18. Kapitel: Stufen

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Mir fiel auf einmal ein das es bis zu der bevorstehenden Weihnachtsfeier für alle Mitglieder des Slugh-Clubs nicht mehr lange war und ich mir noch überhaupt keine Gedanken gemacht hatte, was ich tragen sollte.
Die Einladung hatte ich vor einigen Wochen durch Ross erhalten, er ging mir aus dem Weg, seit unserer Konfrontation vor ein paar Tagen, hatte er sich nicht mehr in meinem Umfeld blicken lassen.
Ich fragte mich ob er selbst etwas damit zu tun hatte, ob er mich mied, mir absichtlich aus dem Weg ging, doch außer darüber zu grübeln, blieb mir nichts anderes übrig.
Die Tage wurden zunehmend kälter und auch mein Konzentrationsbewusstsein scheiterte an einfachen Aufgaben.
Seit Ewigkeiten wie mir schien hatte ich kein Buch mehr zu Hand genommen, wohl wissend das ein ganz bestimmtes hinter Riegel in der Schublade meines Nachtisches versteckt lag.
Seit dem es dort war, fand ich immer weniger Schlaf und Ruhe.
Niemand wusste das ich es besaß, nicht einmal Dumbledore.
Ich hatte es ihm verschwiegen, was auch auf meinen Nerven lastete.
Gott sei Dank, war er über die Weihnachtsferien fort gefahren, wohin wusste ich nicht, er hatte mir nicht mehr als eine kurze Nachricht hinterlassen.
Und nun war ich allein.
Es war so kalt draußen geworden, das selbst in der großen Eingangshalle, die tagsüber in den Pausen von Schülern nur so wimmelte, jeglicher Atem in der Luft sich in eine kleine Dampfwolke verwandelte.
Es sträubt sich alles in mir hinaus zu gehen, der Winter war rau und vergönnte uns nicht als einen zugefrorenen See und spiegelglatte gefährliche vereiste Stellen auf dem Weg hinunter ins Dorf, zu den Tribünen, und den Gewächshäusern. Erste beiden hatte ich noch nicht besichtigt, mir lag nichts an Mannschaftssport und vor allem nicht draußen in der Kälte frierend zuzusehen wie sich einige Jungs mit Bällen und Schlägern attakierten.
Ich atmete leise auf als ich spürte wie mich die Wärme des Laden umhüllte und die eisige Luft aus meiner Kleidung vertrieb.
All zu lange wollte ich mich aber auch nicht hier drinnen aufhalten, denn den Weg musste ich so oder so wieder zurück, außerdem warteten noch einige Schulaufgaben auf mich.
Ich musste sie jetzt erledigen, wenn ich mir einmal einen Abend frei nehmen wollte, nicht das es so viele waren, aber ich nahm mir wenn ich es einrichten konnte germ Zeit und teilte mir genau ein wann ich mich mit welcher Aufgabe beschäftigte.
Da ich sonst nie etwas vor hätte, außer das Grübeln und den letzten nächtlichen Ausflug durch die Flure, hatte dieses System sehr gut funktioniert.
Ich sah mich ein wenig ratlos um, gefangen zwischen knalligen Farben und Tüll fühlte ich mich nicht sehr wohl.
Die Uniform die jahrelang das einzige gewesen war was ich getragen hatte, war so schlicht gehalten das es unmöglich schien sie als eine gewisse Mode zu beschreiben.
Die neue Hogwartsuniform war bequemer und durch die grün-silberne Krawatte etwas besonderer, aber jetzt galt es etwas festliches zu wählen, keine Uniform oder Umstandskleidung.
Ich besaß nie wirklich etwas anderes.
Zu meinem Glück kümmere sich bald eine Verkäuferin um mich, ich bewunderte ihre Art zu wissen was einem passte und dazu noch gut stand ohne viel mir einem gesprochen zu haben.
Sie war nicht unfreundlich und es schien als würde ihr ihre Berufung Spaß bereiten, in ihrer Gegenwart fühlte ich mich wohler, so dass ich beinahe vergas aus welchem Anlass ich ein Kleid suchte.
Sie wählte schließlich erst ein blaues, dann ein grünes und zuletzt ein schwarzes für mich aus.
Ich wählte das letzte, da der Stoff sehr angenehm an meiner Haut lag und es eine mir bekannte Farbe war, in der ich mich nicht allzu verloren fühlte.
Ich bezahlte mit dem Geld das ich aus dem Waisenhaus mitgenommen hatte, ich hatte es in einer kleinen Schatulle aufbewahrt, die ich unter meinem Bett verwahrt hatte.
Sie war voller Muggelgeld gewesen, einige Münzen aber hauptsächlich zerknitterte Scheine.
Ich hatte es im letzten Sommer zusammengespart, dort hatte ich in einem Laden ausgeholfen, es war anstrengende Arbeit, aber sie half mir ein wenig aus dem Haus raus zu kommen.
Im Sommer war es besonders beengend, die Tage zogen sich wie Gummi und uns war es nicht erlaubt unsere Uniform abzulegen.
Aus kostengründen hatten wir ein und die selbe für das ganze Jahr.
Im Winter bekamen wir noch einen grauen Mantel dazu, sowie Mützen und Handschuhe, das lag an der Menge der Kinder, die raus gingen. Im Haus gab es andere Wege sich warm zu halten, wir rannten die Treppen hinauf und hinunter. Vom Keller bis zum Dachboden waren es sechzig Stufen, pro Stockwerk fünfzehn. manche Zahlen brennen sich in dein Gedächtnis und du verbindest sie automatisch mit einem bestimmten Gefühl oder Anblick.
Bei mir war es die Tür zum Boden, war man ganz oben angelangt, versperrte sie einem den Weg, groß und dunkel, man malte sich in Sekunden aus was wohl hinter ihr steckte. Was geschehen würde wenn dieses etwas die Barriere überwandt, hinaus über die Schwelle trat und einem entgegen kam. Doch dann geschah nichts, außer das man seinen eigenen Atem hören und den schnellen, dumpfen Schlag seines Herzens in den Ohren hatte.
Man drehte sich um und lief die sechzig Stufen wieder hinunter, nur um sie dann wieder hinauf zu laufen und das selbe zu durchleben.
Das tat man, bis man keinen Schritt mehr tun konnte.
Dann saß man zitternd, wie ein müder Hund hechelnd auf der letzten Stufe und spürte wie die Erschöpfung die oberhand über die Kälte gewann.
Dann schlich man sich ins Bett und wen man Glück hatte schlief man sofort ein, wenn nicht bis man die Zähne zusammen, das ihr klappern einen nicht beim Schlaf suchen störte.
Die Nächte waren im Winter die schlimmsten, im Sommer waren sie das schönste.
Mit geöffneten Fenstern, dem leisen Zirpen der Grillen im Ohr, und dem abendlichen, lauen Duft der Blumen und Bäume in der Nase friedlich einzuschlummern, war eine Seligkeit die uns nur der Sommer bot.
Dieses besondere Wohlgefühl konnte mir selbst Hogwarts nicht mit seinen warmen Kaminfeuern und weichen Federbetten vermitteln.
Dennoch war ich dankbar für die Winternächte, die ich hinter den festen Mauern des Schlosses und seinen vollkommenen Räumen verbringen durfte.
Vor allem nachdem ich an diesem Tag dorthin zurück gelangte, meine Besorgung erledigt, ruhig einschlief, jedoch nicht ohne das mich seltsame Träume von Treppenabsätzen verfolgten, auf dem einen stand Dumbledore und predigte aus einem in schwarzes Leder gebundenes Tagebuch auf mich ein, auf einem anderen saß Tom Riddle, er starrte mich nur an und bald verformen sich seine Gesichtszüge zu einer schrecklichen Grimasse, vor der mir selbst nach dem aufwachen noch graute.

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