4 Die Geschichte der Lehre

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An diesen Tag würde ich mich bestimmt noch in 50 Jahren erinnern. Ich lernte nämlich eine ganz wichtige Lehre an diesem Tag dazu, die sich wirklich jeder merken sollte: Lass deine kleine Schwester nie alleine im Supermarkt oder es löst eine Scheidung aus.
Ich weiß es klingt total unglaublich, doch ich hatte es selbst erlebt und dazu gibt es auch eine Geschichte. Fangen wir von Anfang an:

Als ich am nächsten Morgen aufstand und meinen Schrank öffnete fand ich noch genau einen Pullover und eine Jeans.
Ich seufzte. Am besten ich ging gleich selbst hinunter und sah nach der Wäsche. Amy und Milo hatten bestimmt auch keine mehr.
Ich zog mir also die Jeans an und den Pullover. Der Pullover war mir aber schon etwas zu klein, weswegen ich bestimmt eine halbe Stunde brauchte ihn anzuziehen. Als ich es endlich geschafft hatte musste ich erst einmal verschnaufen.
Und erst dann bemerkte ich, dass ich vergessen hatte mich zu duschen.
Oh verdammt. Ich sah an mir hinunter, bis ich beschloss einfach heute Abend zu duschen. Wenn ich jetzt versuchte den Pullover wieder von meinem Körper runter zukriegen würde ich mir bestimmt etwas brechen. Am Abend wenn ich wieder Wäsche hatte konnte ich den Pullover ja einfach mit einer Schere aufschneiden.
Kurz überlegte ich noch in den Spiegel zu sehen um zu gucken wie schlimm meine Augenringe waren, aber dann entschied ich es nicht zu tun, sonst würde ich nur noch mehr deprimierter.
Ich öffnete die Zimmertür und ging die Treppe hinunter. Ich rutschte mit meinen weißen Socken, das hieß meine Mutter musste die Fliesen gewischt haben. Das überraschte mich jetzt.
Ich pfiff eine kleine Melodie, während ich hinunter in den Keller ging.
Zum ersten Mal seit Wochen kam mir dabei keiner entgegen, um mir zu sagen, ich solle verdammt nochmal damit aufhören (meistens war es meine Mutter oder Milo. Amy pfiff immer fröhlich mit). Das hieß sie schliefen alle noch.
Apropos wie viel Uhr hatten wir eigentlich? Ich sah kurz die Treppe wieder hoch, aber entschied mich später nach zusehen.
Ich öffnete die schwere Metalltür zu dem Waschraum und blickte zwei überfüllten Wäschekörben entgegen. Meine Augen schlossen sich wie von selbst. Ich rief mir ein paar Mal > nicht wütend werden< ins Gedächtnis und nach ein, vielleicht auch zwei Minuten, als ich mich wieder beruhigt hatte öffnete ich sie wieder.
Ich ging auf die Wäschekörbe zu, von denen ein miefender Gestank ausging. Eine Mischung aus Spaghetti, Schweiß und Saft.
Ich hielt mir die Hand vor dem Mund um nicht kotzen zu müssen und hob einen der beiden Körbe auf die Waschmaschine.
Okay, und wie sollte ich die jetzt in die Maschine bringen ohne sie anzufassen? Ich hätte natürlich einfach jedes einzelne Wäschestück in die Hand nehmen können, aber dann würden meine Hände ja auch nach den Klamotten stinken.
Ich kratzte mich am Kopf. Schließlich entschloss ich mich einfach den Wäschekorb zu nehmen und die Sachen hinein zu "schütten". Und genauso tat ich es. Hätte ich das doch nicht gemacht, denn alle Klamotten außer fünf Hemden flogen auf den Boden. Ich ließ frustriert den Korb fallen und verschränkte meine Arme.
Ich verstand warum meine Mutter die Sachen nicht wusch.
Ich atmete ein paar Mal tief ein und aus ehe ich mich zusammen riss (immerhin war ich kein Mädchen) und die Klamotten einzeln in die Maschine stopfte.
Es war kaum zu glauben, aber ich schaffte es sogar ohne zu würgen, obwohl ich hatte mich einmal geschüttelt.
Ich stand auf und nahm noch das Pulver für die Waschmaschine. Dann startete sie.
Auf meinem Gesicht breitete sich ein stolzes Lächeln aus. Doch in der selben Sekunde gab die Maschine einen dumpfen Schlag von sich.
Nein, das durfte jetzt nicht wahr sein, oder? Ich drückte meine Daumen und starrte die Maschine an, die in der Zwischenzeit aufgehört hatte nur einen Ton zu machen.
Okay, wenn es einen Gott gab dann sollte die Maschine weiter machen. Und tatsächlich machte sie plötzlich weiter.
Ich atmete erleichtert aus.
Ich sah der Maschine noch ein paar Sekunden zu, um sicher zu gehen, dass sie funktionierte dann ging ich wieder die Treppen hinauf.
Ich lief gleich ins Badezimmer um mir meine Hände zu waschen. Im vorbeigehen sah ich auf die Uhr in der Küche. 15 Minuten nach acht. Noch so früh?
Ich wusch mir meine Hände circa fünf Minuten lang, aber der Gestank wollte einfach nicht weggehen.
Na ganz toll. Das würde sicher noch ein ganz toller Tag werden... Achtung Sarkasmus Falle.
Ich ging wieder hinaus in den Gang und wollte gerade ins Wohnzimmer.
"Guten Morgen!", schrie jemand hinter mir.
Ich schrie auf und sah geschockt hinter mich.
Es war Amy die mich mit einem breiten Grinsen anstrahlte.
Ich entspannte mich wieder, schloss aber trotzdem die Augen. Jetzt wurde ich langsam sauer.
"Verdammt, Amy! Mach sowas nie wieder!", zischte ich.
" 'Tschuldige", sagte sie.
Ich schüttelte den Kopf. "Warum bist du schon so früh auf?"
"Sag du's mir", meinte Amy und sah mich gespannt an.
Ich sah sie mit gerunzelter Stirn an.
"Amy hast du was von Moms Wein getrunken?", fragte ich langsam.
Jetzt sah sie wieder aus wie die Alte. "Von was?"
Ich lächelte. Ich war froh sie zu haben, ohne sie wär mein Leben so langweilig.
"Schon gut. Willst du Frühstück?", ich sah sie gar nicht mehr an sondern ging schon in die Küche.
"Klar!", rief sie fröhlich.
Ich streckte mich hoch zum obersten Fach des Küchenregals, wo das Müsli stand.
Doch als ich die Packung hob hoch bemerkte ich, dass sie leer war.
"Milo", knurrte ich leise, dann sah ich Amy entschuldigend an. "Ich muss mal einkaufen gehen"
Amy sah mich fragend an. Ich achtete aber nicht darauf. Ich ging aus der Küche und zog meine Schuhe an.
"Ich will mit", meinte Amy bettelnd.
Genauso war ihr Blick: bettelnd. Mit einer hervor geschobenen Unterlippe und traurigen Augen.
Oh, das war fies. Amy wusste dass ich dem Blick nie wieder stehen konnte.
"Aber... Amy du bist noch nicht mal angezogen", sagte ich.
Amy sah an ihrem blau, weiß gepunktetem Nachthemd herunter. Sie ließ aber trotz des Arguments nicht locker.
"Dann zieh ich mich mal um", sagte sie.
"Ich ist gut", murmelte ich. "Na gut, ab hoch"
Ich ging mit Amy die Treppe hoch um ihr etwas zum anziehen rauszusuchen.
Während ich den Kleiderschrank von meiner kleinen Schwester öffnete setzte sich diese auf ihr Bett und wartete.
Wie schon erwartet waren auch bei ihr fast keine Klamotten übrig. In einer der hintersten Ecken fand ich einen lila Pullover und einen grauen Rock. Im Winter einen Rock anziehen?
Ich suchte noch schnell nach einer Strumpfhose. Ich fand zu meiner Überraschung tatsächlich eine in der Schublade.
"Hier", ich reichte Amy die Klamotten.
Sie zog sich schnell an und wir gingen wieder hinunter.
"Zieh dir schon mal die Schuhe an. Ich schreib Mom noch einen Zettel, dass wir einkaufen sind", sagte ich.
Ich ging also wieder in die Küche und nahm einen der Din A 6 Zettel, die dort lagen.
> Amy und ich gehen schnell einkaufen< schrieb (oder eher kritzelte) ich schnell.
Dann ging ich zurück zu Amy zog ihr die Jacke an und setzte ihr eine Wollmütze auf.
Das Selbe machte ich auch bei mir, nur ließ ich die Mütze weg.
Ich sah aber leider nicht halb so süß aus wie Amy.
"Dann komm", ich nahm ihre Hand und meine Autoschlüssel.

Die Autofahrt zum Supermarkt war nicht so anstrengend wie erwartet. Normalerweise fragte Amy ununterbrochen: "Wann sind wir da? Wand sind wir da?" Doch dieses mal summte sie ein Lied von Disney, was mich an ihre Traumwelt erinnerte und dadurch an Liv. Ich hatte die ganze Zeit im Auto an sie gedacht , aber als wir dann am Supermarkt an kamen musste ich mich wieder darauf konzentrieren.
Ich stieg aus und schnallte Amy hinten ab. Dann nahm ich sie an die Hand und holte einen Einkaufswagen.
Als wir drinnen reinkamen war es angenehm warm und es waren schon viele Leute da. Was mich wunderte, weil es erst neun Uhr war.
Amy rüttelte an meiner Hand und zeigte zu dem Abteil, wo es die ganzen Süßigkeiten gab.
"Gleich, ja?", murmelte ich, während ich mich zuerst nach Obst und Gemüse umsah.
Amy ließ locker und wir gingen zu dem Obst. Ich nahm ein paar Bananen, Gurken, Paprika und Salat, dann liefen wir zu den fertig Pizzen, die in unserem Haus schon zur Familie gehörten, da meine Mutter nie Zeit hatte zu kochen und ich fast nie Lust oder Zeit hatte.
Wir suchten eine Käse, Salami und zwei Schinken aus und schlenderten zu dem Joghurt.
Ich suchte gerade Amys Lieblingsjoghurt, als mir noch die Milch einfiel, die gleich um die Ecke lag.
Nichts ahnend sagte ich zu Amy: "Kannst du kurz da die Milch holen?"
Amy nickte eifrig und ließ meine Hand los.
Gerade als ich überlegte ob ich den Joghurt mit Vanille oder Bananen Geschmack nehmen sollte, sollte ich diese eine Lehre jetzt mit erleben.
"Daddy!", schrie Amy laut auf.
Ich drehte mich verwirrt um.
Amy stand vor den Milchkartons und sah einen vielleicht dreißig jährigen Mann mit großen Augen an. An der Seite des Mannes stand seine Frau, die genauso verwirrt zu seien schien wie ihr Mann.
Meine Augen weiteten sich und ich rannte zu Amy.
"Was?", kreischte die Frau auf und rückte ein Stück von ihrem Ehemann ab.
"Hör zu, ich hab keine Ahnung, was das Kind redet", sagte der Mann abwehrend.
Oh Gott! Ich bekam Panik.
"Das ist deine Tochter, oder?", fragte die Frau entsetzt und zeigte auf Amy.
"Nein! Oh Gott, Isabell nein!"
"Also eigentlich ist das meine kleine Schwester" , warf ich ein, in der Hoffnung sie würde es verstehen.
Die Frau sah mich aber nur noch mehr schockiert an, dabei musterte sie mich.
"Dieser Junge ist vielleicht 18! Du führst ein Doppelleben, nicht wahr?!", schrie die Frau ihren Mann an.
Das mit meinem Alter war gut geschätzt. Trotzdem ich musste mich konzentrieren. Ich wollte gerade etwas sagen da meldete sich wieder ihr Ehemann zu Wort:" Ein Doppelleben? Ich glaube du siehst zu viel Fern!"
Ich sah verzweifelt zwischen den beiden hin und her. Oh verflucht. Ich hätte gern die ganze Situation aufgeklärt, aber die beiden ließen mich nicht zu Wort kommen.
"Weißt du was? Das hab ich nicht verdient! Ich will die Scheidung!", brüllte die Frau und ihr kamen dabei die Tränen.
Sie rannte weg.
"Isabell!", schrie der Mann und lief ihr nach.
Ich stand mit Amy wie eisern fest. Ich bemerkte das uns so gut wie jeder im Supermarkt anstarrte. Okay, das war ja mal richtig scheiße. Meine Panik verschwand dafür wurde ich jetzt rot wie eine Tomate.
"Hallo", sagte ich und drehte mich mit Amy schnell weg.
Amy war blass wie eine Leiche. Wenigstens wusste sie, was sie falsch gemacht hatte.
Tja, und ich. Ich durfte mir einen neuen Supermarkt zum einkaufen suchen.
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Hey,
hier ist das neue Kapitel. Ich hoffe ihr fandet es lustig und ihr lasst mir ein paar Reviews da. Wenn wir schon bei Reviews sind: Ich danke euch für eure ganzen lieben Reviews. Macht so weiter!
HEL Lilli
Ps: Wie fandet ihr die Lehre? Prägt sie euch lieber ein ;)

Silber das 2 buch der Träume aus Henrys SichtWo Geschichten leben. Entdecke jetzt