Als ich durch die Tür trat wurde ich direkt von meiner Schwester Mair überrumpelt, die sich so ähnlich auf mich stürzte wie ich vorhin auf Charles.
Ich drückte sie ebenfalls kurz, bevor sie sich von mir löste und mich mit wässrigen Augen betrachtete.„Du bist so groß geworden, Saph."
Schmunzelnd umarmte ich sie noch einmal kurz und erwiderte dann: „Wir haben uns doch erst vor vier Monaten gesehen, ich glaube nicht, dass ich in der Zwischenzeit nochmal gewachsen bin, Mair."Sie zuckte nur mit den Schultern und legte dann einen Arm um mich. „Sich zwei Mal im Jahr zu sehen ist trotzdem viel zu wenig. Also ist es auch kein Wunder, dass es mir jedes Mal so vorkommt, als wärst du gewachsen."
Ich schüttelte lächelnd den Kopf. Das sagte sie wirklich jedes Mal, wenn wir uns sahen.„Allerdings bist eher du diejenige, die sich dieses Mal verändert hat. Was hast du mit deinen Haaren gemacht?", fragte ich ungläubig und griff in ihre mittlerweile sehr kurzen Locken, die bei jeder Bewegung fröhlich um ihren Kopf hüpften.
Sie nahm meine Hand aus ihren Haaren und erklärte: „Ich habe einfach mal was Neues gebraucht. In Zendertall passiert momentan nicht besonders viel und Sena ist ständig auf Reisen. Das Einzige, was ich noch habe, ist Christopher. Aber selbst er wird jeden Tag älter und braucht mich nicht mehr so oft."Ihren Sohn hatte ich beinahe vergessen. Für mich war es immer noch so unglaubwürdig, dass Mair ein Kind großzog. Sie war der schusseligste und vergesslichste Mensch, der mir je begegnet war. Aber genau dafür mochte ich sie auch. Sie hatte sich auch noch nie viel aus dem königlichen Leben oder irgendwelcher Etikette gemacht. Deswegen fiel es mir auch so schwer, als sie fortging. Damals war ich gerade mal elf Jahre alt. Glücklicherweise rotierte kurz darauf ein neuer General an unser Schloss, wodurch ich seinen Sohn Charles kennenlernte.
„Wie geht es ihm? Sind seine Choliken weg?", fragte ich aus halbherzigem Interesse. Kinder waren nicht mein Ding, ich wusste nicht, wie man mit ihnen umging, auch wenn sie manchmal süß waren.
„Gut, die haben wir schon seit längerer Zeit im Griff. Er ist seitdem auch endlich aktiver."„Aber jetzt haben wir beide genug gequatscht, begrüß erstmal die anderen." Mair lies mich beinahe widerwillig los, sodass ich eintreten und meine restlichen Schwestern sehen konnte. Charles blieb draußen.
Ich wusste nicht, wie lange es her war, dass wir uns jemals alle in einem Raum versammelt hatten. Alle saßen etwas unbehaglich entweder auf den mit rotem Samt beschlagenen Sesseln oder anderen zu Sitzgelegenheiten umfunktionierten Gegenständen. Nur unsere beiden Zwillingspärchen hatten sich nicht alleine niedergelassen. Natürlich hatte es sich Evelyn alleine auf der Couch gemütlich gemacht, ähnlich wie Helena, die alleine auf einem der Doppelsessel saß. Beide blickten leicht säuerlich drein. Das war mal wieder so typisch.
Bevor ich mich niederlies ging ich zu einem der Fenster zu meiner linken und öffnete sie mit einem Ruck. Die Luft hier drinnen war schrecklich.
Die Sonne war bereits am Untergehen und sorgte für einen orangen Streifen am Horizont. Kühle Luft traf auf mein Gesicht und verriet mir genauso wie die kahlen Äste in unserem Vorhof, dass bereits Winter war und der erste Schnee nicht mehr so lange auf sich warten lassen würde. Der Gedanke an meine liebste Jahreszeit brachte mich kurz zum Lächeln.Ich holte tief Luft und drehte mich dann zu meinen Schwestern um.
Kurz angebunden begrüßte ich jeden mit einem Nicken, das teilweise missbilligend entgegengenommen wurde. Seufzend sah ich mich nach einer Sitzgelegenheit um, da zog Mair mich schon neben sich auf den Sessel. Da dieser nur für eine Person bestimmt war, saßen wir beide ziemlich ungemütlich da, aber man konnte es sich sparen Evelyn oder Helena zu fragen, ob sie rutschen könnten. Sie würden sowieso nicht auf ihre jüngste Schwester hören.
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Iced Fire
Fantasi"Es gibt da eine Sache, die wir dir nie erzählt haben. Als du geboren wurdest, warst du am Erfrieren. Das Feuer hat dich gerettet, doch jetzt fängt es an, dich zu töten." Saphira - dickköpfig und unabhängig - hat ihr Leben lang als Teil des Königsha...