Kapitel 22

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Lucas drückte ihn noch fester an sich und strich ihm beruhigend über den Rücken, fragte sich immer noch, was wohl passiert war. Er fasste all seinen Mut zusammen und fragte sehr leise: »Wer hat dich geschlagen, Perce?«

Perce gab eine Zeit lang keine Antwort, machte nichts anderes als Lucas fest zu drücken, was sich eher so anfühlte, als würde er sich an ihm festhalten. Nach einer Weile beruhigte sich seine Atmung langsam wieder, er löste sich von Lucas und wischte sich mit seinen Ärmeln über die Augen, wich Lucas Blick aus. »Das ist nicht wichtig«, sagte er leise, wollte wohl nicht dass Lucas seine gebrochene Stimme allzu deutlich hörte.

Lucas sah ihn schockiert an. »Und wie das wichtig ist!«, sagte er etwas zu laut, aber Perce schüttelte den Kopf. »Nein, ist es nicht. Es ist meine Schuld.« Perce fuhr sich durch die Haare, fuhr mit einer Hand übers Gesicht, versuchte sich zusammenzureißen. Es brach Lucas das Herz ihn so verwirrt und aufgebracht zu sehen. »Heute ist einfach nicht mein Tag, man. Ich hab ... etwas dummes zu meinem Vater gesagt. Ich hab's verdient. Irgendwie ... sag ich schon den ganzen Tag irgendwelche dummen Sachen. Du kannst mir auch eine reinhauen, wenn du willst.«

Lucas zögerte kurz, sah ihn an, überlegte, ob er überhaupt weiter fragen sollte. »Was hast du denn gesagt?«, rutschte es ihm dann einfach raus.

Perce biss sich auf die Unterlippe, schüttelte aufgebraucht den Kopf. »Nichts, vergiss es, ich ... ich weiß auch nicht wieso ich dir überhaupt was gesagt hab.«

»Ich dachte ja wir wären Freunde«, sagte Lucas langsam, dachte, er würde endlich mehr über Perce erfahren. »Und Freunde sagen, wenn sie Probleme haben.«

»Tun sie das?«, fragte Perce nur, ging ein paar Schritte weg, nur um gleich wieder umzukehren. »Verflucht nochmal, ich kann nicht mal heim.«

»Ja, Freunde reden miteinander über Probleme«, sagte Lucas, ging dann auf Perce' letzte Aussage ein. »Wir könnten in die Stadt gehen.«

»... ich muss mir eh nen Platz suchen wo ich heute Nacht pennen kann. Vielleicht finden wir ja gleich n Motel«, sagte Perce halb zu sich selbst.

»Was ist mit deinen Freunden? Kannst du nicht bei denen schlafen?«, fragte Lucas verwirrt, hinterfragte aber erstmal nicht, wieso er nicht nach Hause konnte. Wenn Lucas zu Hause geschlagen werden würde, dann würde er dort auch nicht schlafen wollen.

Perce dachte nach. »Vielleicht«, sagte er langsam. »Aber ich denke nicht, dass jemand Lust auf einen schlecht gelaunten Perce hat, der alle um sich herum anschreit und wegen jedem Scheiß angepisst ist. Vielleicht ist es besser wenn ich alleine bleib.«

Lucas zögerte kurz. Könnte er vielleicht ... »Und wenn du bei mir pennst?« Er war sich zwar ziemlich sicher, dass Drew das nicht erlauben würde, und dass vielleicht auch seine Eltern nicht so begeistert davon wären, aber vielleicht könnte er sie ja überreden.

»Bei dir?«, fragte Perce, lachte erstmal ungläubig, weil er wahrscheinlich an Drew denken musste, stoppte dann aber, als er Lucas' ernsten Gesichtsausdruck sah. »Geht das denn überhaupt? Was ist mit deinem Babysitter?«

»Ich frage ihn später«, sagte Lucas nachdenklich. »Aber er holt mich erst um vier ab. Hast du nicht schon früher aus?«

Perce starrte wieder den Boden an, sah sogar fast ein wenig zurückhaltend aus. »Du könntest ja mit mir schwänzen«, murmelte er leise.

Lucas musste grinsen. »Wenn du möchtest. Aber wir müssen rechtzeitig hier sein, sodass Drew nichts merkt. Weißt du, wenn ich traurig bin, dann geh ich mir immer Comics kaufen. Aber du liest wahrscheinlich keine Comics. Wenn du bei mir bleiben darfst, dann könnten wir zocken, glaub mir, das ist die beste Ablenkung überhaupt! Man ist so im Spiel drin, dass man alles um sich herum ausblendet.« Lucas wollte eigentlich noch mehr sagen, wollte ihm erzählen, wie cool das neue Spiel war, das er gerade spielte, aber als Perce' Hand sich vorsichtig in seine legte verstummte er kurz und sah zu Perce, der jetzt ein sanftes Lächeln auf den Lippen trug.

LuanWo Geschichten leben. Entdecke jetzt