𝟐 ; Ein Dummkopf mehr

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Minho.

Ich war geradewegs in Richtung Klassenzimmer; mein bester Freund im Schlepptau.

»Hast du das eben gesehen? Das war mal ein Film.«, schaute ich zu Changbin herüber, welcher nur auf sein Smartphone fixiert war und wie ein Idiot darauf herumtippte.

»Meinst du den Neuen?«, antwortete er mir; viel eher schien es wie ein Fakt, anstatt einer Frage.

Ich betrat mit ihm das noch leere Klassenzimmer und ließ mich auf meinem Platz nieder, der sich hinten in der letzen Reihe befand.

Nun hob auch der Brünette seinen Kopf von seinem Bildschirm und setzte sich neben mich. Seinen Rucksack ließ er ungeschmeidig neben sich plumpsen.

Ich blickte nur verwirrt zu ihm und musterte seine Gesichtskonturen, ehe ich den Kopf schüttelte und zum sprechen ansetzte. »Woher weißt du, dass er ein neuer Schüler war?«, fragte ich ihn mit einer hochgezogenen Augenbraue. Changbin schien immer auf die sinnlosesten Sprüche zu kommen.

Mein bester Freund jedoch ließ sich von meinem skeptischen Blick nicht beirren, richtete, wie so oft, den Kragen seiner Bomberjacke und schmiss dann trotzig seine Beine verschränkt auf den Tisch.

»Du meinst echt, dass ein Idiot, der längst weiß wie der Wind hier pfeift, so auf dich zugestolpert kommt Oder nein! Wohl eher in dich reinkracht, wie ein Elefant im Porzellanladen? Ich glaub's kaum.«, lachte er überzeugt über seine eigene Aussage und blickte dabei kurz zu mir herüber, dann stolz nach vorne; seine Hände hatte er in den Seitentaschen seiner Jacke versteckt.

»Stimmt. Du hast recht, mein Fehler.«, seine Aussage schien schlüssig zu sein, auch, wenn der Gedanke an den fremden Jungen mich irgendwie noch nicht losließ. Ich hatte dieses unangenehme Gefühl, dass das kurze Aufeinandertreffen mit ihm noch große Folgen haben würde; wie ein Schmetterlingseffekt, der alles verändern würde.

Ein weiteres Mal schüttelte ich meinen Kopf, um meinen abstrusen Gedanken aus dem Weg zu gehen. Dann richtete ich meinen Blick ebenfalls nach vorn, schaute durchs Fenster, welches die frühen Sonnenstrahlen reflektierte und damit dachte ich auch schon, dass das Thema beendet war, doch da viel mir noch etwas auf.

»Hast du die ganzen Weiber gehört? Ich glaube die finden diesen Typen tatsächlich süß.«, mein Augenpaar wieder hastig zu meinem Kumpel gedreht, da ich nun erst recht auf eine Antwort hoffte.

Er jedoch lehnte sich lässig zurück und antwortete: »Ach, das wird sich schon wieder legen, denke ich. Er ist schließlich gegen dich gestoßen, kein Wunder, wenn man da an Aufmerksamkeit gewinnt.«, er schmunzelte und setzte dann fort. »Aber ich glaube, der Kerl hat sich ziemlich in die Hose gemacht, als ich ihn durch die ganze Menschenmenge angeschaut habe.«

Nun musste auch ich ein wenig schmunzeln.
»Denkst du?«

»Definitiv. Er sah aus wie ein verängstigtes Schäflein und wir die Wölfe, die ihn drohten aufzufressen.«, ergänzte Changbin mit einem schelmischen und zugleich überheblichen Grinsen.

Ich musste auflachen. »Na dann hast du wohl recht.

»Natürlich habe ich das.«

Und das hatte er wirklich, denn es war schon wie eine Gabe gewesen, dass mir überall wo ich hinging, die Aufmerksamkeit folgte und keiner wegblicken konnte. Daher war es auch verständlich gewesen, warum der Unbekannte für einen Moment meine Aufmerksamkeit stiehl und für sich gewann, als er gegen mich stieß.

Jedoch beließ ich es nun endgültig dabei und holte, wie Changbin, mein Handy hervor, denn es waren noch zehn Minuten, bevor der Unterricht beginnen würde und die Zeit am Morgen nahm ich mir, um die neusten Kommentare auf Instagram durchzulesen.

»Nun gut, wieder eine neue Woche, heißt ebenso neues Glück.«, ertönte die Stimme von Herrn Lee, welcher geradezu in den Klassenraum trat; seine braune Tasche, welche so gut wie jede Lehrkraft besaß, hatte er unter seinen Arm geklemmt.

Am Pult legte er diese ab und dann beugte er sich etwas über den Tisch. Seine Augen wanderten einmal quer durch den bereits stillen Raum und als sein Augenpaar an mir kleben blieb, dachte ich beinahe er wolle mir wieder für eine Kleinigkeit eins rüberziehen.

Das war wohl der Nachteil, wenn der Lehrer besonders viel Wert auf dich legte, da du sein bester Schüler warst. Jedoch konnte ich mir nicht ausmalen, was ich diesmal angestellt haben könnte, doch bevor ich mir eine gute Ausrede überlegen musste, löste er plötzlich doch noch den Blick von mir, fing an zu schmunzeln und ließ die Klasse mit verwirrten Gesichtern zurück.

»Ich glaube der Neuling hat sich in der Klasse vertan. Ich hatte ihn eigentlich hier erwartet.«, sagte er gelassen daher, ehe er ohne weitere Erklärung aus dem Raum verschwand; unverständlich was er damit meinen konnte, doch dann viel es mir wieder ein.

Mein bester Freund hatte vor dem Unterrichtsbeginn, vor zehn Minuten; so viel verspätete sich Herr Lee immer nach dem Wochenende; erwähnt, dass es sich um einen neuen Schüler handeln konnte, der, der in mich gestoßen war. Doch war das bloß ein merkwürdiger Zufall oder würde dieser Typ nun wirklich in derselben Klasse sein wie ich?
Der Gedanke nervte mich; warum wusste ich selbst nicht so recht.

Nach kurzer Zeit öffnete sich ein erneutes Mal die Klassenzimmertür und Herr Lee trat wieder hinein, diesmal mit einem unbeholfenen Jungen an Seiner Seite.

»Here we go~«, ertönte die Stimme meines besten Freundes auf einmal neben mir und ich sah zu ihm rüber. Ich konnte genau erkennen, dass er sich ein Lachen verkniff und ich wusste auch ganz genau warum er das tat.

Denn wie das Schicksal es nunmal wollte, stand auf einmal ein Junge vor der ganzen Klasse, biss sich nervös auf der Lippe herum und hatte seinen Kopf nach unten gesenkt.

Doch ich konnte erkennen, dass es der Junge sein musste, bei dem ich mir erhoffte, er würde mir nie wieder in irgendeiner Weise über den Weg laufen.
Der Junge.

»Nun, da du es jetzt in die richtige Klasse geschafft hast, kannst du dich gerne einmal deinen neuen Mitschülern vorstellen.«, setzte der Älteste im Raum wieder zum reden an und er nickte. Ich betrachtete das peinliche Spektakel skeptisch.

»Ehm«, der Blondschopf kratzte sich verlegen am Hinterkopf und fing dann an mit seinem Ohrring zu spielen.

War es ein Kreuz dort am Ende des Anhängers? Nun gut, so sehr interessierte es mich dann doch nicht.

»Ich bin Han Han Jisung um genau zu sein.«, er lachte beschämt und es fühlte sich beinahe so an als würde er seine Nervosität im ganzen Raum versprühen. Es nervte mich.

»Bin siebzehn und gehe ab jetzt hier auf die Schule.«, sein Blick schweifte durch die ganze Klasse. Womöglich, um sich einen kurzen Eindruck von den belanglosen Klassenkameraden zu machen; so belanglos würde er bald auch werden, dachte ich mir.

Ich sah ihn sogar aus der Entfernung schlucken, als er bemerkt haben musste, dass hier ziemlich viele Mädchen einen Platz hatten.

Doch dann wanderte sein Augenpaar plötzlich weiter und ehe ich verfolgen konnte, wohin sein Blick führte, ertappte er mich, indem er direkt in meine tiefen Augen schaute.
Und dieser Blick hielt länger an, als mir gut tat.


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1 MONTH ・ minsung Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt