Julian BrandtWo Geschichten leben. Entdecke jetzt