Abstand gewinnen

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Ich konnte nicht glauben was ich grade gesagt habe. "Okay, dann sind wir uns ja einig. Bis dann.", sagte der Typ auf der anderen Seite und legte daraufhin auf. Irgendwie fühlte ich mich schlecht. Mochte ich ihn etwa? Aber ich kenne ihn doch gar nicht. Ich weiß nichtmal wie er mit Vornamen heißt. Aber musste er mich so überrumpeln, nach diesem schönen Tag? Ich ging grübelnd ins Bad und machte mich langsam bettfertig. Mein Vater ist noch immer nicht zuhause aber er wird wohl mit seinen Kollegen ausgegangen sein. Ich ging ins Bett und dachte noch kurz über den morgigen Tag nach. Irgendwie war ich nervös.

Mein Wecker riss mich ungemütlich aus dem Schlaf. Ich hatte heute wirklich keine Lust auf die Schule. Trotzdem stieg ich widerwillig aus dem Bett und zog mich schonmal für die Schule um. Hoffentlich werde ich Oikawa heute nicht begegnen, dachte ich mir. Vielleicht schwänze ich sogar das Training. Aber ich kann das Team nach der kurzen Zeit auch nicht im Stich lassen - als ihre Managerin muss ich eben für sie da sein. Ich ging in das Bad um mich frisch zu machen und etwas aufzuhübschen, weil mir dies meistens das Selbstbewusstsein gibt, das mir heute einfach fehlte. Sogar der Fakt, dass ich meine Hausaufgaben vergessen hatte, ließ mich kalt. Ich ging raus ins Bad und in die Küche, um meinem Vater am Essenstisch zu begegnen. "Guten Morgen, Schätzchen! Wie war dein erster Tag?", fragte er neugierig. Ich verdrehte nur innerlich die Augen, weil gestern der schlimmste Tag meines Lebens war. "Ziemlich gut. Ich habe sogar schon einen Club und neue Freunde gefunden.", sagte ich trotzdem fröhlich. Ich möchte ihm einfach keine unnötigen Sorgen bereiten. Ich würde damit schon fertig werden.

"Ich freue mich wirklich für dich. Ich wusste doch, dass du sofort Anschluss finden würdest!", sagte er voller Freude und nahm einen Schluck von seinem Kaffee. Wenn er nur wüsste. Ich hoffte darauf mein Frühstück in Ruhe essen zu können - bis ich die Türklingel hörte. "Ich geh schon.", sagte ich während ich aufstand um zur Tür zu gehen. "Kunimi? Was machst du denn hier?", fragte ich überrascht. "Ich dachte wir gehen zusammen zur Schule.", sagte er mit einem Lächeln auf den Lippen. "Ach, du bist also einer von (Y/N)'s neuen Freunden!", sagte mein Vater, der plötzlich hinter mir auftauchte. "Ja, das bin ich. Ich heiße Kunimi. Nett sie kennenzulernen, Sir.", sagte er während er sich freundlich verbeugte. "Willst du auf eine Tasse Tee reinkommen?", fragte mein Dad gastfreundlich, während ich peinlich berührt daneben stand. "Danke für die Einladung, ein anderes Mal vielleicht. (Y/N)? Wir haben jetzt eine Teambesprechung. Willst du mitkommen?", fragte Kunimi dann doch eher in einem gehetzteren Ton. Ich nickte und schnappte meine Tasche. "Teambesprechung? Was bedeutet das?", fragte mein Vater. "Erklär ich dir später!", rief ich ihm hinterher, während ich die Tür langsam ins Schloss fielen ließ.

"Dein Dad scheint sehr nett zu sein. Was macht deine Mutter?", fragte Kunimi freundlich, als wir auf dem Weg zur Schule waren. Eigentlich war mir dieses Thema immer unangenehm, weil ich an die Umstände nicht gerne erinnert wurde aber war ja klar, dass er neugierig gewesen ist und daher musste ich ihm die Wahrheit erzählen, um zukünftige Missverständnisse zu vermeiden. "Sie ist gestorben als ich noch ein Kind war...", sagte ich leise und etwas betrübt. Bitte wechsel schnell das Thema!, dachte ich mir. "Achso, tut mir leid, dass ich gefragt habe. War sie krank oder so?", fragte er neugierig. Na toll. Er wechselt also nicht das Thema. Schon wieder eine Möglichkeit ehrlich zu sein. "Weißt du, ich rede da nicht so gerne drüber.", sagte ich ausweichend und hoffte, dass er den Wink verstehen würde. "Oh nein, tut mir leid. Ich war unsensibel und habe nicht nachgedacht.", sagte er nervös während er sich lächelnd an dem Hinterkopf kratzte. "Ist schon gut, mach dir keine Sorgen. Aber jetzt weißt du ja Bescheid.", sagte ich während wir schon fast am Tor angekommen waren. Wir hatten nicht mehr miteinander gesprochen und gingen lautlos zur Sporthalle, aus der man Stimmen hören konnte. Als wir die Halle betraten, war Oikawa der erste der mir ins Auge stach. Sofort schaute ich wieder weg und versuchte nicht rot zu werden. Was? Warum sollte ich das verhindern wollen? Da gibt es ja auch nichts zum rot werden. Was ist denn nur los mit dir? Vielleicht werde ich ja auch krank. Besorgt legte ich meine Hand auf meine Stirn nur um zu bemerken, dass sie nicht heiß und ich anscheinend gesund war. Ich legte meine Tasche auf der Bank ab und wartete ruhig, während die anderen Mitglieder es nicht lassen konnten und eine Runde spielten.  Vor Schulbeginn wurde eigentlich nicht trainiert, das wurde alles auf den Nachmittag verlegt. Nach kurzer Zeit füllte sich die Halle mit den anderen Spielern und dem Trainer, der sich neben mich stellte und alle zusammenrief.

"Hört mir mal bitte alle kurz zu! Seid leise verdammt nochmal!", sagte er während ich innerlich Angst bekam. Da scheint wohl jemand mit dem falschen Bein aufgestanden zu sein. "Ich weiß, dass es für (Y/N) eine neue Situation sein wird aber ich habe uns tatsächlich ein Trainingscamp mit der Karasuno Oberschule auftreiben können! Ich hoffe ihr schätzt meine Bemühungen und blamiert mich nicht vor der anderen Schule, sonst setzt es was und das wird euch nicht gefallen.", sagte er erneut in einem strengen Ton. Noch könnte ich abhauen und mir einen neuen Club auftreiben, in dem etwas harmonischer miteinander umgegangen wird. Die sind doch alle durchgeknallt hier. Wie auch immer. Er gab uns weitere Details über den Verlauf. Es soll nächste Woche schon losgehen und von Montag bis Freitag stattfinden. Wir werden sogar in einer Herberge schlafen, wie auf einer richtigen Klassenfahrt früher in Deutschland. Der Unterschied bestand darin, dass rund um die Uhr Volleyball gespielt wird und ich noch mehr fremde Leute kennenlernen werde. Ich wurde nervös bei dem Gedanken von dutzenden Jungs umgeben zu sein und spürte wie mir flau im Magen wurde. Ich muss das aber unterdrücken, mir nichts anmerken lassen und weiterhin mein bestes geben. Wenigstens das Team schien sehr aufgeregt zu sein und sich über den Ausflug zu freuen. Hoffentlich haben die von der Karasuno auch eine nette Managerin, mit der ich mich unterhalten kann, um mich nicht komplett alleine zu fühlen.

"Das war dann erstmal alles! Wir sehen uns nach dem Unterricht hier wieder! (Y/N) und Oikawa? Darf ich nochmal mit euch reden?", sprach er direkt mich und ihn an. Warum nur? Okay, (Y/N)... Bleib einfach ganz ruhig, denke nicht an das Gespräch am Telefon und lass dir nichts anmerken. "Was gibt es denn Trainer?", fragten wir beide fast gleichzeitig. "Oikawa, dies ist (Y/N) erstes Trainingscamp. Könntest du bitte während des Trips etwas auf sie aufpassen und sie vielleicht vorher unterweisen - ihr erzählen, was für Aufgaben auf sie zukommen und worauf sie den größten Wert legen muss? Du weißt doch bestimmt was ich meine.", sagte er so daher und hoffte, dass Oikawa nicht zicken würde. Da sind wir schonmal zwei. "Natürlich! Nichts einfacher als das!", sagte er, offensichtlich, gespielt freundlich mit einem Lächeln auf den Lippen und schaute mir dabei auch kurz in die Augen um mir zu signalisieren, dass ich besser keinen Einspruch einlegen sollte. Ich fand diese Situation genauso lästig wie er aber man sollte mit diesem Trainer besser nicht diskutieren und machen was er sagt. "Ich freue mich schon darauf!", sagte auch ich mit einem Lächeln auf den Lippen, während ich verbeugte, meine Tasche packte und schnell die Halle verließ. Ich will jetzt wirklich nicht in Oikawas Nähe sein. Er blieb hinter mir zurück und als ich mich kurz umdrehte, war er auch nicht mehr zu sehen. Ich machte mich auf den Weg zu meinem Klassenraum und setzte mich in Gedanken auf meinen Platz, während mich jemand von der Seite ansprach. "Das mit dem Trainingscamp wird bestimmt total cool! Freust du dich auch schon?", fragte mich Kunimi euphorisch. Gute Frage. Freue ich mich? Auf der einen Seite tu ich das, ja, aber auf der anderen Seite habe ich auch Angst vor dem, was passieren wird. Irgendwie habe ich ein komisches Gefühl, aber ich kann es nicht genau deuten. Ist es ein gutes oder schlechtes Gefühl?  Ich nickte nur und schaute gedankenverloren aus dem Fenster. Irgendwie geht mir dieser Spinner Oikawa nicht aus dem Kopf. Warum ist er mir so wichtig? Warum möchte ich seine Aufmerksamkeit? Warum möchte ich mit ihm befreundet sein? Warum behandelt er nur mich so?

Kiss but don't tell | Oikawa x ReaderWo Geschichten leben. Entdecke jetzt