Kapitel 29

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Maybe it's not about happy ending.
Maybe it's about the story.

Rose

1 Monat später

"Wie geht es Ihnen heute?" fragt meine Therapeutin mich, während sie etwas auf ihren Notizblock kritzelt. 
Schulterzuckend sehe ich sie an. So wie jeden Tag.
"Konnten Sie heute Nacht etwas schlafen?"
Stumm schüttle ich den Kopf.
"Nehmen Sie denn auch die Tabletten, die ich Ihnen verschrieben habe?" fragt sie etwas ruhiger. Es ist jeden Tag das selbe. Immer die selben Fragen, immer die selben Antworten. Was mach ich hier überhaupt noch?
"Sie müssen mit mir reden. Nur so kann ich Ihnen helfen." Sie nimmt ihre Brille ab und sieht mich wartend an. Die Bilder von dem Tag, spielen sich immer wieder vor meinen Augen ab.
"Es ist meine Schuld." flüstere ich.
"Was ist Ihre Schuld?" Sie setzt wieder ihre Brille auf. So als würde sie gleich anfangen ein Buch zu lesen. Schweigend sehe ich sie an. Dann schüttle ich den Kopf und erhebe mich von der viel zu alten Couch.
"Bis morgen." Ich greife nach der Türklinge und ziehe sie runter.
"Reden Sie mit ihm." höre ich sie noch sagen, dann fällt die Tür hinter mir zu.
Er ist der letzte den ich sehen will. Das letzte mal, das ich ihn gesehen hatte, war auf Rebeccas Beerdigung. Keine Ahnung was er dort überhaupt wollte. Niemand hatte ihn eingeladen. Seit dem Tag, an dem Rebecca starb und ich Carlos eine Kugel in den kopf gejagt hatte, hatten wir kein einziges Wort mit ihm geredet. Kurz nachdem der Schuss gefallen ist, ertönten die Lauten Sirenen der Polizei. Dylan rannte damals auf mich zu, nahm mir die Waffe aus der Hand und sagte, dass ich rennen solle, doch ich schüttelte erstarrt den Kopf.
"Ihr solltet gehen, ich werde euch nicht verraten." hatte ich zu ihm gesagt. Die Sirenen wurden immer lauter, doch er wollte nicht gehe
"Bitte verzeih mir." Seine grünen Augen hatten sich mit Tränen gefüllt.
"Verzeih mir bitte alles, was du wegen mir durchmachen musstest." hatte er geflüstert. Danach griff er nach der Waffe in meiner Hand.
"Verzeih mir irgendwann." Dies waren die letzten Worte die ich von ihm gehört hatte, danach rannte er mit Liam in den tiefen Wald hinein.
Keine Minute später kamen auch schon ein Haufen von Polizei und Krankenwägen angefahren.
"Das ist sie!" hatte sie gerufen. Ahnungslos stand ich zwischen mehreren von Leichen da.

Die Polizei nahm mich mit und brachte mich paar tage später zurück nachhause. Dort erfuhr ich nachdem ich von einer Befragung zur anderen Befragung gegangen war, dass mich meine Eltern als vermisst gemeldet hatten. Nachdem diese dann erfahren hatten, was passiert ist, wollten sie dass ich wieder bei ihnen einziehe. Natürlich willigte ich nicht ein. Ich brauchte Ruhe und Zeit für mich selbst.
Der Polizei erzählte ich, dass Carlos erst Rebecca und dann mich entführt hatte und dass wir von unbekannten Männern befreit wurden. Als sie mich nach dem Aussehen der Männer fragten, erfand ich einfach etwas. Schließlich kann es niemand bezeugen. Ich war die einzige überlebende - laut meiner Lüge. Natürlich weiß ich, dass ich mich damit strafbar mache, falls meine Lüge auffliegen sollte. Ich weiß ehrlichgesagt überhaupt nicht, wieso ich ihn nach allem was passiert ist, immer noch decke.
Vor ein paar Tagen stellte sich dann heraus, dass Carlos tatsächlich der Bruder von Brian sei und das Rebecca und ich nicht die ersten Frauen seinen, die er entführt hatte. Sie erzählten mir wirklich grauenhafte Dinge, welche er mit den Frauen getan hatte. Bei der Vorstellung daran, wurde mir schlecht und ich übergab mich mitten im Büro des Polizeireviers. Insgesamt 63 Frauen hatte er Entführt und 38 von ihnen auf brutalste Art und Weise ermordet. Die Leichen hatte die Polizei im Keller seines Hauses in Spanien gefunden. Ein paar davon wurden auch in seinem Haus in Deutschland gefunden.
"Rose?" ertönt plötzlich eine Stimme neben mir. Ich war so sehr vertieft in meinen Gedanken, dass mir gar nicht aufgefallen ist, dass ich fast bei meiner Wohnung bin. Bei der Wohnung, in der noch alles nach Rebecca ruft. Erschrocken blicke ich zur Seite und muss schwer schlucken, als ich Dylan neben mir entdecke. Dylan, welcher Snow an der Leine mit sich hat. Meine Augen leuchten auf, als der damals noch kleine Welpe welcher nun doppelt so groß ist, mich vor Freunde fast zu Boden wirft. Zum ersten Mal seit Wochen, lächle ich wieder. Als ich dann zu Dylan sehe, vergeht mir das Lächeln jedoch augenblicklich. Er sieht schlimm aus. Nicht schlimmer als ich, doch schlimm genug um zu sagen, dass er wohl kaum geschlafen hat. Die ganze Zeit über.
"Was..." Erschrocken starre ich ihn an. Seine grünen Augen sind nicht mehr die selben. Sie wirken leblos und leer. Wie ein verwelkter Grashalm.
"Können wir reden?" Seine Stimme klingt kratzig, so als hätte er gestern zu viel getrunken.
"Bitte." fügt er schnell hinzu, doch ich senke den Blick. Einen Moment lang starre ich den grauen Boden unter meinen Füßen an, dann nicke ich.
"Komm." sage ich kaum hörbar und öffne währenddessen die Wohnungstür. Tränen steigen mir in die Augen, doch ich unterdrücke sie. Mit meiner Hand deute ich ihm, dass er sich auf die Couch setzen soll. Er befreit Snow von der Leine und gibt ihm das Kommando, sich neben ihn auf den Boden zu setzen.
"Wie geh...?" fängt er an, doch ich unterbeche ihn kopfschüttelnd.
"Was willst du hier?" Mit einem großen Abstand zwischen uns, setze ich mich auch hin.
"Sag mir wie es dir geht." Er sieht mir in die Augen und sofort durcheght mich ein alt bekanntes, warmes Gefühl.
"Mir geht's gut. Was willst du?" Antworte ich ihm stumm. Laut ausatmend vergräbt er sein Gesicht in seinen Händen.
"Ich kann so nicht weiter machen." sagt er dann.
"Wie?"
"Ich will für dich da sein, Rose. Lass mich dir helfen."
"Ich glaube, du hast mir genug geholfen." lache ich ironisch.
"Es tut mir Leid, verdammt. Ich wollte nicht das es so weit kommt. Es war alles ganz anders..."
"Geplant?" beende ich seinen Satz. Er weiß worauf ich hinaus will.
"Ich konnte doch nicht wissen, dass ich..." er macht eine Pause und sieht mich schweigend an.
"Scheiße, ich hab sowas noch nie Gefühlt." sagt er dann und ich schüttle erneut den Kopf.
"Du hast mich benutzt und jetzt erzählst du mir so etwas?" fassungslos sehe ich aus dem Fenster neben mir.
"Du wusstest wer er ist und hast mich trotzdem bei ihm gelassen?" füge ich hinzu.
"Er hat mir gedroht! Er sagte, wenn wir dich holen würden, dann würde er dich auf der Stelle umbringen." Er rückt mir näher.
"Wir haben in der ganzen Zeit versucht, dich da irgendwie raus zu holen, ohne das er es bemerkt." sagt er.
"Was willst du von mir, Dylan? Carlos ist Tot und dein Ziel somit erreicht. Sein Blut klebt an meinen Händen!" Tränen strömen aus meinen Augen. Zum ersten mal seid Wochen, kann ich wieder weinen.
"Rebecca...sie..." schluchze ich. Dylan setzt sich direkt neben mir, doch als er mich an sich drücken will, halte ich ihn zurück.
"Bitte geh jetzt." flüstere ich, doch er bewegt sich nicht.
"Einmal bin ich gegangen, ein zweites wird es nicht geben." sagt er und schon spüre ich seinen warmen Körper um mich.
"Ich lass dich nicht mehr allein."
"Und Snow auch nicht. Er gehört jetzt dir." fügt er hinzu und ich schüttle den Kopf.
"Warum machst du das?" schluchze ich.
"Weil ich mir niemals verzeihen werde, was ich dir angetan habe."

Ende.

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