(Luke) Ein letztes Mal

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Ich werden zu einem nahegelegenen Krankenhaus gefahren.
Die Polizisten im Fahrerraum hatten noch darüber diskutiert, ob es irgendjemanden stören würde, wenn sie einfach direkt auf die Polizeistation fahren würden.
Doch das Gute ist, dass unser Staat zu nett zu Verbrechern wie mir ist.
Menschenrechte stehen über allem. Wäre ich einer von ihnen und hätte einen wie mich auf der Rückbank, würde ich wahrscheinlich nicht mal auf die Polizeistation fahren.
Ein gut gezielter Schuss in die Schläfe löst das Problem besser und ist einfacher.
Und vor allem billiger.
Ich habe mal gelesen, dass ein Tag im Gefängnis pro Häftling mindestens 100 Euro kostet.
Für Menschenhandel bekommt man zwischen sechs Monaten und zehn Jahren und bei der Menge an Frauen, die wir im Laufe der Jahre trainiert und verkauft haben, werde ich bestimmt keine besonders milde Strafe bekommen. Wenn ich dem Richter von meiner schwierigen Jugend auf der Straße und der neuen Vaterfigur Sam erzählen würde, alles auspacken würde, vielleicht wäre er dann milde gestimmt und würde mich nach ein paar Jahren wieder rauslassen.
Aber da das niemals passieren wird, muss ich schon mit vielen Jahren rechnen.
Lass es acht Jahre sein. Dann wären das fast 300.000€. Okay, eigentlich kenne ich mich mit der Strafverfolgung nicht wirklich aus. Ich habe mir nicht wirklich Mühe gegeben in dem Feld zu recherchieren. Wenn man nicht geschnappt wird, muss man sich ja nicht darauf vorbereiten, oder? Aber 300 Riesen.
Wenn ich gut wäre, könnte ich das in einem vielleicht zwei Jahren zusammenkriegen.
Die Käufer wollen für meine Perras noch nicht so viel bezahlen, da sie meine Kompetenzen nicht so gut einschätzen könne.
Und selbst wenn sie es könnten, würden sie trotzdem versuchen den Preis zu drücken. Preise wie Michael, Sam oder Gabriel kann ich noch nicht erreichen, man braucht halt auch einen Ruf um das zu können. Und muss auch den Geschmack der Käufer treffen. Während Sam die perfekte Geliebte erschafft, die ihren Besitzer jeden Wunsch ohne zu Zögern erfüllen würde, könnte man Gabriels Perras in Krisengebiete schicken und sie würden es überleben.
Ich schnaube. Einer der Polizisten dreht sich zu mir. Sein Blick trieft vor Abneigung.
Mein Lächeln, das ich ihm zu werfe ist so zuckersüß, dass mir dabei fast selbst schlecht wird.
„Junge, in was für eine Scheiße bist du da reingeraten? Das ist verdammt ernst. Du steckst bis zum Hals in dem Mist!", er klingt fast väterlich.
„Wenn du deine Aussage machen kannst, solltest du wirklich auspacken. Alles was du weißt. Das hilft dir auch vor dem da oben."
Er blickt an die Decke des Wagens. Will er mir grade allen Ernstes sagen, dass ich für Gott gestehen soll? Ich schüttle den Kopf.
Das kann doch nicht wahr sein.
Wir halten vor dem in die Jahre gekommenen Spital. Die Fassade könnte die 300 Riesen auch gut gebrauchen. Graue Streifen ziehen sich an den Mauern hoch, die vor Jahren bestimmt einmal weiß gewesen waren und die Fenster starren vor Dreck. Putzt hier keiner?
Der Polizist, der mir zuvor noch eine Predigt halten wollte, öffnet die Tür.
„Lehn dich zurück und mach keinen Mist. Ich muss dich abschnallen und dann bringen wir dich in die Notaufnahme. Deine Schulter sieht nicht schlimm aus, aber zur Sicherheit."
So ist das also Befehle auszuführen. Ich lehne mich zurück und lasse mich abschnallen. Er greift meinen gesunden Arm und führt mich in das Gebäude.
Das Äußere täuscht. Hier strahlen gepflegte Böden und an den Wänden hängen Gemälde, die beim Vorbeigehen täuschend echt wirken. Der Polizist festigt seinen Griff als wir an einer Gruppe junger Frauen vorbeigehen.
Denkt er wirklich, dass ich mich jetzt auf sie stürze? Das sind Frauen, keine Perras. Das sieht man doch. Doch die Frauen scheinen die Polizisten gar nicht zu bemerken.
Eine von ihnen stupst ihre Freundin in die Seite und deutet auf mich. Als sie aufblickt, wird sie rot und dreht schnell ihren Kopf weg. Sie kichern. Ich verdrehe die Augen.
Frauen in meinem Alter sind viel zu oft viel zu schüchtern. Ihnen ist alles unangenehm oder sie sind von den kleinsten Dingen peinlich berührt.
Der Polizist geht mit mir an den Schalter.
„Ich habe einen Häftling mit einer Schusswunde an der Schulter."
Die Arzthelferin sieht auf.
„Hallo erstmal." Ich muss grinsen.
„Hallo, junge Frau."
Sie sieht mich strafend, aber mit einem Zwinkern in den Augen an.
„Und da rufen Sie keinen Krankenwagen?"
„Das war in der Situation nicht möglich. Opferschutz. Sie verstehen?", der Polizist klingt ungehalten. Sie nickt und ruft eine Kollegin. Sie führt uns in ein Zimmer und ich setze mich auf die Liege, während die beiden Polizisten sich neben der Tür aufstellen.
Kurz darauf betritt ein Arzt den Raum und bleibt beim Anblick der Beamten verwirrt stehen.
„Wie kann ich Ihnen helfen?", richtet er an mich. Ich drehe meinen Oberkörper. „Ich habe eine Schusswunde."
Er nickt und wendet sich an die Polizisten.
„Das müssen wir Röntgen, es blutet nicht stark, aber wir wissen nicht, ob das Projektil vielleicht doch einen Knochen getroffen hat, oder eine Ader." Der väterliche von den beiden zuckt mit den Achseln.
„Tun Sie was nötig ist."

Dingo - Der Feind ich meinem Bett (Teil 2)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt