z w e i u n d z w a n z i g

119 15 1
                                    

⋅𖥔⋅

Ich stoße fassungslos Luft aus und schlage seine Hand aus, die nach meiner greifen wollte. Wie kann es sein, dass ich vor ihm beinahe zusammenbreche und er immer noch nicht versteht, dass mir das Ganze wirklich ernst ist?

Ich habe ihm von meiner Großmutter erzählt, von der Wichtigkeit des Cafés für sie, mich und die Bewohner dieser Stadt. Ich nehme meine Pflichten unglaublich ernst und bin mir sicher, nicht einmal in seiner Gegenwart etwas anderes behauptet zu haben. Wie kann er also glauben, dass ich mein Vorhaben jetzt so einfach wieder vergessen würde, nur weil er so gütig war und das Abendessen in einem Restaurant zu verschieben? Soll das sein Opfer gewesen sein, während ich die Unzufriedenheit der Gäste heraufbeschwören und damit eine weniger Einnahmen riskieren soll?

„Ich sehe, dass du mich beobachtest und hörst, dass ich mit dir spreche. Scheinbar fehlt dir aber der Sinn, die Bedeutung hinter den Worten zu verstehen. Ich kann nicht jetzt schon Feierabend machen. Wegen deiner Ablenkung muss ich wahrscheinlich heute sogar länger hier bleiben als geplant." Ich werfe das Handtuch zur Seite, ohne wirklich den Grund dahinter zu verstehen. Ich weiß nur nicht, wie ich meine Fassungslosigkeit und die Enttäuschung über sein Verhalten verarbeiten soll.

Wie kann es sein dass ein Mann, der mir seit Tagen ein so gutes Gefühl gibt wie niemand anderes zuvor, mich so schlecht zu verstehen scheint?

Rafael beißt die Zähne zusammen. Eine kleine Ader taucht an seinem Hals auf, und meine Wut mildert sich ein wenig. Ich habe ihn noch nie auf diese Art und Weise gesehen.
Plötzlich komme ich mir ganz klein vor. Ich sehe mich nach wie vor im Recht, aber die Unzufriedenheit in seinen Augen zu sehen, und die Wut, die sich zu dieser mischt, macht mich unsicher.

„Doch, Corinn. Ich höre dir zu. Ich höre jedes einzelne deiner Worte, deswegen kann ich dir genau sagen, dass du fast kein anderes Thema kennst, als dieses Café. Es geht ständig um deine Pflichten, deine Verantwortung und diese dämlichen Rezepte. Ich mag dich und ich möchte dich weiter kennenlernen, Zeit mit dir verbringen, dich zum Essen ausführen. Aber das geht nicht, wenn du dich so dagegen wehrst und immer hier bist, als wärst du mit diesem Gebäude verheiratet. Hast du mal daran gedacht, dass es auch noch ein Leben außerhalb gibt? Du hast dich auf das, was zwischen uns entstanden ist, eingelassen. Glaubst du wirklich, ich würde mich auf Dauer damit zufrieden geben, dich erst abends um zehn Uhr zu sehen? Nur um dich am nächsten Morgen um eine unaussprechliche Uhrzeit wieder gehen zu lassen, damit du um halb sieben hinter der Theke stehen kannst?" Seine Worte prasseln auf mich ein wie ein Donnerwetter.

Meine Gedanken fahren Achterbahn und mir wird schwindelig dabei, meinen Gefühlen in eine Richtung zu folgen. Schweigen breitet sich zwischen uns aus. Sein Atem geht schnell und unregelmäßig. Während seiner Ansprache ist er vor mir auf und ab gelaufen. Nun steht er auf der Stelle, regt sich kaum, außer das seine Hände hektisch über sein Gesicht fahren.

„Das hier ist mein Leben, und das wusstest du von Anfang an", sage ich leise. Meine Stimme ist nur ein Hauchen im Wind aber ich kann in diesem Moment nichts dagegen unternehmen. Ich gebe mich damit zufrieden, dass ich es überhaupt geschafft habe, den Mund zu öffnen und etwas zu erwidern, selbst, wenn es mir so vorkommt, als würden meine Worte nichts zählen.

„Als ich vor drei Jahren angefangen habe, habe ich mich diesem Café in gewisser Weise verschrieben. Ich habe die schönen und die harten Zeiten in Kauf genommen und ich bereue diese Entscheidung nicht", schiebe ich hinter. Ich verschränke die Arme vor der Brust, finde aber kaum Kraft, um sie aufrecht zu halten.

Zimtherzen ₂₀₂₁ | ✓Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt