Probleme um Probleme

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Ein paar Stunden später war ich so müde, dass ich meinen Kopf mit den Händen stützen musste.
Ich hatte keine Minute mehr die Augen zu gemacht, nachdem ich entdeckt hatte, dass Senator tod in Wirklichkeit Dr. Otto Anderson war. Ich war mir hundert pro sicher, dass ich von diesem Namen noch nie etwas gehört hatte.
Doch ich hatte einiges über ihn herausgefunden: Er war Psychologe in einer Psychiatrie in der Schweiz, um genauer zu sein in Surrey. Damit konnte man leicht feststellen, dass er Aabels Psychologe war. Er war klein und etwas pummelig. Als Senator Tod sah er jedoch ganz anders aus, aber das hatte ja nichts zu bedeuten. Er schlüpfte eben gerne in andere Rollen.
Doch was hieß das jetzt? Dass Anabel ihn auf uns angesetzt hat? Oder war er von alleine, durch Erzählungen von Anabel, hierher gekommen?
Ich seufzte.
Als ob das mein einziges Problem wäre. Ich wusste ganz genau, dass ich mich damit nur ablenken wollte. Milo war immer noch verschwunden.
Ich hatte mittlerweile nicht nur Schuldgefühle, ich hatte unglaubliche Angst. Milo war bestimmt schon von einem Auto überfahren worden, oder er war zu seinem Supermarkt gegangen, sich dort Alkohol geklaut und saufte jetzt in irgendeiner Gasse.
Wieso konnte er kein ganz normales Kind sein? Eins, dass zu Hause saß und sich weigerte die Hausaufgaben zu machen und sonst keinen Ärger machte?
Nein, er musste natürlich mit 12 ein Alkoholiker werden. Was denn noch? Mit 17 Drogenabhängig?
Ich sah jetzt schon, wie die Polizei Milo festnahm.
Ich starrte auf meinen angebrannten Toast. Ich hatte überhaupt keinen Hunger.
Diese ganzen Probleme überhäuften mich. Ich konnte nicht mehr. Und wollte auch nicht mehr.
Obwohl ich um Milo Angst hatte, hatte ich vor etwas mindestens genauso Angst.
Dieser Einbrecher, er hatte mich gestern wieder aufgesucht und wollte mich anscheinend wirklich umbringen.
Und nicht nur mich. Er wollte, wenn ich nicht das tat was er wollte, Liv auch noch mit reinziehen.
Na ja, nach seinen Worten war sie schon mitten drinnen. Aber was zum Teufel meinte er damit? Und woher kannte er Liv? Was wollte er?
"Amy, zieh dich endlich an! Ich habe auch schon genug Probleme! Mach hinne!", riss mich die schreiende Stimme meiner Mutter aus den Gedanken.
"Ich kann aber nicht", erwiderte die gequälte Stimme meiner Schwester.
Ihr Zimmer war direkt über der Küche, weshalb ich das ganze wirklich live mitbekam.
Ich stand auf.
Mussten die ausgerechnet jetzt streiten? Verdammt, ich war so müde.
"Verdammt! Wieso solltest du nicht können?", schrie meine Mutter wieder, während ich die Tür aufmachte.
Ich lehnte mich gegen den Türrahmen und verschränkte die Arme.
Amy saß weinend auf ihrem Bett.
"Was ist denn hier los?", fragte ich. "Könnt ihr das nicht klären wenn ich weg bin?"
Erst jetzt bemerkten mich meine Mutter und Amy.
Amy rannte zu mir und umklammerte mich. Dabei hörte sie nicht auf zu weinen.
"Henry, du sollst dich nicht immer so bescheuert anschleichen!", sagte meine Mutter giftig.
Ich ignorierte ihr Kommentar.
"Warum weint sie?", erkundigte ich mich.
Meine Stimme war ganz müde und ich hatte das Gefühl, ich würde gleich einfach zusammenklappen.
"Mum schreit die ganze Zeit", jammerte Amy, die mich immer noch umklammerte.
Ich zog eine Augenbraue hoch.
Das war doch eigentlich Routine. Amy weinte bei den meisten Streiten nicht. Irgendetwas stimmte hier nicht.
"War doch klar das du gleich wieder losheulst!", fauchte meine Mutter. " Wisst ihr was? Ihr... ihr könnt mich alle mal!"
Mit diesem Satz verschwand sie nach unten.
Eine Minute später knallte die Haustür zu.
"Mum!", schrie ich noch.
Aber sie hörte mich nicht.
Hieß das jetzt, ich musste Amy wegbringen?
Das war doch ein schlechter Scherz!
Ich sah zu Amy herunter.
"Komm schon suchen wir was für dich zum anziehen", sagte ich.
"Ich kann aber nicht!", wiederholte meine kleine Schwester.
"Ich seufzte. "Warum denn?"
Amy zeigte auf ihr Knie.
Es war aufgeschürft und blutete ein wenig.
Auch das noch. Jetzt musste ich erstmal ein Pflaster finden.
Ich hob Amy nach oben und ging mit ihr ins Badezimmer.
In dem Schrank über dem Waschbecken befanden sich hunderte von Arzneimitteln. Salben, Verbände. Seit wann hatten wir denn da so einen riesen Vorrat?
Ah, da Pflaster.
"Nein", sagte Amy. "Die mit den Elefanten"
Ich lächelte.
Auch wenn sie manchmal etwas nervte, war sie trotzdem die süßeste Schwester aller Zeiten.
Als ich die Pflaster gefunden hatte setzte ich Amy ab und klebte es ihr über die Wunde.
"Wie hast du das eigentlich angestellt?", fragte ich währenddessen.
Amy zuckte nur mit den Achseln.
Ich nahm sie wieder an die Hand und begleitete sie in ihr Zimmer. Dort suchten wir ihr Sachen zum anziehen aus und für eine vier jährige war sie wirklich sehr anspruchsvoll.
Ich sah auf die Uhr.
Oh verdammt! Wir hatten nur noch 20 Minuten!
"Scheiße, scheiße, scheiße", murmelte ich.
"Sagt man nicht", ergänzte Amy.
Ich packte sie am Handgelenk, nahm ihre Tasche und stürmte mit ihr aus dem Zimmer.
"Aua"
"Entschuldigung", sagte ich schnell und zog meine Schuhe an."Ziehst du bitte deine Schuhe an?"
Amy nahm ihre Schuhe und schlüpfte hinein.
Oh verdammt, wo war meine Tasche?
Ich sah mich hektisch um.
Ich rannte in die Küche. Meine Tasche lag auf dem Stuhl.
Okay, und wie sollten wir rechtzeitig ankommen?
Laufen war viel zu lang. Das würden wir nie schaffen.
Ich öffnete die Haustür und sah nach draußen.
Meine Mutter hatte das Auto genommen.
Nein, nein, nein!
Ich sah hinter mir zu Amy, die fertig angezogen da stand und wartete.
Rennen konnte sie nicht. Vielleicht konnte ich mich ja krank melden?
In diesem Moment fuhr ein Auto vor.
Es war unsere alte Haushälterin. Sie hatte gekündigt, nachdem sie keine Lust mehr auf unsere nicht stubenreine Katze hatte.
„Mr Harper, was machen sie denn noch hier?", fragte sie mich.
„Mrs Hessel?", fragte ich verblüfft.
„Ich hole meinen letzten Gehalt. Wo ist denn ihre Mutter?", erkundigte sie sich.
„Sie ist nicht da", erwiderte ich knapp. „Hören Sie. Ich bin verdammt spät dran. Wenn sie Amy zum Kindergarten fahren zahle ich ihnen 70 Pfund drauf"
„Mr Harper ich habe selbst keine Zeit"
„Bitte", flehte ich.
Ich kannte Mrs Hessel lange genug, dass ich wusste, dass sie es nicht ablehnen würde.
„Na schön", sagte sie.
Ich lächelte dankend.
„Aber heute Abend will ich mein Gehalt", sagte sie.
„Versprochen".
Sie nahm Amy an die Hand und stieg wieder ins Auto.
Oh Gott, sie war wirklich eine Lebensretterin.
Ich zog die Tür hinter mir zu und stieg auf mein Fahrrad.

Wie durch ein Wunder schaffte ich es noch fünf Minuten vor Unterrichtsbeginn auf meinem Platz zu sitzen.
Erleichtert packte ich meine Sachen aus.
„Hey, Kumpel", begrüßte mich Grayson.
„Hi, Grayson"
Wir machten schnell unsere Begrüßung, dann ließ ich mich auf den Stuhl fallen.
Ich war immer noch ganz außer Atem.
„Du glaubst nicht was ich für einen Stress heute hatte", sagte Grayson mit einem Seitenblick zu seiner Stiefschwester die sich aufgebracht mit Emily unterhielt.
Sicher nicht schlimmer als meiner.
„Was ist passiert?", fragte ich.
„Ach, Florence hat wegen unserer Party voll am Rad gedreht. Sie hat gesagt, dass Liv nicht kommen darf und das obwohl sie im selben Haus wohnt", erklärte er.
Ich lachte auf. „Wirklich?"
„Ja", erwiderte Grayson.
„Und jetzt?", erkundigte ich mich.
„Ich weiß noch nicht genau. Wir haben uns gestritten, ich hab gesagt, dass sie meinetwegen eine einzelne Party schmeißen kann, weil ich Liv dabei haben will und bin wütend herausgestürmt", sagte er.
Nicht schlecht. Das hätte ich mich bei Florence nicht so einfach getraut, außerdem war Emily die beste Freundin von Florence und Graysons Freundin. Das würde bestimmt noch Ärger bringen.
„Schon das neueste von Secrecy gelesen?", fragte Grayson beiläufig.
Oh nein.
„Was hat sie jetzt schon wieder über Liv geschrieben?", fragte ich genervt.
Diese verdammte..
„Nichts", sagte Grayson.
Dabei sah er mir direkt in die Augen.
Ich runzelte die Stirn. Was sollte es mich dann interessieren?
Grayson zückte sein Handy.
Er hielt mir seinen Bildschirm hin.
Ich brauchte nur den ersten Satz zu lesen und sah wieder auf.
Secrecy hatte über Milo geschrieben. Er hatte vor Wochen eine Duftkerze gekauft und Secrecy hatte das jetzt erfahren. Das kam mir im Gegensatz zu der jetzigen Situation total harmlos vor.
Doch trotzdem. Woher bekam Secrecy immer solche Informationen?
Na toll, wenn Liv das las konnte ich mich sicher auf was gefasst machen.
Ich hatte damals gesagt, dass ich Milo von einem Freund abholen würde. Stattdessen war ich bei der Polizei gewesen. Das würde Ärger geben, da war ich mir sicher.
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Hallöschchen 
Hier ist mein neues Kapitel. Ein eher wieder mal normaleres Kapitel.
Ich hoffe natürlich euch hat es gefallen und ihr lasst es mich wie immer wissen und lasst ein paar Reviews da 

Ps: Nur noch drei Kapitel bis Bs Traum. Seit gespannt ;).

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⏰ Letzte Aktualisierung: Oct 26, 2021 ⏰

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Silber das 2 buch der Träume aus Henrys SichtWo Geschichten leben. Entdecke jetzt