_-21-_ Machtkampf

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Nachdem Mair mich wieder aufgebaut hatte, hatten wir uns alle noch einen Tag Pause gegeben. Ich war um ehrlich zu sein komplett erschöpft von den letzten Tagen, weswegen ich unbeabsichtigt den halben Tag verschlafen hatte. Deswegen stand die Sonne auch schon fast direkt über mir, als ich meine Augen öffnete. Als ich mich umblickte, bemerkte ich, dass alle anderen bereits wach waren und sich in verschiedene Himmelsrichtungen verteilt hatten. Wir alle brauchten mal ein wenig Abstand voneinander. Es war nicht gut für unsere Beziehungen, wenn wir pausenlos aufeinander hingen. Wobei das definitiv nicht der einzige Grund war. Evelyn verheimlichte irgendetwas und Charles wusste davon. Und doch weigerten sich beide auch nur ansatzweise etwas darüber zu sagen. Das hatte definitiv auch dafür gesorgt, dass unsere Gemüter überhitzt waren.

Kurz musste ich bei meinen Gedanken schmunzeln. Mein Gemüt war schließlich wortwörtlich überhitzt. Aber mir verging das Lachen ziemlich schnell wieder, als ich sah, wie Charles und Evelyn ein gutes Stück entfernt miteinander redeten. Es ging mir gehörig gegen den Strich, dass ich nicht den Hauch einer Ahnung hatte, was vor sich ging. Zumal wunderte es mich, dass Charles und sie plötzlich so viel miteinander zu tun hatten. Schließlich hatte er vorher auch nie eine so besonders hohe Meinung von ihr. Allgemein hatte sich Charles Verhalten so verändert, dass ich mir nicht sicher war, ob noch dieselbe Person vor mir stand.

Bevor ich mir jetzt allerdings weiter den Kopf über etwas zerbrach, dass ich momentan sowieso nicht beeinflussen konnte, stand ich auf und lief ein paar Schritte durch den knirschenden Schnee.

Doch mein Versuch mich abzulenken scheiterte kläglich. Zwar konnte ich nichts an der Sache mit Evelyn und Charles ändern, aber da war noch etwas anderes. Mair hatte erwähnt, dass Freyan eines Tages einfach weg war. Allerdings konnte ich mir nicht vorstellen, dass das stimmte. Warum sollte er zuerst so erpicht gewesen sein, uns zu folgen und dann einfach ohne ein Wort verschwinden? Da stimmte doch etwas nicht. Oder mir wurde wieder einmal nicht die ganze Wahrheit erzählt. Und das war ich inzwischen so satt. Ich war zwar die Jüngste von uns allen, aber das hieß nicht, dass jeder einfach über meinen Kopf hinweg reden konnte.

Also schlug ich in Mairs Richtung ein, denn von Charles und Evelyn konnte ich kaum eine Antwort erwarten.
Je näher ich ihr jedoch kam, desto lauter wurden ihre Schluchzer und ich zügelte mein Tempo. Weinte sie?
Etwas verwundert blieb ich stehen. Ich hatte Mair noch nie weinen sehen. Unschlüssig ging ich ein paar Schritte auf sie zu. Es war wahrscheinlich besser, sie in Ruhe zu lassen. Allerdings konnte ich sie jetzt auch nicht mehr einfach hier alleine lassen.

Ich räusperte mich, damit sie wusste, dass jemand da war. Hektisch wischte sie sich die Tränen von den Wangen und drehte sich dann zu mir um. Ihr Augen waren ganz rot und trotz ihrer Aktion konnte man noch die nassen Spuren der Tränen sehen.

Als sie sah, dass ich es war, atmete sie laut aus. Ich wusste nicht genau, was ich sagen sollte, setzte aber trotzdem an. Jedoch unterbrach Mair mich, indem sie wieder in Tränen ausbrach, also nahm ich sie einfach nur in den Arm und streichelte über ihren Rücken.
Ich fühlte mich ziemlich nutzlos, aber mir fiel nichts besseres ein.

Nach einiger Zeit hatte sie sich wieder beruhigt und löste sich aus meiner Umarmung. Sie musste lachen ob dieser Situation ich fiel mit ein. Sonst war das immer eher umgekehrt gewesen. Als Kind war ich weinend zu ihr gekommen und sie hatte mich so lange umarmt, bis wieder alles gut war.

Nur ging ich davon aus, dass es jetzt nicht um ein verlorenes Spielzeug oder andere gemeine Kinder ging. Fragen wollte ich sie aber auch nicht. Sie würde es mir schon erzählen, wenn sie bereit dazu war.

Als ich keine Anstalten machte, sie zu fragen, wieso sie weinte, lächelte sie mich dankbar an und stupste mich gegen die Schulter.
„Weswegen bist du eigentlich hergekommen?" Ihr Stimme war noch belegt, aber ich sah ihr an, dass sie froh war über ein Themawechsel.
Allerdings wusste ich nicht, ob meine Frage jetzt so angebracht war.

Iced FireWo Geschichten leben. Entdecke jetzt