(Gabriel)

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Ich lehne mich über die Reling und lasse den Wind in mein Gesicht peitschen. Die kühle Abendluft mit dem Salz weckt alle meine Sinne. Es war ein anstrengender Tag gewesen und ich habe eigentlich größte Lust einen der Jungs über Bord zu werfen.
So chaotisch wie die letzten Wochen gewesen waren.
Wir waren immer professionell gewesen, hatten nie Fehler gemacht und waren mit denen anderer hart vor Gericht gegangen.
Doch seit Sam Dingo gecatcht hatte, war so viel aus dem Ruder gelaufen.
Nur meiner guten Kontakte war es zu verdanken, dass wir zusammen hier waren. Und durch das ganze Chaos musste ich so viele Gefallen einlösen, dass es mich grauste.
Der Wind saust in meinen Ohren, aber dennoch höre ich Schritte hinter mir.
Als ich mich umdrehe, sehe ich Dingo. Mit Angst verzerrten Gesicht rennt sie auf die Reling zu. Will sie springen?
Was hat sich Sam gedacht, als er sie sich wieder geholt hat?
Er ist besessen von der Perra und das wird irgendwann tatsächlich sein Untergang sein.
Als ich meinen ehemaligen Kameraden aus der Spezialeinheit zu ihren Eltern schicken sollte, hätte ich einen Schlussstrich ziehen sollen.
Entnervt stöhne ich auf und als sie auf meiner Höhe ist, schlinge ich meinen Arm um ihre Brust und reiße sie herum. Von der Wucht benommen, taumelt sie gegen meine Brust und schreit auf.
                     „Hallo Dingo."
Ihre Augen werden groß.
Gut, wenigstens vor mir scheint sie noch Respekt zu haben. Ich drehe ihr die Hände auf den Rücken und umschließe ihre Handgelenke mit meiner Linken.
                      „Wo ist Sam?", knurre ich ihr von hinten ins Ohr.
Sie stottert und ich kann mir denken was passiert ist.
Was macht sie mit ihm?
Ich werde mit ihm reden müssen.
Entweder er schafft es, ihr endlich ihre Grenzen aufzuzeigen oder ich mache das.
Und im Moment bin ich mir ziemlich sicher, dass es einiges einfacher machen würde.
Ich schiebe sie vor mir auf die Tür zum Unterdeck zu und kurz bevor wir da sind, fliegt sie auf. Sam springt mit wütendem Gesichtsausdruck heraus und bleibt verblüfft vor uns stehen.
Blut läuft seine Schläfe herunter. Wenn es nicht um unser aller Geschäft und Zukunft gehen würde, würde ich der kleinen Perra meinen Respekt aussprechen. Sam war immer ein harter Hund und hat es in kürzester Zeit geschafft, die kämpferischsten Perras zu zähmen.
Doch Dingo scheint unverbesserlich.
Entweder ist sie verdammt mutig oder einfach nur dumm.
                       „Wo hast du sie gefunden?" Er verschränkt seine Arme vor der Brust.
                       „Sie wollte gerade vom Schiff springen.", sage ich mit kühlem Ton. Sam kneift die Augen zusammen.
                       „Du wolltest was?" Er nimmt ihr Gesicht in die Hand und zwingt sie ihn anzusehen. Ihr ganzer Körper zittert, aber ob es wirklich vor Angst ist, oder das Adrenalin in ihr pumpt – ich bin mir da nicht so sicher.
                       „Sam." Er sieht zu mir.
                       „Ich bringe sie unter Deck. Sie muss lernen, dass, wenn sie dich verletzt, Konsequenzen vom ganzen Team zu erwarten hat. Du weißt, was meine Bedingungen waren, wenn wir sie mitnehmen."
Er lässt sie los und nickt nervös.
Er hat Mitleid mit ihr.
Als ich Dingo vor mir herschiebe, wirft sie ihm einen bettelnden Blick zu.
Er sieht mich an, aber als ich den Kopf schüttle nickt er und geht weg.
Es ist Zeit, dass sie versteht, dass das Ganze kein Spaß ist.
Ich habe ein Zimmer neben dem Motor. Mein Kontaktmann hat es mir besorgt, da er weiß, dass es bei mir lauter werden kann.
Ich schiebe Dingo durch die Tür und lasse sie los. Sie fährt herum und geht rückwärts von mir weg. Sie denkt, dass sie aussieht wie ein Panther, aber ich sehe nur ein verschrecktes Reh. Sie weiß nicht, was auf sie zu kommt, denn keiner der Jungs hat sie jemals über mich aufgeklärt. Den Exsoldaten und -söldner, der Sachen gesehen hat, die niemand sehen sollte. Und für viele von diesen auch verantwortlich war.
                       „Hände an die Wand." Mit dem Rücken an die Wand gepresst, wandern ihre Hände langsam rechts und links an die Wand. Ich muss schmunzeln.
                       „Andersherum." Ihre Augen werden noch größer. Warum er sie nicht Bambi genannt hat, ist mir ein Rätsel. Im Moment hat sie wenig von einem Dingo.
Mit einer schnellen Bewegung befestige ich ihre Hände mit einem Seil an den Rohren.
Ich ziehe sie an der Hüfte ein wenig weg von der Wand, sodass sie in einem 120 Grad Winkel steht. Mit dem Fuß schiebe ich ihre Füße weiter auseinander.
                        „Du wirst mitzählen, laut. Wenn du einmal nicht mitzählst, fangen wir von Vorne an."
Ihre Stimme zittert, als sie antwortet: „Was mitzählen?"
Ich verdrehe die Augen. Was hat Sam ihr beigebracht? Fragen zu stellen? Ich antworte nicht, sondern drehe mich zum Bett und ziehe meine Sporttasche hervor. Bambus oder Gerte. Ich greife nach der Gerte, weil es mir dem Thema passender erscheint und Dingo unter dem Bambus zerbrechen würde.
Sie wiegt sich nervös von einem Bein auf das andere und als sie gerade ihren Kopf zu mir wenden will, lasse ich den ersten Schlag auf ihren Oberschenkel sausen.
Sie schreit auf und versucht sich von mir weg zu drehen.
Der nächste Schlag.
Sie will sich auf ihre Knie fallen lassen, doch das Seil ist zu kurz und so baumelt sie in der Luft.
Der nächste Schlag trifft sie im Nacken. Aus ihren Schreien wird ein wirres Geheule.
Sie gerät in Panik.
                       „Dingo, weil du anscheinend noch nie in so einer Situation warst, wiederhole ich dir meine Anweisung noch einmal." Ich ziehe sie auf die Beine.
                       „Du zählst jeden Schlag mit." Ich bringe sie in die richtige Haltung.
                       „Wenn du einen auslässt, oder ich nicht verstehe was du sagst, fangen wir von vorne an."
Ich stelle mich wieder hinter sie und lasse einen besonders festen Schlag auf ihre Wade nieder.
                       „Eins", keucht sie unter Tränen. Sie kann es doch. Auch wenn ihr nichts anderes übrig bleibt in dieser Situation.
Der nächste Schlag landet auf ihrem Rücken. Sie biegt ihn durch und kreischt.
                       „Zwei!"
Der dritte Schlag lässt sofort eine dunkelrote Strieme über ihren Hals wachsen.
                       „Drei!"
Ich traktiere ihren Körper, bis ihre Stimme kraftlos wird und das heulen nachlässt.
                       „29."
Ihre Knie zittern und sie hängt nur noch schwankend in den Seilen.
Ich gehe zu ihr und löse das Seil von der Wand. Sie stolpert nach Vorne und ich fange sie auf, bevor sie auf den Boden stürzt. Ihr Blick ist stumpf und die Mischung aus Rotz, Spucke und Tränen verklebt ihr Gesicht. 

Ob sie in Sams Händen jemals so aussah? 

Dingo - Der Feind ich meinem Bett (Teil 2)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt