Wind wehte durch ihre Haare.

Sie saß auf dem Dach und sah den Wolken zu, wie sie vorbei zogen. Die Vögel, die langsam aus dem Süden zurück kamen, sammelten sich auf den Strommasten und unterhielten sich laut. Dazu schien die Stadt langsam aus ihrem Winterschlaf zu erwachen und die Autos fuhren. Sie fuhren vorbei, genauso wie die Zeit.

Ein Jahr. Genau ein Jahr.

Und was hatte sich verändert?

Alles.

Und doch so wenig.

Sie war traurig, obwohl ihr Leben so toll schien. Sie hatte so viele Zweifel, weil sie nicht die perfekte Freundin für Nicolai sein konnte, weil sie viel zu lange nicht für Pauline da gewesen war und weil sie innerlich immer noch so kaputt war. Kaputt weil sie unter den Narben ihrer Vergangenheit litt. Sie dachte durch die Rache an ihren Eltern würde es einfacher werden, doch es war genauso wie davor.

Das was ihr ihre Mutter genommen hatte konnte niemand ersetzten. Nicht einmal die Rache. Denn sobald ein Menschenleben erloschen war gab es keinen Weg es wieder zu sich zu holen. Layla hatte ein Leben in sich verloren und sie konnte nichts dagegen ändern. Wieso nicht? Das Ganze war so beschissen unfair.

Aber Leben war eben genau das. Beschissen unfair. Das verstand Layla von Jetzt an.

Wäre es fair das Leben einer anderen lebenden Person genauso zu bestrafen, vielleicht.

Wäre es fair ein Leben lang unter den Taten einer anderen lebenden Person zu leiden, nein.

War es also in Ordnung ein Leben zu nehmen?

Layla beendete das Grübeln und beschloss das zu tun was ihr am wenigsten als Möglichkeit schien.

Ihre Mutter zu besuchen und sich auszusprechen.

Vielleicht gab es ja einen anderen Grund, dass ihre Mutter vor einem Jahr so entschieden hatte.

Sie legte, ohne ein Wort ins Schreiberbuch geschrieben zu haben, es wieder in das Versteck im Schornstein und ging in ihr Zimmer.

Nicolai musste heute die Spätschicht machen und war deswegen noch lange nicht Zuhause.

In einem langen Schwarzen Kleid und dem Umhang schwing sie sich durchs Fenster in die Dämmerung. Sie würde laufen und wusste bis sie das Manor antreffen würde wäre es schon längst Dunkel. Aber egal, das würde es sicherlich wert sein.

Sie wählte den Weg durch den Wald. Dort hatte sie immer nachdenken können wenn sie von ihrem Elternhaus raus musste.

Es war ein schöner nebliger Abend und sie genoss die Abendluft. Vielleicht ein wenig frisch, aber genau richtig zum Nachdenken.

Was würde sie sagen wenn sie vor der Tür ihrer Eltern stehen würde?

Wie würden Laylas Eltern mit ihr umgehen?

Würden sie sie herzlich empfangen, so wie sie es sich immer gewünscht hatte?

Jetzt war ihr eiskalt. Sie wusste das würde niemals so eintreffen. Zitternd bahnte sie sich den Weg auf dem verwachsenen Pfad. Sie blieb mit ihrem Kleid an einem Dornenbusch hängen und schneller als Layla reagieren konnte hatte sie sich schon ihr Bein an den messerscharfen Dornen aufgeschlitzt. Das Blut vermischte sich mit ihrem pechschwarzen Kleid und lief an ihrem Fuß herunter. Layla lief einfach weiter, verdrängte den Schmerz und blickte nur nach vorn. Doch irgendwie wanderten ihre Gedanken doch wieder zurück in die Vergangenheit.

Sie lag jede Nacht lange wach im Bett und starrte die Decke an.

Manchmal sah sie keinen Sinn in dem was sie tat und fühlte. Sie kam sich einfach nur nutzlos vor. In anderen Nächten weinte sie sich in den Schlaf. Das Alles war keine gute Mische auf ihre Psyche. Aber Layla hatte schon schlimmeres durchgestanden. Oder?

Sie fand sich seltsam oft in der Nacht über den Moment im Buchladen nachdenken. Der Moment als sie die magisch dunklen Bücher das erste Mal in den Händen hielt. Genauso oft träumte sie von der Vollmondnacht und der Besiedelung. Nicolai war wegen ihrer Albträume und ihrer Schlaflosigkeit wieder in sein altes Zimmer gezogen und machte generell einen kleinen Bogen um sie. Er verstand, sie war in ihren Gedanken und mochte es nicht gestört zu werden. Doch Layla wünschte sich momentan nichts anderes als mit ihm darüber zu reden und in seinen Armen einzuschlafen. Ihm von den Büchern zu erzählen. Von Allem.

Sie kam aus dem Wald, überquerte die Straße, auf der sie noch nie Autos gesehen hatte und ging den langen Weg der Einfahrt entlang. Eine bekannte düstere Stimmung lag auf dem Anwesen. Wie immer.

Als sie an der Tür ankam hielt sie einen Moment inne und klopfte dann erst.

Keine Antwort.

Sie klopfte ein zweites Mal und bemerkte erst dann das die Tür offen war.

Layla sah sich hinter ihr ein letztes Mal um und tritt dann ins Haus ein.

Als sie im Flur stand traute sie ihren Augen kaum.

Sie sah...

dark Revenge with sweet consequencesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt