Kapitel [6]

424 26 14
                                    

Es war dunkel, düster und still. Keine Lichtquelle, kein Geräusch. Man konnte noch nicht einmal einen Geruch wahrnehmen, geschweige denn die Temperatur fühlen. Wo bin ich? Wer bin ich? Was ist das hier für ein Ort? Er versuchte sich krampfhaft zu erinnern, aber alles blieb im Dunkeln, so wie dieser Ort. 

"Wei Ying, wo bist du? Wei Ying!" Lan Zhan schrie, aber er bekam keine Antwort. Was ist dies nur für ein Ort?  Warum konnte er Wei Ying nicht finden? Er erinnerte sich daran, dass er Wei Ying in den Abgrund folgte. Ihn umarmte. Ihm seine Liebe gestand und sie zusammen in den Feuerteich eintraten. Es schmerzte noch nicht einmal, aber nun war er hier allein. Dieser Ort war wirklich ungewöhnlich, überall waren seltsame Pflanzen, die er noch nie zuvor in seinem Leben gesehen hatte. Jedoch keine anderen Menschen oder sonstige Lebewesen. Warum ist Wei Ying nicht bei mir? Wir sind zusammen gestorben, sollten wir dann nicht an demselben Ort sein? Lan Zhan konnte nicht mehr sagen, wie lange er diesen Ort bereits durchstreifte, aber je weiter er lief, umso nervöser wurde er. Panik ergriff mehr und mehr von ihm Besitz. Sie setzte sich in jede einzelne Faser seines Körpers fest. Die Angst um Wei Ying ließ ihn fast schon wahnsinnig werden und schnürte sich wie ein Strick immer enger um seine Kehle. Warum ist er nicht hier? Konnte ich ihn erneut nicht beschützen? Wei Ying, wo bist du nur? Fast am Ende seiner Kräfte und kurz davor, die Hoffnung doch noch zu verlieren, sah er ihn endlich.

Ich bin so einsam. Warum ist niemand hier? Bin ich etwa Tod? Aber warum war hier nichts? Nur Leere. Ich fühle mich verloren. Ist das so, wenn man stirbt?  Es ist alles so verwirrend, sitze ich? Liege ich, oder laufe ich sogar? Was ist das hier? Plötzlich hörte er eine Stimme. Wer ist es, oder bin ich das? Stille. Jemand rief etwas. Einen Namen? Es hörte sich jedenfalls wie eine Stimme an.  Ich kann es nicht verstehen. Was ruft die Stimme da? Stille. Die Verzweiflung wuchs in Wei Yings Brust. Die Stimme wurde lauter. Ich kann es jetzt deutlicher hören, mich trifft eine Erinnerung. Aber was für eine Erinnerung? Jemand greift nach mir. Ich höre wieder diese Stimme, sie wird jetzt immer lauter, so nah. Ich will schreien, aber ich weiß noch nicht einmal, ob sich mein Mund geöffnet hat. Erneut diese Stimme, jetzt ganz dicht an meinem Ohr. Wärme umfängt mich. "Wei Ying, endlich habe ich dich gefunden, mach die Augen auf, ich bin es Lan Zhan." Ich spüre, wie die Wärme mich durchdringt. Tränen laufen aus meinen Augen. Ich bin endlich nicht mehr allein, jemand küsst meine Tränen weg und dann kommt die Erinnerung. Ich öffne die Augen und sehe ihn. Lan Zhan, meinen Lan Zhan.

"Wei Ying, geht es dir gut? Was ist mit dir geschehen? Ich habe überall nach dir gesucht, konnte dich aber nicht finden." Lan Zhans Stimme klang besorgt. "Ich weiß es nicht, alles um mich herum war nur eine große Leere, bis ich eine Stimme hörte, deine Stimme Lan Zhan." Wei Ying lächelte schwach. Daraufhin zog Lan Zhan Wei Ying erneut in eine feste Umarmung und seufzte erleichtert. "Ich bin nur froh, dass ich dich endlich gefunden habe." Sanft küsste er ihn im Nacken, worauf Wei Ying leicht erschauerte. "Aber sag Lan Zhan, was ist dies für ein Ort, sind wir wirklich gestorben? Das Letzte, an das ich mich erinnere, ist, dass du mich in deine Arme gezogen hast und mir deine Liebe gestanden hast." "Leider kann ich dir diese Frage auch nicht beantworten, aber wir sind definitiv gestorben, niemand hätte den Feuerteich überleben können." Lan Zhan lehnte sich an eine dieser großen Pflanzen und zog Wei Ying auf seinen Schoß. Er erzählte ihm, was er seit seiner Ankunft hier gesehen hatte. Nach einer Weile bemerkte er, dass Wei Ying immer mal wieder in sich zusammensank. "Lass uns schlafen." Wei Ying nickte, kuschelte sich enger an Lan Zhan, schloss die Augen und schlief ein. Lan Zhan lächelte, küsste Wei Ying sachte auf die Stirn und schloss ebenfalls seine Augen.

*************

Soulmate I: through timeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt