Alte freunde

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Ich befand mich unten in der Küche. Alles was man hörte war das Ticken der Uhr. Der Klang störte mich nicht besonders. Er war das Einzige was ich hatte.
Ich stellte meine Tasse Kaffee ab und ging die Treppe hoch. Ein kurzer Blick in den Gang. Es war niemand mehr da. Nicht einmal mehr die Polizei, die vor wenigen Minuten Milo abgeführt hatte. Was mit meiner Mutter und Amy passiert war, wusste ich nicht. Es war eiskalt. Schon seit Monaten hatten wir die Rechnung für die Heizung nicht bezahlen können. Meine Mutter verdiente mit ihrem Job zu wenig und das Unterhalt von meinem Vater brauchte sie für Klamotten und Lebensmittel.
Ich öffnete Amys Zimmertür. Alles war leer geräumt. Vielleicht war sie mit meiner Mutter ausgezogen? Das konnten sie doch nicht machen. Ich war zwar fast schon 18, aber sie konnten mich nicht einfach zurück lassen, oder?
Obwohl ich sie auch verstehen konnte. Ich war ein schrecklicher Mensch. Wer wollte denn mit mir zusammen wohnen? Ich verstand die ganzen Mädchen nicht die mich anhimmelten. Na ja, sie mussten nur mal eine Woche mit mir zusammen wohnen dann würden sie auch sofort verschwinden.
Aber wieso hatte ich von dem Auszug nichts mitbekommen?
Mir war so eiskalt. Alles schien so leer. So real.
Ich öffnete eine von Amys Schubladen. Dort drinnen lag ein Fotoalbum. Ich öffnete es vorsichtig. Auf der ersten Seite stand mit großen Buchstaben "My Family". Ich blätterte um. Dort war ein Bild von Milo, Amy, meiner Mutter, und auch mir. Wir sahen glücklich aus, aber der Schein kann trügen. Und auf der nächsten Seite ging es auch schon los:
Meine Mutter die weinte, Milo der fünf Mal in der Woche bei dem Rektor der Schule stand, Amy die von dem Ganzen Streitereien meiner Eltern auch weinen musste und ich. Wie ich versuchte Milo, meine Mutter und Amy zu trösten.
Auf der nächsten Seite war nur noch ein dicker Totenkopf aufgedruckt. Ich blätterte schnell die Seiten durch. Überall nur diese Totenköpfe.
Das sollte wohl bedeuten, dass es danach nur noch Berg ab ging. Und da hatte Amys Fotoalbum nicht mal gelogen.
Ich schüttelte deprimiert den Kopf und schlug wieder die zweite Seite auf. Doch anstatt der vielen Fotos von meiner Familie war nur noch das von mir da. Wie immer war ich alleine.
Und jetzt stand auch nicht mehr auf der ersten Seite "My Family" sondern "No Family"
Ich klappte das Buch zu.
Ich wappnete mich für Tränen, doch diese kamen nicht. Ich saß stumm da. Wieder hatten sich alle meine Gefühle abgeschalten. Ich war wieder eine eiskalte Maschine, die nichts fühlte einfach alles passieren lässt.
Ich stand auf und ging wieder aus Amys Tür. Gegenüber von mir war meine Zimmertür. Oder vielmehr meine Traumtür.
Normalerweise hätte ich erleichtert aufgeatmet, doch dieses mal nicht. Es war immer das Selbe. In jedem meiner Träume war ich alleine, irgendetwas schlimmes war zuvor passiert und dann merkte ich, dass es nur ein Traum war. Doch ich wurde aus diesen Träumen nicht schlau. Ich wusste, dass man am meisten von den Dingen träumte, vor denen man Angst hatte. Und ich hatte auch Angst davor allein gelassen zu werden, aber diese hatte ich schon immer. Schon seit mein Vater meine Mutter verlassen hatte. Aber erst jetzt kamen diese Träume. Das musste doch eine Bedeutung haben. Nur welche?
Nein, darüber durfte ich mir jetzt keine Gedanken machen.
Ich öffnete die Tür mit einem Schwung und ging hinaus in den stillgelegenen Korridor.
Kurz starrte ich Livs grüne Tür an, die meiner wie immer gegenüber lag. Oh, ich hatte ganz vergessen meine Tür wieder abzuschließen. ich schloss das mittlere Schloss wie immer ab und machte mich dann auf die Suche nach Anabels Tür. Seit Tagen suchte ich schon nach ihr. Fand sie aber nicht. Ich hatte wirklich schon fast überall gesucht, doch wollte ich nicht aufgeben es ging immerhin um Livs Sicherheit.
Unbeabsichtigt dachte ich wieder an heute Mittag, als mein Handy geklingelt hatte und ein Polizeibeamter am anderen Ende war:
>Henry Harper<
>Guten Tag Mr Harper. Wir haben hier ihren Bruder Milo Harper sitzen. Ist das ihr Bruder?<
>Ja. Was ist los?<
> Ihr Bruder hat in einem Laden eine Duftkerze gestohlen, dabei haben wir ihn erwischt. Für Weiteres bitten wir sie zu der Polizei Wache zu kommen<
>Ja, natürlich ich komme sofort<
Ich hatte aufgelegt und gesagt, dass ich Milo von einem Freund abholen müsste. Ich wollte die Wahrheit weder vor Livs Familie und der Furie sagen, noch wollte ich sie damit noch mehr belasten. Sie hatte mit mir als Freund so oder so schon zu viel zu tun.
"Kann das nicht deine Mum machen?", fragte die Furie.
Ich warf ihr einen giftigen Blick zu. Ich hasste sie in diesem Moment schon so sehr und jetzt kam sie auch noch mit so einer blöden Frage. Ich war mir sicher, dass Grayson ihr eh schon von den Problemen meiner Mutter erzählt hatte. Da brauchte sie nicht auch noch so blöd zu tun.
Doch jetzt hatte ich ein total schlechtes Gewissen, dass ich Liv angelogen hatte. Aber hätte ich ihr so etwas sagen sollen?
Ich lief an einer kleinen Abzweigung vorbei, als ich plötzlich eine Stimme hörte.
"Henry"
Ich drehte mich um. Es war Arthur.
"Was willst du, Arthur?", fragte ich giftig.
Meine Wut auf ihn verging einfach nicht. Egal wie oft er mir sagte, dass es ihm leid täte.
"Ich möchte mit dir reden", antwortete er mir mit einen Blick links und rechts von mir.
"Ich rede nicht mit dir", gab ich zurück und wollte mich schon auf den Weg machen.
"Es geht um Liv", sagte Arthur.
Es war komisch, aber er hatte sofort meine Aufmerksamkeit.
"Was ist mit ihr?", fragte ich.
Arthur ging zu seiner Tür und öffnete sie. Er machte eine Geste in den Traum hinein.
Ich überlegte kurz. Arthur war ein guter Träumer, aber ich war um Meilen besser als er. Ich ging also in seinen Traum hinein und Arthur hinter mir her. Er schloss vorsichtig, langsam und sehr leise seine Tür, als wäre uns jemand auf den Fersen.
Wir waren in der Schulbibliothek. Arthur ließ sich auf einen der Stühle fallen und seufzte zufrieden.
Das war jetzt nicht sein Ernst.
"Raus mit der Sprache. Was ist los mit Liv?", fragte ich genervt.
"Sie ist dir gefolgt", sagte Arthur.
Ich sah ihn ungläubig an. "Was?"
"Ja, sie ist dir gefolgt", wiederholte Arthur.
Nein, das konnte gar nicht sein.
"So etwas würde Liv nie tun", verteidigte ich meine Freundin.
Ich hätte es vor Arthur nie zugegeben, doch ich hatte selbst Zweifel, ob sie so etwas nie tun würde.
"Ach wirklich? Denk mal nach, Henry. Wie hatte das ganze mit ihr angefangen? Sie war Grayson in seinen Traum gefolgt und ist dann in Dinge hineingeraten, die sie nichts angehen. Wobei sie sich raushalten hätte müssen. Hat sie aber nicht. Und genau das Selbe macht sie jetzt mit deiner Privatsphäre. Du denkst ihr passt gut zusammen richtig? Das Liv genauso neugierig ist wie du, stimmt's? Nein, Liv ist so mehr neugieriger. Zu neugierig. Willst du wirklich, dass sie sich in deine Probleme einmischt?", fragte er mich.
Er hatte recht. Sie war sehr neugierig und das war schon dumm, aber sie war meine Freundin. Es war doch natürlich, dass sie sich für meine Probleme interessierte.
Außerdem hatte sie sich noch nie in meine Probleme eingemischt.
Nein, Arthur wollte etwas ganz anderes. Er wollte mir nicht in meiner Beziehung helfen, nein.
"Du willst, dass ich mit ihr Schluss mache, oder?", fragte ich.
Arthurs Gesichtsausdruck veränderte sich schlagartig. Er sah ertappt aus.
Ich lachte auf. "Hör mir zu Arthur. Ja, ich mag dich nicht mehr wegen Liv, aber das ist nicht Livs Schuld. Das ist ganz allein deine Schuld!", zischte ich. "Und glaub mir du wirst mich nicht dazu bringen mit Liv Schluss zu machen."
Ich war wütend. Nicht nur auf Arthur. Sondern auch auf mich, weil ich ihm gefolgt war.
Arthur wurde auch wütend. "Na gut, du wirst schon sehen, dass sie zu neugierig ist. Dass sie sich in Dinge einmischt, die sie nichts angehen. Glaub mir du wirst dich noch an meine Worte erinnern!", sagte er wütend.
Ich lachte wieder. "Das werden wir ja sehen", sagte ich und machte die Tür auf.
Mit einem lauten Knall ließ ich sie zufallen.
Ich ging den Gang hinunter. Um nach Anabels Tür zu suchen. Ich hörte wie eine Tür auf und zu ging. Das war bestimmt wieder Arthur. Ich wollte das Gespräch einfach vergessen. Doch es ging nicht. Er lag richtig falsch. Liv würde mir doch nie heimlich folgen. Nein. Verdammt, warum war ich nur mit Arthur mit gegangen?
Ich suchte wieder in jedem einzelnen Korridor nach Anabels goldener Tür doch sie war nirgends.
Ich verzweifelte. Sie war nicht hier. Vielleicht war Anabel auch tot und ihre Tür einfach verschwunden?
Na ja, dass würde wenigstens etwas Sinn ergeben. Obwohl warum sollte Anabel tot sein?
Ich seufzte und machte mich weiter auf die endlose Suche.
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Hey 
Ich weiß, dass Kapitel ist etwas kürzer. Ich hoffe trotzdem, dass es euch gefallen hat und, dass ihr mir ein paar Reviews schreibt.

Silber das 2 buch der Träume aus Henrys SichtWo Geschichten leben. Entdecke jetzt