28. Sein Versprechen

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If you want Peace, prepare for War (The walking Dead)

Ihm mit ihren geistigen Augen folgend, beobachtete Ava wie ihr ehemaliger Wärter zu seinen Kameraden in ein schwarzes Militärfahrzeug stieg. Sie konnte die Bitterkeit und den Schmerz in seinem Herzen spüren, die Gefühle schienen sie erdrücken zu wollen. Bekümmert setzte sie sich wieder auf ihr Bett und starrte auf ihre nutzlosen Hände.

Sie wollte sich nicht vorstellen was zwischen ihrem Bruder und William geschehen könnte. Krieg...war das letzte was sie sehen wollte. Vorsichtig berührte sie ihre Lippen und dachte an den Frieden, den William ihr mit seinem Kuss gebracht hatte. Für einen Moment war die Welt ruhig geworden und dann war ihr Herz zu einem wilden Feuersturm geworden. Die Gefühle waren buchstäblich Achterbahn gefahren.

Ihr erster Kuss. Sie hätte ihn sich mit niemand anderen gewünscht. Auch wenn die Situation zwischen ihnen schwierig war, sie konnte ihre Zuneigung nicht wegdiskutieren. Er fühlte dasselbe, es war wie ein Schatten über seinen Augen gelegen, als er sie geküsst hatte. Ava wollte mehr, konnte es nicht ertragen, dass ihr erster Kuss wohlmöglich ihr letzter war. Aber um das zu verhindern, müsste sie ihren rachsüchtigen Bruder von einem gewaltigen Fehler abhalten. Schnell schoss sie die Augen und suchte mit ihrer Telepathie Milo.

Kein schweres Unterfangen, innerhalb weniger Minuten baute sie eine Brücke zu ihm, zog ihn in ein halbfreiwilliges Kopfkino und gestaltete eine Welt für sie beide. Den Ort, den sie wählte, war die Innenstadt und gemäß ihrer Gefühle regnete es stark. Die Umgebung versank hinter einem Schleier aus dicken Tropfen, tränkte den Boden und verhing den Himmel.

Das schwarze Kleid klebte an ihrer Haut, genauso wie ihre dunklen Haare. Suchend drehte sie sich im Kreis, hielt Ausschau nach dem Erscheinungsbild, in dem sich Milo dieses Mal präsentieren würde. Aus einem Gebäude neben ihr, trat ein Mann zu ihr auf die Straße. Er war groß, stark und ohne zweifel Gesund. 

Im Traum besaß Milo den Körper, den er sich wohl wünschte. Als wären die zwanzig Jahre im Koma nie passiert und alles was er davon trug wären geistige Narben. Zu schade, dass die Wirklichkeit eine andere war. Vielleicht wäre er weniger verbittert. Gemeinsam standen sie im Regen, durchnässt bis auf die Unterhose und starrten einander stur an.

"Was willst du?", fragte er harsch und verschränkte die Arme. Ava trat ein wenig näher, streit war nicht in ihrem Sinn. "Ich wollte dich sehen. Nach allem was passiert ist...geht es dir gut?"

"Das hat dich vorher auch nicht interessiert." "Das stimmt nicht und das weißt du!", rief Ava aus und verzog schmerzhaft das Gesicht, "ich war immer auf deiner Seite...aber ich konnte doch nicht zulassen, dass du Dominik und William tötest." Milo schnaubte.

"Stockholm-Syndrom steht dir nicht, kleine Schwester." Verletzt wich sie zurück. Dominik und William waren nur Soldaten. Viel zu leicht hätte jemand anderes ihren Platz einnehmen können und ihr Leben weitaus schlimmer machen können. Wieso verstand Milo das nicht. Sie hatte nur versucht zu überleben.

"Was hast du vor, Milo, was ist dein Plan? Willst du einfach weiter das Land tyrannisieren bis sie dich endgültig töten? Oder gibts da einen Masterplan von dem ich nichts mitbekomme? Aus meiner Perspektive sieht dein ganzer Feldzug ziemlich scheiße aus."

"Du bist im Gefängnis, Schwesterchen. Aus deiner Perspektive sieht alles scheiße aus. Aber wenn du es wirklich wissen willst. Ich werde die Kontrolle über die Regierung übernehmen. Ich bin bereits im Regierungsgebäude und breche diese Bastarde einzeln. Sie werden mir hörig sein und danach kann ich mich langsam denen widmen die Mama auf dem Gewissen haben. Du kommst also zu spät mit dem Betteln für unsere Häscher. Ich werde mich nicht ergeben."

Enttäuscht blickte sie zu Boden. Seine Entschlossenheit würde sie unmöglich schwächen können. Zu oft hatte er sie ihr bewiesen. "Und wenn ich erst mal die Regierung in meiner Hand habe, könnte ich dich ganz leicht aus dem Gefängnis holen." Verwirrt blickte sie auf.

"Ich dachte du bist wütend auf mich. Warum würdest du das tun?" Schief lächelnd trat er auf sie zu. "Weil wir trotzdem Familie sind, Dummerchen. Deine Naivität hat dich da zwar reingebracht, aber ich denke du hast deine Lektion gelernt. Eingesperrt sein ist scheiße. Das nächste Mal wirst du kämpfen, nicht wahr?"

Zögerlich öffnete Ava den Mund. Würde sie? Milo bemerkte ihr zögern sofort, zornige Falten erschienen auf seiner Stirn. "Nicht wahr, Ava?"

"Ich will niemanden verletzten, Milo. Die Soldaten tun nur ihre Arbeit. Für ihre Befehle können sie nichts." Aufgebracht biss er die Zähne zusammen.

"Also hat nicht einmal die Zeit im Gefängnis dich härter machen können. Vielleicht musst du einfach länger drinbleiben. Sagen wir zwanzig Jahre? Mit Experimenten an deinem Körper und Geist. Folter und Missbrauch. Wenn das nicht hilft, können wir immer noch künstliches Koma ausprobieren, so lange bis sich dein Körper endlich an die Drogen gewöhnt hat und du in der Lage bist zumindest deinen Geist wandern zu lassen. Ein wenig Hölle wird dich lehren, kleine Schwester. Und wenn du dort freiwillig hinwillst, dann halte ich dich nicht mehr davon ab."

Erschüttert starrte Ava ihren Bruder an. "Das nennst du Familie? Du drohst mir, wenn ich nicht so bin wie du mich haben willst. Du bist genauso wie die Regierung. Ihr wollt alle eine kleine Marionette, mehr nicht! William würde mir so etwas nie antun.", sofort schloss sie den Mund. Der letzte Satz hätte ihren Kopf nie verlassen sollen, aber nun da er zwischen ihnen hing...

Ein Fehler. Ein großer Fehler. Sie sah es an dem Blitzen in Milos Augen. "Warum denkst du, dass dieser Archer-junge anders ist? Womit hat er dein Vertrauen verdient? Er ist der Grund, warum du im Gefängnis bist, er und sein Vater haben dich in Ketten gehalten. Warum kannst du das nicht sehen?", giftete Milo weiter. Zitternd griff sie sich auf die Lippen, spürte Williams Kuss, seine Nähe.

Milo konnte ihre Gefühle unmöglich nachvollziehen. Er hatte sie nie empfunden. Entschlossen trat sie ihrem Bruder entgegen. "Er mag mich um meinetwillen. Wenn wir zusammen sind, ist die Welt besser. Aber das kannst du nicht verstehen und es ist auch nicht wichtig. Ich bitte dich blass diese ganze Aktion ab und vergiss was diese Menschen getan haben. Fang neu an." Zum ersten Mal sah sie Trauer in seinen Augen.

"Ich wünschte, es wäre so einfach, aber ich habe eine Aufgabe zu erfüllen. Und wenn du erst ohne William wirklich bereit bist für dich zu kämpfen, dann werde ich dich von ihm befreien."

"Was?", flüsterte sie erbebend, "was?!" "Du hast mich richtig verstanden." "Du fasst ihn nicht an, Milo.", drohte sie wütend und erntete überraschtes Lachen.

"Wow, so viel Kampfgeist. Schade, dass es für diesen Nichtsnutz ist. Es tut mir leid, dir wehzutun, aber du wirst mir irgendwann dafür danken."

"DU WIRST IHN NICHT ANFASSEN!!", schrie Ava wild und mit einem Mal verschwand Milo und die Umgebung zerrann unter dem Regen wie Kreide, zwang sie zurück in ihre triste Zelle.

Das Herz raste, während sie versuchte nach einer Lösung zu suchen. Unruhig stampfte sie dabei in ihrer Zelle auf und ab, machte sich selbst wie auch ihre Wärter immer nervöser. Sie konnte Milo nicht vom Gefängnis aus aufhalten, so mächtig war sie nicht, aber der Gedanke einfach rumzusitzen und William sterben zu lassen...NEIN.

Sie würde das nicht zulassen. "Miss Park? Geht es Ihnen gut?", fragte der Wärter besorgt und trat an die Gitterstäbe. Ava traf eine Entscheidung.

"Es tut mir leid.", hauchte sie als sie in die Gedanken des Mannes eindrang und ihn zwang sie freizulassen.

Anmerkung der Autorin: und damit gehen wir ins Finale! Ich hoffe ihr seid bereit...ich war es nicht so richtig.

Erbsünde  #Wattys2021Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt