So einfach und leicht schwang Layla sich durch das offenstehende Fenster ihres damaligen Kinderzimmers. Der Weg von der Stadt ins praktische Nichts war länger gewesen, als sie es in Erinnerung gehabt hatte. Aber es würde sich hoffentlich lohnen.

Erschrocken, aber nicht unbedingt überrascht muss sie feststellen ihr altes Zimmer hatte sich in ein pinkes Teezimmer verwandelt. Ihre Mutter hatte schon immer einen grauenhaften Geschmack gehabt, sowohl in Tee als auch im Einrichten.

Das große Haus war dunkel bis auf die Flurlichter, die immer an waren. Stromfresser. Unnötig.

Layla lief sicher, in dem was sie tat, den langen Flur entlang bis sie am Ende auf das Schlafzimmer ihrer Eltern traf. Sie schlich wie in ihrem Traum an das Bettkästchen ihrer Mutter. Das Empfängerbuch abgelegt, warf Layla einen kurzen Blick auf ihre Eltern.

Ihr Vater schlief mit dem Rücken zu ihrer Mutter und schnarchte, wie früher. Ihre Mutter schlief mit Schlafmaske und Lockenwicklern im Haar. Hässlich. Layla konnte nicht anders als auf ihre Mutter zu spucken. Als ihre Mutter sich darauf von ihr wegdrehte kam kurz die Angst in ihr hoch. Würde ihre Mutter jetzt aufwachen würde Layla eine saubere Ohrfeige kassieren. Oder noch Schlimmeres. Aber soweit würde es nie kommen.

Layla hatte nämlich die scharfe Klinge in ihrer Tasche und würde nicht zurück schrecken sie zu benutzen. Wie konnte Layla nur so denken?

Mit einem guten Gefühl und praktisch Betäubt von dem ganzen Adrenalin ging sie anschließend in das Zimmer ihrer Schwester. Diese schlief, wie in Laylas Traum, seelenruhig.

Layla strich ihrer kleinen Schwester ein paar Strähnen aus dem zart schlafenden Gesicht. ,,Du bist so groß und wunderschön geworden. Bald hole ich dich zu mir. Geb mir noch ein bisschen Zeit. Ich bitte dich. Ich hab dich lieb." Als sie sich zum gehen bewegen wollte fielen ihre Augen auf den Schreibtisch von Pauline. In einer halboffenen unscheinbaren Schublade war ein Briefumschlag zu erkennen und ohne lang zu überlegen nahm Layla ihn mit.

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Zuhause angekommen versteckte sie das Buch und den Mantel gut. Die Klinge befand sich wieder im Umschlag des Buches. Sie zog sich wieder Nicolais T-Shirt an, schlüpft zu ihm ins Bett und schmiegte sich zufrieden an ihn.

Sie hatte es wirklich geschafft. Ihr Plan war ohne Komplikationen aufgegangen.

,,Wo warst du? Es war so kalt hier.", murmelte Nicolai im Schlaf.

,,Nur auf dem Klo, Schatz. Ich bin ja jetzt da. Ich bin ja jetzt da."

Und obwohl es langsam hell wurde schlief Layla bis kurz vorm Mittagessen an Nicolais Seite.

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Als Pauline aufwachte und sich in ihrem gewohnten Zimmer umsah erkannte sie gleich, etwas war anders. Etwas fehlte. Oder eher jemand fehlte.

Ihre Schwester. Ihre Schwester die jetzt schon seit einem halben Jahr von Zuhause weggelaufen war. Pauline konnte nicht sagen sie hatte nicht auch darüber nachgedacht wegzulaufen, doch sie war jetzt 15. Hieß von ihr wurde verlangt das sie sich erwachsen und nicht kindisch verhielt. Ihre Mutter redete den ganzen Tag davon wie kindisch das Verhalten ihrer älteren Schwester doch gewesen war und das sie Pauline nicht gehen lassen würde.

Pauline hatte immer eine etwas bessere Bindung zu ihrer Mutter gehabt als Layla, aber nur weil sie nicht gegen ihre Mutter aufstand und immer stumm blieb. Leise, aber aufmerksam. Deswegen hatte Pauline natürlich mitbekommen, dass Layla vor gut 2 Monaten einen Brief an sie geschrieben hatte. Ihre Mutter hatte verhindern wollen, dass Pauline ihn empfängt aber sie fand ihn trotzdem eines Tages im Büro ihrer Mutter.

Layla hatte Pauline nicht vergessen gehabt und sie wollte sie zu sich holen. Die jüngere Schwester hatte sich wahnsinnig gefreut als sie das las, doch wusste sie könnte ihre Mutter nie so stehen lassen. Pauline brachte Verständnis für die Verbitterung ihrer Schwester auf, aber war immer überzeugt gewesen es wäre besser für Alle wenn es so bleiben würde wie es jetzt zu sein schien.

Doch an diesem Sonntagmorgen war etwas anders. Ihre Aufmerksamkeit und Gewohnheit fiel auf etwas ungewohntes. Etwas sehr ungewohntes.

Sie bildete sich ein ihre Schwester riechen zu können. Vanille, Sonne, Strand. So roch ihre Schwester und es roch praktisch genauso in ihrem Zimmer. Doch eine ungewohnte Note hing noch in der Luft. Rauch. Wie von Zigaretten. Ihre Schwester würde niemals rauchen, oder?

Als Pauline auf den Schreibtisch schaute war sie sich schließlich zu 100% sicher, ihre Schwester war da gewesen. Weil der Brief fehlte, denn sie auf irgendeine Weise ihrer Schwester zukommen lassen wollte, doch nie dazu gekommen war. Sie war irgendwie beruhigt da sie jetzt wusste was anders war. Zugleich auch unerwartet aufgeregt.

Doch so wie sie ihre Schwester kannte würde diese niemals in diesen Ort zurückkehren ohne einen sehr wichtigen Grund.

Was dieser Grund gewesen war würde Pauline viel zu bald herausfinden.

dark Revenge with sweet consequencesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt