(Gabriel)

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                            „In zehn Stunden kommen wir an.", Luke erhebt sich vom Tisch.
                            „Ich geh pennen." Wir entscheiden uns alle, jetzt zu schlafen.
Ich sehe wie Sam etwas sagen will, dann dreht er sich aber um und geht.
Gut so.
Langsam verliere ich die Geduld wirklich mit ihm.
Ich ziehe kurz an der Leine und Dingo zuckt zusammen und lässt ihre Hände nach oben schießen.
Als sie das Halsband berühren will, ziehe ich erneut. Sie lässt ihre Hände sinken und sieht mich an.
                           „Steh auf, wir gehen nach unten."
Sie erhebt sich und blickt Sam nach. Ich schnalze mit der Zunge und merke, wie sie sofort reagiert.
Macht Sam das immer noch? Ich muss schmunzeln.
Das war eines der auditiven Zeichen, die ich ihm vor Jahren beigebracht habe. Ich bedeute Dingo zur Tür zu gehen und halte die Leine dabei locker in der Hand.
Unten angekommen geht sie schon zur Tür, als ich stehen bleibe.
Als sich die Leine strafft und ihr das Halsband die Sporen in den Hals drückt, springt sie erschrocken zurück.
Ich habe das Halsband selbst ausprobiert und weiß, wie unangenehm es ist, aber auch, wie effektiv.
                          „Du schläfst hier." Ich deute auf ein großes Rohr, das im Boden versinkt. Mit einer unwirschen Handbewegung bedeute ich ihr sich auf den Boden zu setzen und ziehe die Leine um das Rohr und hänge auch das andere Ende am Halsband ein. Sie hat einen Spielraum von vielleicht zehn Zentimetern. Genug um den Kopf anzulehnen, aber nicht um sich zu befreien.
Sie zieht ihre Knie an ihren Oberkörper und sieht mir nach, als ich zurück in das Zimmer gehe.
Sie wird diese Nacht nicht viel schlafen, aber das macht sie um so empfänglicher für Morgen.
Ihr muss bewusst werden, dass ihr nächster Fehler der letzte sein kann.
Denn wenn der Hund seinen Herren beißt, ist Einschläfern normalerweise die einzige Option.

Dingo sitzt mit an den Körper gezogenen Knien ans Rohr gelehnt und zeichnet mit dem Finger Muster auf den dreckigen Boden.
Ich muss grinsen. Diese Perra ist schon irgendwie seltsam.
                          „Guten Morgen." Sie hebt den Blick. Ihre Augen sind blutunterlaufen und ihre Lippen trocken. Sie sieht ziemlich fertig aus.
Als ich mich über sie beuge, zuckt sie nicht mal leicht zusammen.
                          „Steh auf."
Sie geht die Treppen vor mir nach oben und ich kann währenddessen ihre Striemen begutachten. Einige sind schon verschwunden, die Ausgeprägteren bilden eine Kruste.
Gut so.
Die Männer sitzen bereits am Tisch und frühstücken. Sam blickt nicht auf als wir kommen, sondern schaut stur auf seinen Teller.
Ist er beleidigt, dass ich seine Perra trainiere?
Ziemlich sicher.
                            „Wir sollten in einer halben Stunde etwa anlegen.", Michael legt sein Besteck auf den Teller.
                            „Bei wem fährt sie mit?"
                            „Bei mir.", ich lege meine Hand auf ihre Schulter. Sie zittert leicht untermeiner Berührung, doch ihre Haut ist warm. Sam runzelt die Stirn und kaut weiter auf seinem Speck herum.
Ich nehme ein Glas und schütte Orangensaft hinein.
                            „Dingo." Sie dreht ihren Kopf zu mir und ich hebe das Glas an ihre Lippen.
                            „Trink." Mit schnellen Schlucken leert sie das Getränk und leckt sich danach über die Lippen.
Mehr gebe ich ihr nicht.
Luke und Michael sehen sich mit erleichterten Blicken an. Sie wissen, dass ich härter trainiere, als sie alle, aber scheinen zu vergessen, dass ich bei jeder noch so harten Methodik die Gesundheit der Perras nicht aufs Spiel setze.
Zwei Tage mit Schlaf- und Nahrungsmangel lassen die Perras in eine Art Delirium fallen, in denen ihre Geister entspannter sind und Befehle sich schnellereinprägen.
Normalerweise vermeide ich diese Praxis, aber Dingo hat zu oft falsch gehandelt und uns alle damit in Gefahr gebracht.
Zumindest potenziell.
Ich ziehe leicht an der Leine, als ihr Blick zu sehr auf Sams Schläfe hängt.
Ersieht sie nicht an, sondern widmet sich immer noch seinem schon leeren Teller.
Mit quietschenden Bewegungen kratzt er die letzten Krümel zusammen und versucht dabei höchst konzentriert zu wirken.

Es ist ekelhaft ihn so erbärmlich zusehen.
Dingo zuckt zusammen und ihr entschlüpft ein leises Keuchen.
Sams Kiefermahlt.

                               „Geh." Ich führe Dingo zu einer Toilette und deute auf die Schüssel.
                               „Du wirst die nächsten Stunden nicht können, also press raus was geht."
Sie nickt und setzt sich auf die Toilette.
Bis auf ein paar klägliche Tropfen höre ich nichts. 

Dingo - Der Feind ich meinem Bett (Teil 2)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt