_-10-_ Ein Problem kommt selten allein

31 4 3
                                    

Nach einiger Zeit erreichen wir den äußersten Rand der Stadt. Die eingefallenen Gebäude waren einer Matschlandschaft gewichen. Hier hielt sich niemand freiwillig auf. Früher hatte ich mir Mytandial ziemlich genau so vorgestellt. Aber wir hatten noch nicht einmal die Stadt verlassen, von Mytandial waren wir noch Ewigkeiten entfernt.

Die Mauer vor uns, die das Ende von Calura signalisierte, war nicht direkt unüberwindbar, wirkte aber definitiv abschreckend.
Unschlüssig ließ ich die Pferde auslaufen. Ich hatte nicht bedacht, dass wir uns ausweisen mussten, wenn wir die Stadt verließen. Und man konnte die Stadt nur verlassen, wenn man sich vorher angemeldet hatte. Auch wenn ich Teil des Königshauses war, sie würden uns nicht hinauslassen. So ein Mist.

Momentan konnte ich zwar noch keine Wächter erkennen, da das Tor aber geschlossen war, aber sie mussten hier irgendwo sein.
Ich fühlte mich nicht wohl, was einerseits an den nicht vorhandenen Wächtern lag, aber auch daran, dass ich bald die Stadt verließ und nicht wusste, ob ich überhaupt wiederkommen würde. Es war, als würde etwas meinen Brustkorb zusammenquetschen und mir die Luft abdrücken. Ich wollte hier weg.

„Saph! Warum hältst du an?" Mair hatte ihren Kopf aus dem Fenster gesteckt und erhielt damit ihre Antwort.
Mit zitternden Händen stieg ich ab und öffnete die Tür der Kutsche. Alle wirkten sichtlich angespannt.

„Wie sollen wir an den Wächtern vorbeikommen? Wir können uns nicht ausweisen und so lassen sie uns nicht durch", meinte ich leise.
Ich wurde unruhig. Es fiel mir keine Lösung für unser Problem ein und ich hatte das ungute Gefühl, als ob wir beobachtet wurden.

Evelyn hingegen schien das Ganze nicht weiter zu interessieren, sie wirkte sogar beinahe entspannt. Verwundert runzelte ich die Stirn. Was hatte sie jetzt schon wieder vor?
„Evelyn?", meinte ich bestimmt. „Ich weiß, dass du eine Idee hast, als was schlägst du vor?" Ich war mir zu hundert Prozent sicher, dass sie einen Plan hatte. Und selbst wenn er mir nicht gefiel, wäre es wenigstens etwas. Unruhig trat ich von einem Bein aufs andere. Evelyn ließ sich unnötig Zeit mir ihrer Antwort.

„Komm schon, Evelyn! Es ist doch jetzt unnötig so eine Show daraus zu machen", erklärte Mair genervt und erntete zustimmendes Gemurmel von Charles, der sich aber dennoch aus der Sache raushalten wollte.

„Na gut. Natürlich habe ich mir auch darüber schon Gedanken gemacht und bin ... nun ja, ich bin zu einem Schluss gekommen." Mir brannten die Sicherungen durch. Das konnte doch jetzt nicht wahr sein. Mit jeder Minute, die wir hier länger auf offenem Feld standen, wurde es wahrscheinlicher, dass wir Aufmerksamkeit auf uns zogen, die uns nicht zugutekommen würde. Und Evelyn war bloß daran interessiert sich wieder bestens in Szene zu setzen.

„Kannst du nicht einmal – ein einziges Mal in deinem Leben darauf verzichten, dich immer ins Rampenlicht zu stellen und eine Riesenshow aus allem zu machen! Wir vergeuden hier wertvolle Zeit mit deinem inhaltlosen Gebrabbel. Also bitte – bitte komm endlich zum Punkt!" Gegen Ende hin wurde ich immer lauter und meine Stimme immer hysterischer. Selten habe ich mich so wütend gefühlt.

Meine Wut nahm nicht ab, als ich sah, wie Evelyn das Gesicht verzog, sie nahm eher zu. Heiße Wut, die von mir Besitz ergriff, mich verschlung und mit sich zog. Hitze wallte durch meinen Körper und ich spürte die unbändige Macht, die mit ihr kam. Wie von selbst griff ich den Stein in meiner Tasche. Als würde mein Körper nicht mehr mir gehorchen, sondern nur dem Feuer, strich ich über die kühle und glatte Oberfläche. Binnen Sekunden flammte diese auf. Fasziniert beobachtete ich die züngelnden Flammen, die von dem Stein meinen Arm hochkrochen. Ein Gedanke formte sich wie von selbst in meinem Kopf. Es wäre ein leichtes das Feuer auf die Kutsche loszulassen, die Flammen lechzten nach dem Holz.

Auf einmal durchfuhr es mich eiskalt. Als würde flüssiges Eis durch meine Adern fließen, fror es mich ein, machte das Feuer wütend. Sie rangen miteinander, kämpften.
Saphira!
Die Stimme hallte in meinem Kopf wider. Auf einmal verschwand das Eis und das Feuer züngelte umso höher, um seinen Sieg zu verkünden. Es nagte an mir, zeigte seine Stärke.

Iced FireWo Geschichten leben. Entdecke jetzt