Kapitel 6

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Alles hat ein Ende, aber alles kann auch neu beginnen.

Rose

Nachdem ich mich heute morgen ungefähr fünf mal verlaufen hatte, bin ich schließlich doch irgendwann zuhause angekommen.
Jetzt lieg ich hier in meinem Bett und warte darauf, dass Rebecca endlich nachhause kommt damit ich ihr alles erzählen kann.
Ich muss es ihr erzählen, mir bleibt keine andere Wahl, sonst frisst mich dieser unerklärte Schmerz von innen auf. 
Schon den ganzen Tag liege ich einfach nur da und starre die Decke an. Noch immer kann ich nicht realisieren, was überhaupt passiert ist.
Können innerhalb von paar Tagen so viele Dinge passieren? Liege ich vielleicht im Koma und das alles ist nur ein Traum? Besser wäre es jedenfalls.
Nach weiteren zeitlosen Stunden meldet sich mein Magen zu Wort was vollkommen verständlich ist, da ich nicht einmal gefrühstückt hatte.
Ich zwinge mich also aus dem Bett und gehe dann in die Küche um mir etwas zu kochen. Dabei fällt mir jedoch auf, dass Rebecca nicht eingekauft hatte, obwohl sie heute an der Reihe gewesen wäre.  Wo ist sie denn den ganzen Tag?
Da mir nichts anderes übrig bleibt und morgen Sonntag ist, schnappe ich nach meiner Tasche und verschwinde aus der Tür.
Was ein Glück, dass der Supermarkt um die Ecke ist.
Im Laden werfe ich alles mögliche in den Einkaufswagen. Von Gemüse bin hin zum Fastfood. Auf den Preis achte ich absolut nicht. Nicht das wir übel viel Geld hätten, doch man gönnt sich ja sonst nichts oder?
Ich bleibe vor dem Tee Sortiment stehen und würde am liebsten alle Sorten mitnehmen. Wie ich Tee liebe...!
„Rose?" höre ich plötzlich jemanden meinen Namen sagen und mein Herz macht einen Sprung, als ich die Stimme richtig wahrnehme. Nein, das ist nicht möglich. Vorsichtig drehe ich mich um und muss mich am Regal festhalten, um nicht umzukippen, als ich ihn sehe.
„Brian?" meine Stimme zittert. Ich kann nicht glauben, dass er vor mir steht.
„Wow, hey!" er strahlt mich an.
Ich muss sagen, dass er sich ziemlich verändert hat. Aus dem netten Jungen in den ich mich damals verliebt hatte, ist jetzt ein großer, muskulöser Mann geworden. Seine Dunklen Haare lassen ihn wirklich furchteinflößend wirken und doch finde ich, dass er sich zum guten verändert hat. Zumindest was das aussehen betrifft.
„Was... was machst du denn hier?" frage ich und sehe ihn an. An seinem Gesicht hat sich kaum was geändert. Immer noch die selben braunen Augen die einer Tafel Schokolade gleichen. Natürlich sieht er jetzt älter aus aber das meine ich nicht.
„Ich bin hier her gezogen und was machst du hier?" auch seine Stimme hat sich verändert und doch hab ich sie sofort erkannt. Warum nur?
„Ich lebe hier..." sage ich und mein schlechtes Gefühl kommt wieder zurück. Schließlich habe ich mich seit dem Tag an dem er mir sozusagen das Herz gebrochen hat, nicht mehr gemeldet und dann mit 18, bin ich hier her gezogen. Er stand mehrfach vor meiner Tür, wollte mich sehen, doch ich konnte einfach nicht.  Er war mein bester Freund in den ich mich dummerweise verliebt hatte. Hatte.
„Was ein Zufall." er lächelt leicht, aber wirklich nur ganz leicht sodass man meinen könnte, dass er seine Worte gar nicht ernst meint.
„Hast du Lust mal was zu machen? Einen Kaffe trinken gehen? Spazieren?" fragt er aufeinmal und ich brauche eine Minute, bis ich es überhaupt realisieren kann.
„Äh, ja... sicher doch." Lüge ich. Ich habe wirklich nicht das Verlangen etwas mit ihm zu unternehmen. Wirklich nicht.
„Morgen früh? Gegen 10 Uhr?"
Ich reiße die Augen auf. Um diese Uhrzeit befinde ich mich schließlich noch in meinem Tiefschlaf.
„12?" frage ich also nach, woraufhin er lacht.
„Du hast dich kaum verändert Rose Smith." die Art und Weise, wie er meinen Namen ausspricht, gefällt mir ganz und gar nicht. Es hinterlässt einen Schauer über meinen ganzen Körper.
Ich bemühe mich zu lächeln und versuche mich wieder auf die Tee Sorten zu konzentrieren.
„Wir treffen uns hier vor dem Laden, falls was sein sollte, schreib mir einfach." er steckt mir einen Zettel mit seiner Nummer in die Hand und verschwindet einfach. Er lässt mich einfach mit einem Chaos von Gefühlen hier stehen.
Nachdem ich an der Kasse bezahlt habe, verlasse ich aufgebracht den Laden.
Das Verlangen zu weinen, überkommt mich dabei immer mehr und die Erinnerungen an damals, als alles noch gut war, schießen in meinen Kopf. Warum musste ich nur so egoistisch sein und einfach verschwinden?
„Rose?"
Ich blicke von Boden auf und sehe Dylan vor unserer Tür stehen.
Er sieht wirklich verzweifelt und gleichzeitig auch durcheinander aus.
„Warum weinst du?" er klingt besorgt und doch kann ich den Zorn in seiner Stimme heraushören. Sofort wische ich mit über die Augen.
„Was willst du hier?" ich gebe wirklich mein bestes ihn nicht anzusehen.
„Ich wollte mit dir reden. Weich meiner Frage nicht aus, was ist passiert?!" er packt mich am Arm. Genau wie vor paar Tagen in dem Zimmer.
„Fass mich nicht an" fauche ich und stecke den Schlüssel in die Tür.
„Rede mit mir!" er folgt mir bis in die Wohnung rein. Das ich ihn nicht aufhalte liegt nur daran, dass ich keine Kraft dafür habe.
„Das tust du doch auch nicht!" jetzt sehe ich ihn an und eine Flut von Tränen überschwemmt mich.
Das sind zu viele Gefühle für einen Tag. Warum ist Brian hier? Will er es mir unter die Nase reiben, dass ich nur an mich selbst gedacht habe? Was für ein schlechter Mensch ich bin? Und Dylan? Will er sich wieder mit mir streiten?
Plötzlich spüre ich wie sich zwei starke Arme um mich legen und an sich drücken und sofort umhüllt mich das Gefühl von Geborgenheit, welches ich schon viel zu lange nicht gespürt hatte.
In diesem Moment ist es mir egal, wie sehr ich ihn hassen sollte. Es ist mir egal, dass ich jetzt noch schwächer wirke, als er es sowieso von mir denkt.
Er ist gerade der einzige und gleichzeitig der letzte Mensch, den ich brauche und doch lasse ich es zu, dass er für mich da ist.
Auch wenn er nur ein Fremder ist, welche mich mit seinen grünen Augen so unfassbar fasziniert, bin ich froh, dass er hier ist,
„Bitte bleib hier, bis Rebecca kommt." flüstere ich an seine Brust.
„Ich bleibe solange du willst."

Solange ich will.

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