35. Rührei für zwei

1.3K 41 16
                                    


Kapitel 35 - Rührei für zwei

Verschlafen rieb ich mir die Augen, konnte mir für einen Moment nicht erklären was mich aus meinem Schlaf gerissen hatte. Erst als ich erneut ein leises Rumpeln vernahm, sah ich dieses als Grund meines Aufwachens. Durch das mild hereinfallende Licht erkannte ich die leere Bettseite neben mir, was mich erneut dazu anregt mir über die Augen zu wischen. Allerdings lässt dieser Vorgang Julian nicht wieder durch Zauberhand neben mir liegen. Mein Blick wanderte zu meiner Wand Uhr, in zwanzig Minuten müsste ich ohnehin aufstehen. Dadurch das ich mir den Freitag freigenommen hatte musste ich heute arbeiten, auch wenn jede Faser meines Körpers sich gerade dagegen wehrte. Das gemächliche Aufrichten wurde durch ein erneutes Poltern beschleunigt und keine Minute später stand ich kritisch vor einem sich vom Badezimmerboden aufrichtenden Julian. „Auf deinem Boden liegt verdammt viel Zeug herum!" beschwerte er sich und putze sich imaginären Dreck von den nackten Beinen, bevor er seine Boxer zurechtrückte. „Wie wäre es mit Licht andrehen?" „Wollte dich nicht wecken."

Klar, weil das brennende Licht in einem anderen Raum mich ja eher aufweckt als das gepolter das er dafür in Kauf nahm. Ich musterte den Stapel Klamotten den er mit sich trug und danach seine Sporttasche, die bereits im Türrahmen stand. Mit verschränkten Armen sah ich zu ihm hoch. „Sag mal, wolltest du abhauen?" Ertappt wich der Blonde schnell meinem Blick aus. „Jetzt ehrlich? Wieso?"

Verlegen wanderte seine Hand an seinen Hinterkopf. „Hatte das Gefühl ich sollte nicht gekommen sein." nuschelte er gegen seinen Arm. „Ey, du wolltest reden und nicht alleine sein. Alles gut!" versicherte ich ihm mit sanftem Lächeln, auch wenn ich ihn lieber angezickt hatte. Wäre er wirklich einfach so gegangen? „Ich gehe mal Rührei machen, kommst du?" Der Blonde nickte. „Ja, ich ziehe mich nur fertig an!" Von der Sofalehne schnappte ich mir ein Sweatshirt, das da irgendwie herumlag und zog es mir über, da ich beinahe am Erfrieren war. Leise vor mich hin summend schnappte ich mir genügend Eier und eine Pfanne. Mit dem Rücken zum restlichen Raum gedreht versuchte ich mühsam meine Augen offen zu halten, nicht das ich hier noch meine Küche abfackle. „Verdammt Jule!" fluchte ich leise als ich erneut gerumpel hörte und wollte schon mit großen Schritten in Richtung Schlafzimmer gehen, als ich Augenwinkel bemerkte wie so eben die Wohnungstür von außen geschlossen wurde.

„Du siehst scheiße aus!" begrüßte mich liebevoll einer meiner Mitarbeiter als ich den Mitarbeiterraum im hinteren Bereich des Cafés betrat. „Es ist Sonntagvormittag und ich muss arbeiten, noch Fragen?" Entschuldigend hob er die Hände. „Ruhigblut Nora, was ist in der Box?" Ich warf selbst einen kritischen Blick darauf, bevor ich sie in den Kühlschrank stellte. „Mein Essen für heute – Rührei!" Ironisch lächelnd drehte ich mich mit dem Blick zu ihm. „Rührei als Essen?" Tja, was blieb mir schon großartig anderes über, wenn ich Rührei für zwei Personen machte und eine davon einfach abhaut.

Ich plagte mich also durch meinen Arbeitstag, mit dem einzigen Lichtblick das ich gleich noch ein gutes Abendessen bekommen würde, zumindest wurde es mir gestern von Cora so versprochen. Als ich das Haus allerdings betrat stieg mir nicht wie sonst oft bereits ein guter Geruch in die Nase. Das einzige, das sich bemerkbar machte, waren Stimmen aus dem Esszimmer. Unbemerkt schlich ich mich in den Türrahmen und musterte das Bild, das sich mir bot. Cora und Roman die mit den Köpfen über irgendeinem Papierhaufen hingen und wild diskutierten und daneben Leon und Finn, die sich wohl einer intensiven Runde „Mensch ärgere dich nicht" zu widmen schienen. „Hallo!" rief ich in die Runde, was alle vier, zumindest für einen Moment hochblicken ließ. Die größte Freude schien Finn an meiner Anwesenheit zu haben, der mich gleich dazu aufforderte auf seinem Sitz zu sitzen, während er fortan den Platz auf meinem Schoß einnahm. „Und, wer gewinn?" flüsterte ich dem Jungen ins Ohr. „Ich!" stellte er felsenfest klar, „und das obwohl Onkel Leon schummelt!" Gespielt schockiert schlug ich mir die Hand vor den Mund. „Na, der traut sich was!" Mein Blick wanderte zu besagten Schummler hoch und lächelte ihn an. „Schon wieder nüchtern?" Als ich gestern Vormittag das Haus verlassen hatte, schwelgte der Lockenkopf noch tief im Land der Träume. „Ich schon, aber du siehst heute nicht so frisch aus!" Genervt verdrehte ich die Augen. „Das mir das heute auch jeder gleich so nett sagen muss!"

LACUNA - Julian BrandtWo Geschichten leben. Entdecke jetzt