Kapitel 6: Kassadya

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Obwohl ich fast die ganze Nacht bis zur Erschöpfung geflogen war, hatte ich, im Gegensatz zu Lori, die geradezu ohnmächtig ins Bett gekippt war, einfach keinen Schlaf gefunden.

Und das lag nicht mal an den Betten, die sich anfühlen, als hätte man die Matratzen einfach mit Steinen gefüllt. Es lag an den Gedanken die unaufhörlich in meinem Kopf kreisten.

Hauptsächlich um meinen alten Freund Castiel, dem ach so mächtigen Erzengel. Bei dem Gedanken an ihn wurde mir schlecht.

Einst hatte ich ihn verehrt, wie so viele andere auch.
Aber das war schon so lange her, dass es mir wie aus einem anderen Leben vorkam. Jetzt war für mich nur noch ein Monster.

Oh Miriam, was hast du bloß getan? Und wie soll ich das bitte deiner Tochter erklären? Möglichst ohne, dass sie ausrastet.

Aber all diese Fragen blieben unbeantwortet. Vermutlich hatte Miriam gerade sowieso andere Probleme.

Ich wusste aus eigener Erfahrung, was Castiel mit den Leuten machte, die seine Pläne durchkreuzten.

Und sie hatte das nun schon mehrfach gemtan. Zudem hatte sie ihn um den Triumph gebracht, endlich den Phönix zu fangen.

Ich hoffte inständig, dass ihre Freude darüber sie bei Verstand halten möge, bis ich sie befreien konnte.

Aber davon war ich leider noch ziemlich weit entfernt. Ich musste ja auch noch Nate finden und retten.

Und solange Lori noch bei mir war, war mir auch noch ein Erzengel auf den Fersen.

Bei dem Gedanken an sie wanderte mein Blick zu dem schlafenden Mädchen. Sie war jung. Zu jung.

Irgendwie konnte ich Miriam fast verstehen, mit der Entscheidung, ihr alles vorzuenthalten.
Aber eben nur fast.

Klar hatte niemand es verdient mit einer Bürde, wie der Phönixprophezeihung aufzuwachsen. Und das Leben war auch deutlich einfacher, wenn man in der Welt der Menschen blieb. Insbesondere, da in der der Magischen quasi dauerhaft Krieg herrschte.

Aber trotzdem war es unverantwortlich, sie im dunkeln zu lassen.

Denn wenn man ein Kind hatte, das unvermeidlich mit der Welt der Magischen verbunden war, und sei es nur weil es eine Hexe oder sonst was war, dann musste man es auf diese Welt vorbereiten.

Denn früher oder später würde es mit der magischen Welt in Berührung kommen und dann war dafür es zu spät.

Und in Loris Fall war es nicht nur für sie selbst gefährlich, sondern für die gesamte Welt.
Extrem gefährlich.

Zugegeben, Miriam war bestimmt nicht die verantwortungsbewussteste Person die kannte, zumindest früher nicht, aber das...

Vielleicht wäre sie jetzt nicht in der Gewalt des grausamsten Wesens, dass ich kannte, wenn sie Lori alles erklärt hätte. Wenn sie Lori beigebracht hätte sich gegen sowas zu verteidigen.

In diesem Moment öffnete Lori die Augen.
Es war schon Nachmittag und die Sonne schickte ihre orangegoldenen Strahlen durch die zugezogenen Vorhänge unseres Apartments.

Mehr als zwei Einzelbetten, ein Tisch und zwei Stühle passten kaum hier rein.

Lori setzte sich auf, blinzelte kurz verwirrt, als könne sie sich nicht erinnern, warum sie hier war.

Dann fiel ihr Blick auf mich. Ich saß auf einem der Stühle und wartete schweigend ab, was sie sagen würde.
Oder ob sie einfach hysterisch schreiend aus dem Zimmer stürmen würden.

Das war allerdings eher unwahrscheinlich, da sie Miriam ziemlich ähnlich zu sein schien.

"Es war also kein Traum", stellte sie nach einer Weile bedrückt fest.
Ich schüttelte bedauernd den Kopf.

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