Ein weiters Treffen

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"Ja, ich verstehe. Entschuldigen sie die nächtliche Störung. Auf wiederhören", verabschiedete ich mich von Mrs Kempler.
Sie war die Mutter von einem Klassenkameraden von Milo.
Ich hatte jetzt jede Person (auch die Mädchen) angerufen und nachgefragt ob jemand wüsste wo Milo war. Vergebens.
Das durfte doch nicht wahr sein! Milo war nirgends!
Dieser Mistkerl hatte mich wirklich eiskalt belogen und ich hatte es ihm noch geglaubt! Wie dumm war ich denn? Und jetzt war ich wahrscheinlich auch noch daran Schuld, dass Milo irgendwo in einem Graben starb oder von einem Auto überfahren wird.
Ich vergrub meinen Kopf in den Händen und seufzte.
Wir hatten fünf Uhr morgens und ich hatte fast kein Auge zu gemacht. Das würde ich auch nicht mehr. Immerhin lief da draußen irgendwo mein kleiner Bruder herum und bettelte nach Kleingeld.
Oder er war... Er war bei meinem Vater. Ich hob den Kopf.
Darüber hatte ich noch gar nicht nachgedacht. Was wenn er einfach bei meinem Vater war und sich dort erholte?
Ich nahm das Telefon zum hundertsten Mal und wählte die Nummer von meinem Vater.
Es wählte.
Niemand meldete sich. Ich wartete noch einige Sekunden ab, bis der Anrufbeantworter dran ging.
Ich legte auf.
Wieder seufzte ich.
Wo zur Hölle war Milo nur? Oh verdammt, ich machte mir wirklich sorgen um ihn. Ich konnte jetzt doch nicht aufgeben.
Ich stand auf, zog mir Jacke und Schuhe an und ging hinaus.
Es war noch stockfinster, aber durch die Straßenlaterne konnte ich das wichtigste erkennen: Die Straße, die Autos und den Gehweg.
Ich sah zu Amys Fenster hinauf.
Das Licht war immer noch eingeschaltet, das hieß, dass meine Mutter noch bei Amy oben war.
Sie war aufgewacht, als meine Mum und ich uns lautstark gestritten hatten. Und na ja, seit wir ihr die Umstände erklärt hatten war sie weinend in ihr Zimmer gerannt.
Ich fand es eigentlich nicht schlimm, dass ich mich mit meiner Mutter so oft stritt, aber auf Amy bekam das ganze ab und würde das für immer in ihrem Kopf behalten.
Ich wusste nicht, wer noch so eine schlimme Kindheit hatte.
Zögernd löste ich mich von der Haustür und ging die Straße hinab.
Der graue Schnee lag friedlich am Straßenrand un ein paar Vögel zwitscherten. Doch das konnte mein dumpfes Gefühl nicht wett machen. Noch dazu war es eiskalt und das obwohl ich meine dickste Jacke anhatte.
Aber die Angst um Milo hielt mich auf trapp. Ich lief zur Hauptstraße, wo ich ihn zuletzt gesehen hatte.
Kurz sah ich noch einmal die Bilder vor mir: Milo weinend, wie er mir erklärte warum er das tat, wie er auf einmal verschwunden war... Schnell vergaß ich die Gedanken lieber. Ich musste mich jetzt darauf konzentrieren Milo zu finden.
Doch auch so oft ich mich umsah. Ich konnte ihn nicht finden.
Aber warum fühlte ich mich dann so beobachtet?
Ich lief etwas schneller. Ich war mir ganz sicher, dass mich etwas verfolgte oder jemand.
Meine Knie wurden weich.
Warum passierte mi denn alles schlimme nur im realen Leben nicht im Traum?
Ein Klicken ließ mich inne halten.
Ich blieb wie angewurzelt am Boden stehen. Das Blut gefror mir in den Adern und ich bekam eine Gänsehaut.
Zögernd drehte ich mich um.
Hinter mir stand niemand.
Ich war an einem kleinen Spielplatz angelangt, wo ich manchmal mit Amy hin ging. Er hatte eine Schaukel und ein Klettergerüst mit einer eingebauten Rutsche.
Ich ging auf die Schaukel zu. War von dort nicht das Klicken gekommen? Der Nebel versperrte ein wenig meine Sicht und machte die ganze Atmosphäre nur unheimlicher.
Die Laterne war das einzige was den Spielplatz etwas erhellte.
Doch an der Schaukel war nichts.
Mein Herz pochte so laut, dass ich nichts andres hören konnte.
Vielleicht hatte ich mir das Klicken auch nur aus lauter Angst eingebildet? Vielleicht war ich wegen der Sache im Waschraum jetzt total irre?
Das Klingeln meines Handys ließ mich zusammenfahren. Ich faste mir ans Herz.
Wenn das noch weiter so ging bekam ich bald einen Herzinfarkt!
Ich zog mein Handy aus der Hosentasche und sah auf die Nummer.
Sie war unterdrückt.
Alles in meinem Körper sagte: Geh nicht dran! Doch meine Neugier siegte schlussendlich doch.
"Hallo", meldete ich mich.
Vorsichtshalber sagte ich nicht meinen Namen.
"Hallo Henry", sagte eine verzerrte Stimme.
Sie war nicht echt. Er oder Sie musste die Stimme mit etwas verändert haben und mir gefiel gar nicht, dass diese Person meinen Namen wusste. Das ganze erinnerte mich an Senator Tod.
"Wer ist da?", fragte ich.
"Henry Harper. 17 Jahre alt wird aber im Februar 18. Hat zwei jüngere Geschwister: Amy und Milo Harper. Milo ist seit kurzem verschwunden um genauer zu sein seit ein paar Stunden. Und das wegen einem Streit, weil Milo Alkohol getrunken hat. Die Eltern sind geschieden und seit der Vater eine neue Freundin hat interessiert er sich einen Dreck für seine Kinder. Richtig?", sagte die Stimme.
Mein Herz setzte kurz aus.
Beinahe hätte ich noch mein Handy fallen lassen.
Meine Muskeln waren stillgelegt und ich konnte mich nicht bewegen,
Woher wusste der Typ das alles? Das wusste noch nicht mal Secrecy! Und wer war das?
"Du müsstest dein Gesicht sehen können", lachte die Stimme in das Telefon.
Automatisch sah ich mich um. Es war niemand zu sehen. Das war doch der falsche Film. Was sollte das hier?
"Vergiss es du wirst mich nicht entdecken", lachte die Stimme wieder. "Aber vielleicht erkennst du mich ja daran?"
Ein lauter Pistolenschuss ertönte.
Meine Augen weiteten sich und mir wurde schlecht.
Das Klicken... es war das entsichern der Pistole gewesen. Das war der Einbrecher.
Sofort begann meine Schulter wieder aufzuschmerzen.
"Was wollen sie von mir?", fragte ich.
Meine Stimme war fest.Die Sorge, dass der Typ vielleicht Milo hatte ließ mich für einen kurzen Moment meine Angst zu unterdrücken.
Die Stimme lachte wieder. "Ich will gar nichts von dir, mein Junge"
>Mein Junge< von wem hatte ich diesen Satz schon mal gehört? Senator Tod. Nein, das konnte nicht sein.
"Ich will dich nur warnen", murmelte die Stimme.
"Warnen?", fragte ich.
"Ja, warnen"; erwiderte die Stimme. "Natürlich will ich auch etwas andres, aber für den Moment wird diese Warnung genügen: Vertraue niemanden. Es sei denn du willst, dass der lieben Liv etwas passiert"
Jetzt stockte meine Stimme wieder. "Ziehen Sie da nicht Liv mit rein"
Wieder schallte das lachen durch mein Handy. "Oh glaub mir, Liv ist schon mittendrin. Doch werde ich ihr noch nichts antun, aber ein kleiner Satz über mich kann das ganze schon ändern"
Die Person legte auf.
Mir fiel das Atmen schwer. Ich wollte Liv auf keinen Fall in solche Dinge mit reinziehen. Sie hatte selbst auch bestimmt genug zu tun und nur weil sie meine Freundin war sollte sie jetzt Ärger mit einem Geisteskranken kriegen.
Geisteskrank...
Was wenn dieser Einbrecher wirklich Senator Tod war? Ich musste heraus finden wer Senator Tod war. Vielleicht hielt er auch Milo bei sich gefangen.
Ich rannte los. Wenigstens blieb ich bei dem ganzen Stress sportlich.
Vor der Haustür sah ich auf mein Handy. Wir hatten drei Minuten vor sechs Uhr. Das hieß ich hatte noch genug Zeit, um heraus zu finden, wer Senator Tod war. Aber wo sollte ich anfangen?
Ich schloss die Tür auf.
"Henry, wo zur Hölle warst du?", schrie mich meine Mutter an.
"Ich war.. ich war", sagte ich außer Atem. "Milo suchen"
"Und?", fragte sie.
"Hab ich ihn dabei?", gab ich giftig zurück.
Ich zog meine Jacke und meine Schuhe wieder aus und stapfte die Treppe hinauf.
Oben angelangt suchte ich in meiner Schublade nach den Notizen, von Senator Tos wirrem Geschwafel.
Ich fand sie ziemlich schnell.
Mal sehen. Donner, Tornado, an Todes Rotdorn, die Tonart des Rondos...
Vielleicht hatten diese Wörter alles etwas gleich.
Alle hatten ein Do und fast alle ein To. Ich zog eine Augenbraue hoch. Hatte das etwas zu bedeuten, aber was wenn dann?
Ich verschränkte meine Arme.
Vielleicht wenn man sie von hinten las? Rennod, Odanrot... Okay, dass war es zumindest schon mal nicht. Ich holte mein Handy heraus und googelte >Tonart des Rondo<
Das einzige was kam war etwas vom Klavier, aber als ich es mir durchgelesen hatte, war nichts darinnen was mich weiter hätte bringen können.
Wenn alle fast dieselben Buchstaben hatten.. Ich kniff die Augen zusammen un dachte nach.
Ich schlug sie wieder auf. Anagramme! Es war doch so leicht! Warum war mir das nicht früher eingefallen?
Ich suchte sofort mit dem Handy nach einer Anagramm Löser Maschine und gab >Tonart des Rondo< ein.
Und da war es: Dr. Otto Anderson.
Ein Dr.?
Kurz überlegte ich. War mir der Name bekannt? Nein, auf keinen Fall. Ich kannte fast niemanden mit einem Doktortitel.
Ich suchte also im Internet nach ihm. Und schon spukte Wikipedia alles über ihn heraus. Er war Psychologe in der Schweiz... In Surry? Und den Kliniknamen hatte ich auch schon mal gehört...
Ich brauchte nicht lange zu überlegen wo: Anabel ging in diese Psychiatrie.
Ich hob den Kopf. Also hatte Anabel ihn doch auf uns gesetzt. Ihren eigenen Psychologen.
Doch wenn Senator.. äh.. Dr. Otto Anderson in der Schweiz war konnte er nicht der Einbrecher sein.
Verdammt! Wer war dieser Irre?
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Hey
Hier ist das nächste Kapitel.  :) Ich hoffe euch hat es gefallen.
So da ich einigen versprochen habe, dass wieder etwas vom Einbrecher kommt: Bitteschön.
Schon gruselig, was der alles über Henry weiß. Mehr als Secrecy. Also was meint ihr? Wer ist der Typ und was will er von Henry?
Natürlich werden wir noch einiges über ihn hören, aber aufgeklärt wird es noch nicht. Ich kann euch sogar sagen, wann es aufgeklärt wird: Im vorletzten Kapitel ;) Aber vielleicht habt ihr bis dahin (oder vielleicht schon jetzt?) herausgefunden wer er ist.
Na ja, das war's also mal wieder von mir.

Silber das 2 buch der Träume aus Henrys SichtWo Geschichten leben. Entdecke jetzt