Kapitel 14

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Jade

Die letzten Stunden der Fahrt verstrichen wie im Flug. Nach drei langen Tagen, die hauptsächlich darin bestanden, ruhig und mit wenig Bewegungsfreiheit in einem Auto zu sitzen, konnte ich es kaum noch erwarten, unseren Zielort zu erreichen. Wir fuhren durch eine relativ große Stadt und passierten gerade einen riesigen Park, als Milan zu meinem Erstaunen den Blinker setzte und den Wagen am Straßenrand parkte. Links neben uns zierten alte, aber gepflegte Häuser mit riesigen Erkerfenstern und verspielten Balkonen die Straße, rechts befand sich eine mannshohe Hecke, die den Park vor neugierigen Blicken schützte.

„Führen wir hier auf?", sagte ich verdutzt und warf den Jungs vorne einen fragenden Blick zu. Sie nickten.

„Aber wo bringen wir die Tiere unter? Mit dem Zelt und den Wohnwagen ist der Park sicherlich überfüllt?"

„Das stimmt, aber hier wird nur das Zelt stehen. Genau auf der anderen Seite des Parks grenzt das Landesgestüt an. Leonardo ist seit Jahren mit dem Besitzer eng befreundet, sodass wir die Pferde dort vergünstigt unterbringen können und die Wohnwagen stehen auf dem Gewerbeparkplatz am Rand der Stadt. Das sind aber nur wenige Minuten zu Fuß", erklärte Adrian.

„Achso", murmelte ich. Ob es trotzdem so heimelig werden würde wie an unserem letzten Standort? Dort standen die Wohnwagen zwar auch etwas abseits, aber durch die umliegende Natur konnte man die Abende gemeinsam draußen verbringen. 

„Mach dir keine Sorgen, die Zeit hier ist immer sehr schön!"

Milan hatte sich zu mir umgewandt und anscheinend meine Gedanken erraten. Ich lächelte ihm zu, dann stiegen wir aus.

Erst jetzt bemerkte ich auch die anderen Mitglieder des Zirkus, die zum Teil schon auf dem Weg in den Park waren. Kritisch ließ ich meine Augen über die Umstehenden gleiten, doch Nikan und Linda waren nirgends zu entdeckten. Mein Herz klopfte aufgeregt in meiner Brust. Zwar hatte Sali behauptet, die Sache aufgeklärt zu haben, doch wie unser Wiedersehen ablaufen würde, bereitete mir dennoch Magenschmerzen.

Plötzlich spürte ich, wie jemand von hinten an mich heran trat und mir die Augen zu hielt.

„Na? Wer bin ich?", quietschte mir die Person lautstark ins Ohr und ich brauchte mich gar nicht erst umzudrehen um zu wissen, wer da stand.

„Linda!!", rief ich aus. Meine Freundin gab mir den Blick wieder frei und so drehte ich mich zu ihr um und nahm sie fest in die Arme.

„Ich hab euch so vermisst!", sagte ich und drückte sie noch ein bisschen fester an mich.

Sie erwiderte meine Umarmung genauso herzlich, schob mich dann allerdings ein wenig von sich weg, hielt mich an den Schultern vor sich und musterte mit gerunzelter Stirn mein Gesicht.

„Ist alles gut gegangen?"

Ich nickte.

„Aber ich hab mir Sorgen gemacht, dass ihr sehr wütend auf mich seid", erklärte ich und lächelte Linda vorsichtig an.

„Zugegeben am Anfang konnten wir uns nicht erklären, was los war. Nikan war ziemlich aufgebracht, aber eigentlich war uns ziemlich schnell klar, dass die Alvarez-Brüder da etwas gedreht haben mussten und so war es ja auch... oder?"

Ich hörte die leise Verunsicherung in ihrer Stimme von der mir ganz warm ums Herz wurde.

„Natürlich! Denkst du wirklich, ich begebe mich freiwillig in die Höhle des Löwen?"

Jetzt musste auch Linda wieder lächeln.

„Schön dich wieder zu haben", sagte sie, hakte sie sich bei mir unter und steuerte auf den Eingang des Parks zu.

Die Schatten ihrer VergangenheitWo Geschichten leben. Entdecke jetzt