Gespräche

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Die erste Expedition, an der Hanna teilnahm war hart. Soldaten, deren Namen sie gerade erst gelernt hatte, starben und der Rest der übrig blieb, schwieg in tiefer Trauer als man wieder im Hauptquartier eintraf. Hanna selbst, war von den vielen Eindrücken überwältigt und geschockt. Die Welt außerhalb der Mauern, die Titanen und die tapferen Soldaten, vor allem Levi, wie sie durch die Lüfte flogen und nebenbei Titanen abschlachteten. Hanna schaffte sogar einen Titan alleine zu töten, bevor er ein junges Mädchen zerfetzen konnte. Zwei andere Titanen kamen durch ihre Mithilfe zu Fall. Das hier war eine andere Welt als ihre. Hier ging es nicht um ihre normalen Attentats-Ziele, das waren Monster! Während die Leichen begraben wurden und die versammelten Soldaten trauernd vor den frischen Gräbern standen, sah sich Hanna von der letzten Reihe her um. Ihre Gesichter zeigten fast alle Resignation und Trauer. Wer war nur so verrückt und war wirklich freiwillig hier?
Plötzlich trafen sich Hannas Augen mit Levis. Tch... ich hasse es wenn sie merkt, dass ich sie anstarre, dachte Levi und hoffte, dass sie immer noch dachte, dass er sie nur beobachtete wegen fehlendem Vertrauen. Sie hatte heute gut gekämpft, besser als so mancher Veteran, überlegte Levi, während Hanna ihn weiter zurück anstarrte. Immerhin war ihr Blick in der Zwischenzeit etwas weicher geworden. Sie scheint ihre raue Schale abgelegt zu haben, war Levis letzter Gedanke als er sich zwang wegzublicken.
Etwas peinlich berührt, dass sie länger gestarrt hatte, blickte auch Hanna wieder auf die Gräber. Vertraut er mir jetzt endlich? Es reicht schon, wenn mich alle anderen meiden und hinter meinem Rücken flüstern. Hanna war es nicht gewohnt, keine Gesellschaft zu haben. Im Untergrund war sie das nette hübsche Mädchen, mit dem man gerne Zeit verbrachte. Hier war sie die Killerin. Auch wenn es nie offiziell gesagt wurde, sie wussten alle Bescheid.
Die Trauerzeremonie war vorbei, langsam bewegten sich die Soldaten von den Gräbern weg.
„Du bist ... Hanna...nicht wahr?", kam es etwas leise von hinten.
Hanna drehte sich um und erkannte das Mädchen, dass sie vor dem Titanen gerettet hatte.
„Ja... Hanna Last", antwortete Hanna etwas überrascht.
„Ich wollte dir noch danke sagen. Du hast mir das Leben gerettet", man merkte in der Stimme der Soldatin, dass sie Angst vor Hanna hatte – immer noch.
„Ja... das", komm schon Hanna, du kriegst das hin, sagte eine leise Stimme in Hannas Kopf. Du bist doch eigentlich selbst ganz nett, sie hat dich immerhin angesprochen, sei nett zu ihr.
„Ja, das hab ich gerne gemacht", sagte Hanna in einen etwas freundlicherem Ton.
„Wie heißt du?"
„Mia Freudberg. Du kannst mich Mia nennen", sagte sie schüchtern.
Stille entstand. Sie gingen still nebeneinander weiter, den anderen Soldaten hinterher.
„Wie lange bist du schon hier", suchte Hanna das Gespräch weiter.
„Seit zwei Jahren. Du bist... du bist erst seit Kurzem hier, nicht wahr?", fragte Mia zögerlich und man hörte in ihrem Unterton: sie wusste alles.
„Es stimmt alles", kam ihr Hanna zurvor.
„Wie..? Aber ich hab doch gar nicht.."
„Nicht nötig", winkte Hanna lächelnd ab. Ihr erstes Lächeln seit sie im Aufklärungstrupp war.
„Ich kann die Menschen gut lesen. Die meisten sind so... einfach. Außer...", murmelte Hanna im ihr letztes Wort und ihr Blick schweifte vor zu Levi, der neben Erwin ging.
Mia folgte Hannas Blick.
„Captain Levi? Oh ja... er hat eigentlich nur eine Grundstimmung und die ist Wut. Oft auch noch gelangweilt. Den kann sogar ich lesen", lachte Mia etwas leise. Die wohl das letzte Murmeln von Hanna nicht gehört hatte.
„Wut also mh?", fragte Hanna zweifelnd und empfand irgendwie Sympathie für die einfältige Mia.
Dieser Ackermann war definitiv komplexer, dachte sich Hanna.
Weiter vorne hatte Levi gemerkt, dass Hanna sich mit Soldatin Freudberg unterhielt, ärgerte sich allerdings, dass er nicht hören konnte, um was es ging. Sie soll heute eines ihrer Messer wiederbekommen, dachte sich Levi also die Soldaten sich, angekommen im Hauptquartier, verteilten.
Mia und Hanna unterhielten sich immer noch als sie eintrafen und vor dem wartenden Levi stopp machten.
„Captain Levi", kam es erschrocken von Mia, die ihn gar nicht gesehen hatte. Hanna hatte schon gemerkt, dass er auf sie warten würde und schaute ihn nur herausfordernd an.
„Last, in mein Büro. Jetzt."
Schon hatte er sich umgedreht und marschierte Richtung Eingang. Mit großen Augen blickte Mia Hanna an.
„Meinst du, er hat was gehört?!", flüsterte Mia panisch.
„Ach was... und wenn schon", raunte Hanna zurück und lies Mia ängstlich im Hof zurück.
Levi öffnete seine Bürotür und hielt sie für Hanna offen und schloss sie hinter ihr. Überrascht über so viel Manieren trat Hanna ein. Levi selbst bereute es sofort wieder. Du benimmst dich wie ein Trottel, fluchte er zu sich selbst.
„Setz dich."
Hanna setzte sich auf die kleine Couch, die an der Wand stand, statt sich direkt vor ihn zu setzen.
„Ich will nicht schon wieder verhört werden", argumentierte sie, als sie Levis fragenden Blick sah.
„Dein Benehmen deinem Vorgesetzten gegenüber ist nicht akzeptabel. Dabei dachte ich..." so Levi der aus einem verschlossenen Schrank eine Kiste holte, sie öffnete und den Inhalt vor Hannas Augen präsentierte, „... du willst deine Messer wieder".
Hanna keuchte erstaunt und wahr tatsächlich sprachlos.
„Aber wenn du nicht endlich lernst, dich respektvoll zu verhalten..."
Levi schloss die Kiste wieder, statt den Satz zu beenden.
„Nein, Verzeihung. Levi.. Captain Levi!", so Hanna reuevoll.
„Ich dachte nur, ich gehöre nun wirklich dazu. Ich habe gekämpft und zwar ohne mit der Wimper zu zucken. Ich habe für den Aufklärungstrupp gekämpft. Du hast es doch gesehen.. Levi", bei seinem Namen blickte sie ihm in die Augen. Hanna meinte jedes Wort, was sie gesagt hatte und hoffte Levi merkte dies.
„Tch"
Hannas Blick sank nieder. Wieso suche ich so verzweifelt nach Anerkennung bei ihm? Ich kann hier auch ohne ihn überleben, kämpften Hannas Gedanken in ihrem Kopf. Sie war wütend und enttäuscht und merkte auf einmal, dass sich Levi neben sie gesetzt hatte.
Wieder wanderte ihr Blick zu seinen Augen, diesen stahlgrauen Augen. Locker lehnte sich Levi zurück, legte einen seiner Füße auf dem Oberschenkel das anderen Beins ab und platzierte seinen ausgestreckten Arm hinter ihrem Nacken.
„Bevor du deine Messer bekommst, oder zumindest eins nach dem anderen, wirst du dich erst noch etwas mit mir unterhalten."
„Also doch wieder ein Verhör", Hanna runzelte die Stirn. Was soll ich denn noch machen, um dein Vertrauen zu bekommen, du Arsch!, dachte sie.
„Nein... dieses Gespräch...wird wohl eher von privater Natur sein..."

To Kill or to LoveWo Geschichten leben. Entdecke jetzt