Kapitel 29: Damien

45 6 2
                                    


Habt ihr jemals in eurem Leben gedacht, jetzt kanns nicht mehr schlimmer werden? Tja ich saß da, konnte mein Bein nicht bewegen neben mir lag die Leiche meiner Freundin und ich schaute dabei zu, wie eine Armee von Engeln mein zu Hause wie ein Schwarm Wespen auseinandernahm und vermutlich gerade meine Familie ermordeten. Und genau in dem Moment wurde es schlimmer.

Denim dem Moment tauchte eine brennende Gestalt, die selbst durch die Bäume gut zu sehen war auf, die langsam in den Himmmel aufstieg. Ihr mögt mich für verrückt halten, aber mein erster Gedanke bei diesem Anblick war, wie unglaublich schön es aussah.

Das Feuer brannte in allen nur vorstellbaren Farben und strahlte heller als die Sonne und alle Sterne zusammen.

Ich hielt in meinen Bewegungen inne und konnte nicht anders, als mit geöffnetem Mund direkt in die Flammen zu starren. Selbst das Atmen vergaß ich einen Augenblick.
Dann breitete die Gestalt ihre Flügel aus.

Feuer in allen nur erdenklichen Farben begann das Anwesen und alles darum zu verschlingen. Fast sofort breitete sich Panik in mir aus und ich wollte aufspringen, aber mein Bein machte mir einen Strich durch die Rechnung und deshalb rief ich nur laut nach meinem Vater.

Dessen Kopf tauchte fast zeitgleich aus der Treppe auf und er blickte mich fragend an, aber sagen musste ich nichts, da die Flammen lange bis hier sichtbar waren. Sofort verfinsterte sich das Gesicht meines Vaters und er und Miriam brachten hektisch die Maschine in Position.

"Und wie funktioniert das Teil jetzt?", fragte Miriam, nicht ohne eine gewisse Panik in der Stimme.

Mein Vater antwortete nicht, sondern begann etwas daran herumzuschrauben und dabei immer wieder prüfende Blicke in Richtung Flammenmeer zu werfen, dass erschreckend schnell näher kam.

Ich konnte schon die sengende Hitze auf meiner Haut spüren und der beißende Geruch des Feuers stieg mir in die Nase. Ich versuchte, den stechenden Schmerz in meinem Oberschenkel zu ignorieren und stützte mich mühsam auf. Meine Arme zitterten und die ersten Bäume begannen zu brennen.

"Raymond?", fragte Miriam drängend.

"Bin fast fertig", presste er heraus.

"Und du bist sicher, dass das funktioniert?", wandte sie sich nun an mich.

"Nein", antwortete ich ehrlich.

Als ich die Idee gehabt hatte, war ich viel zu sehr davon vereinnahmt, dass sie Lori zurück ins Leben bringen könnte, aber beim Anblick dieses zerstörerischen Feuersturms wagte ich es nicht, Hoffnung in meinem Inneren erblühen zu lassen.

Andererseits, wenn es nicht klappte, die Energie des Phönixes auf Lori zu übertragen wären wir eh alle tot und dann machte unerfüllte Hoffnung auch keinen Unterschied mehr.

"Beruhigend", murmelte sie.

Tja, Sarkasmus war wohl gerade das einzige, was uns half einen halbwegs kühlen Kopf zu bewaren. Ich blickte wieder hoch, sah die bunten Flammen, die sich mit tödlicher Hitze an den  hohen Bäumen hochschlängelten und sie in Sekundenbruchteilen in Asche verwandelten.

Es blendete in den Augen, aber ich konnte meinen Blick nicht von diesem gefährlichen, atemberaubenden Bild abwenden. Die Flammen kamen immer näher, hypnotysierten mich, faszinierten mich, versengten meine Haare, ohne, dass ich es merkte.

Erst die laute Stimme meines Vaters holte mich in die Realität zurück und ich spürte wieder die unerträgliche Hitze, wie tausend kleine Nadeln auf meinem kompletten Körper.

"Lori!", schrie er über das Tosen und Knistern der Flammen hinweg.

Ich blinzelte und realisierte endlich, dass wir uns in einem ausgewachsenen Feuersturm befanden. Panisch drehte ich mich um und entdeckte Lori, still und immernoch blutüberströmt daliegen.

Ich griff nach ihr, zog sie mit zur Maschine. Obwohl die Flammen sie immer wieder berührten, war sie unversehrt und ihre Haut war angenehm kühl. Das einzig Kühle in dieser unerträglichen Hitzte, die mir neue Tränen in die Augen trieb.

Ich kippte erschöpft gegen die Maschiene, doch das Metall war unglaublich heiß, dass ich sofort wieder zurückzuckte, was weiter Schmerzwellen durch mein Bein schickte.

Mein Vater nahm darauf wenig Rücksicht und schnappte sich Lori. Das Feuer hatte uns inzwischen eingeschlossen und ich spürte, wie es langsam aber sicher meine Haut verbrannte.

Mit einem Mal war der restliche Schmerz im Vergleich dazu nur noch ein schwaches Pochen. Mein Körper stand in Flammen und ich schrie. Schmerz explodierte überall gleichzeitig, verschlang mich, zog mich in die Tiefe, in die Nähe der süßen Bewusstlosigkeit, doch hielt mich gleichzeitig auf qualvolle Weise wach.

Ich schrie gequält auf, als mich plötzlich Arme umschlossen und wegzogen, weg von den Flammen und dem Schmerz und einen schwachen Schutzschild zwischen mir und dem Feuer bildeten.

Die heißer Luft fühlte sich nach dem quälend heißen Griff der Flammen fast angenehm kühl auf meiner verbrannten Haut an.

In dem Moment hörte ich ein Rauschen neben mir. Erst übertönte es kaum das Tosen der Flammen, doch es wurde immer lauter und schließlich so ohrenbetäubend, dass ich fast befürchtete, taub zu werden, bis es irgendwann den Feuersturm übertönte und das einzige Geräusch in meinem Kopf wurde.

Gleichmäßig füllte es meine Gedanken, lenkte mich ab von der allesverschlingenden Hitze. Sie wurde weniger und ich klammerte mich endlich an den Körper hinter mir.

Überrascht spürte ich einen reißenden Wind, abwechselnd angenehm kühl und glühend heiß auf meiner Haut. Ich versuchte die Augen zu öffnen, aber das einzige, was ich durch den Tränenschleier sah, waren helle Flammen, die immer schneller an mir vorbei wehten und jedes Mal ein glühendes Brennen auf meiner Haut hinterließen.

Ich schloss sie wieder, klammerte mich an die Person hinter mir, lauschte dem Rauschen, das jedes andere Geräusch verschluckte, spürte die Kälte und die Hitze auf meinem Körper kämpfen und den Wind, der an den verkohlten Überresten meiner Kleidung und meinen Haaren riss.

Meine Lippen, schon trocken von dem Feuer, rissen auf, mein Glieder begannen zu schmerzen und Schwindel stieg in mir auf.

Dann war es plötzlich vorbei. Die Luft normalisierte sich, die Stille war fast erdrückend. Ich öffnete meine trockenen Lider, blickte mich um. Mein Vater ließ mich los und ich löste vorsichtig meine Umklammerung.

In dem Moment hörten wir einen erstickten Schrei. Erschrocken wirbelten wir herum und auf einmal durchflutete mich eine große Erleichterung.

Hinter den geschmolzenen Überresten der Maschiene saß Miriam und weinte, diesmal aber vor Freude, in den Armen ihre Tochter, deren Augen sich flatternd öffneten. Unsere Blicke trafen sich und sie lächelte vorsichtig.

Ich konnte gar nicht anders, als breit zu grinsen und zu ihr zu stürzten. Ein leichtes Flattern füllte die Leere, die ihr Tod hinterlassen hatte, die ich nur mit schwindender Hoffnung, Adrenalin und Angst ausgefüllt hatte.

'Ich glaub ich bin verliebt'. Sie riss die Augen auf und starrte mich an und auch Miriam warf mir plötzlich einen komischen Blick zu. Scheiße, hatte ich das gerade etwa laut gesagt?!

Lori öffnete den Mund, um etwas zu sagen, aber das Räuspern meines Vaters lenkte unsere Aufmerksamkeit wieder auf das Anwesen. Oder die verkohlte Ruine, die davon nich übrig war.

Fallen Angel Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt