15. Der Albtraum

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Leg nie den Mantel der Schuld um meine Schultern, weil andere böse sind. ( Säulen der Schöpfung, Terry Goodkind)

Williams verschlafener Blick war starr auf die Person neben sich gerichtet. Er war nicht sicher, wann er eingeschlafen war, aber es musste in den ersten paar Minuten des Films gewesen sein.

Ava und er hatte sich darauf geeinigt ihre Probleme durch einen Film zu verdrängen. Nun lag ihr Kopf auf seiner Schulter, das rabenschwarze Haar klebte an seinem Shirt und ihr angenehmer Geruch war nur allzu deutlich. Er sollte Abstand halten, sollte sie wegschieben und das ganze vergessen, aber er fühlte sich wohl.

Sein Herz schlug langsam, sein Körper war entspannt. Auch das Nickerchen, dass er neben ihr gehalten hatte, war traumhaft ruhig gewesen. Keine Albträume. William wusste nicht ob er ihr diese Tatsache zu verdanken hatte, dennoch strich er dankbar über ihren Kopf. Von dem seidigen Haar ging ein blumiger Duft aus und selbst wenn er es könnte, er wollte diesen Kontakt nicht aufgeben.

Ihm waren die Konsequenzen dieser albernen Verbundenheit klar, zwischen ihnen durfte nichts entstehen, aber ein kleiner Teil von ihm wollte den seltsam fremden Empfindungen nachgehen. Archer hatte recht, sein Leben lang war William auf seine Ziele konzentriert gewesen.

Kein Mädchen geschweige den Frau hatte seine Aufmerksamkeit erregen können und nun hatte es ausgerechnet Ava Park geschafft, ihn zu verwirren. Am liebsten hätte William sich für sein Verhalten geohrfeigt. Er wusste nicht mal, ob Ava dieselben Gefühle plagten oder ob sie in ihrem Leben gar keinen Platz dafür hatte.

Vor dem Film hatte sie zwar bereitwillig seine Hand berührt, aber das konnte genauso gut ein Ausdruck des Mitgefühls sein. Unsicher zwang er sich zur Distanz, zog die Hand zurück und versuchte außer seiner Schulter, die von Avas Kopf als Polster benutzt wurde, jeden Körperkontakt zu vermeiden.

Es war besser so. Für sie beide. Ava bewegte sich, ihre Atmung wurde unregelmäßig. Aus den Augenwinkeln sah er, wie sie die Augen langsam öffnete. Mit verwundertem Blick versuchte sie zu verstehen, wo sie war und an wen sie sich da lehnte. William blieb ganz still, er wollte sie nicht erschrecken. Stöhnend richtete sie sich auf und strich über ihre verwuschelten Haare. Der Anblick hatte etwas unheimlich Süßes und schmunzelnd flüsterte er:

"Hi."

"Hi.", entgegnete sie und sah ihn verlegen an. Für mehrere merkwürdige Sekunden herrschte Stille zwischen ihnen während William mit rasenden Gedanken versuchte Worte zu finden.

"Hast...hast du gut geschlafen?", fragte er unbeholfen lächelnd. Ava nickte zurückhaltend. Ein lautes Magenknurren aus ihrem Bauch richtete ihre Aufmerksamkeit auf etwas anderes als die Tatsache, dass sie nebeneinander geschlafen hatte.

"Ich schau mal was wir im Kühlschrank haben.", meinte sie und stand schwankend auf. Williams Blick folgte ihr in die Küche. Er war in letzter Zeit nicht zum Einkaufen gekommen und Dominik kümmerten solche Angelegenheiten nicht. Mit dem klaren Gedanken Essen zu bestellen, griff er nach seinem Handy.

"Oh, die Küche ist ja leer.", rief Ava überrascht aus und zauberte ein amüsiertes Lächeln auf Williams Lippen.

"Auf was hast du Lust?", fragte er und stand auf, "ich habe hier indisch, asiatisch, wienerisch und noch vieles mehr." Ava sah das Handy in seiner Hand und kam schüchtern näher.

"Ich weiß nicht genau. Kannst du etwas empfehlen?" Sie war so nahe. William schluckte und versuchte sich auf das Display zu konzentrieren.

"Also ich bin ein großer Fan von Indisch. Willst du das mal probieren?" Ava nickte interessiert.

"Ich werde uns mal eine Platte bestellen, da sind viele verschiedene Sachen drauf. Du kannst dann entscheiden, was du probieren willst." Mit geübtem Blick bestellter er das Essen und bezahlte.

Erbsünde  #Wattys2021Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt