Epilog: Kassadya

51 7 26
                                    

Drei Tage war es her. Drei Tage, seit wir die Apokalypse aufgehalten hatten. Drei Tage seit ich sie wieder hatte.

Eigentlich wollte ich sofort mit ihr abreisen und ein bisschen Zeit mit ihr alleine haben, aber sie war tausend Jahre versteinert gewesen und naja, schon das eher altmodische Faringray-Anwesen überforderte sie fast.

Nicht, das besonders viel davon übrig geblieben wäre. Glücklicherweise hatten sich erstaulich viele von den Flammen wegteleportieren können und außer dem halben Anwesen und dem nahe gelegenen Wald war die Welt ziemlich unbeschadet geblieben.

Allerdings waren so gut wie alle, die während den Kämpfen davor gefallen waren verbrannt und so konnte man schwer sagen, wer vom Feuer verschlungen worden war und wer schon im Kampf gefallen war.

Geschweige denn, wer überhaupt alles tot war, denn von den Leichen war nicht mal mehr Asche übrig geblieben.

Jetzt halfen wir beide Ray beim Wiederaufbau. Von den Engeln war bisher nicht viel gekommen, aber sie hatten uns nach Castiels Tod nicht angegriffen, obwohl wir momentan wohl ein ziemlich gutes Ziel abgaben, deshalb blieb ich optimistisch, dass sie den Vorfall ignorieren würden.

Momentan hatte Ianna mich in den Wald verbannt, da ich ihr in den letzten Tagen nicht von der Seite gewichen war und mich wahrscheinlich wie eine überfürsorgliche Helikoptermutter benommen hatte.

Ich lächelte bei dem Gedanken an sie. Wir waren endlich wieder zusammen und sie hatte mir versprochen, dass wir heute Abend zusammen fahren würden, wenn ich ihr genug Zeit gab sich von allen zu verabschieden.

Ich hatte vor, ihr heute zu zeigen, was ein Motorrad war. Es würde ihr bestimmt gefallen, denn auch, wenn sie auf den ersten Blick eher schüchtern wirkte, wusste ich aus Erfahrung, dass sie eine Menge für Kamikazeaktionen übrig hatte.

Außerdem, wenn ich gleich mit den schockreichsten anfing, konnte sie sich später nicht mehr so vor einem Fernseher erschrecken.

Ich lächelte wieder in mich hinein und betrachtete, wie die Nachmittagssonne ihre Strahlen durch das rote Blätterdach schickte. Die Luft roch hier nicht mehr so verbrannt und ich nahm einen genüsslichen Atemzug und schloss die Augen.

In dem Moment spürte ich es. Eine bekannte Präsenz von Magie, die mir einen Schauer über den Rücken jagte. Ich hatte mein Schwert natürlich nicht mitgenommen und so sammelte ich meine eigenen Magie, bevor ich die Augen wieder öffnete.

"Was willst du hier?", fragte ich, ohne mich umzudrehen.

"Die anderen Erzengel haben uns befohlen, dass wieder gerade zu biegen", erklärte Rory und holte zu mir auf, bis sie neben mir lief.

"Dann bist du hier um dich zu entschuldigen?", fragte ich und zog eine Augenbraue hoch.

"Mehr oder weniger. Ich bin hier um euch mitzuteilen, dass die Engel keinen Gegenangriff planen und euch bitten es ihnen gleichzutun. Du musst wissen, dass Castiel was das anging auf eigene Faust gehandelt hatte. Er hatte uns und seine Armee, aber die anderen Erzengel hatten keine Ahnung", erklärte sie.

Das wagte ich jetzt mal zu bezweifeln. Sie hatten vielleicht nicht die gleiche Meinung mit Castiel geteilt und ihm bestimmt auch nicht geholfen, aber dass sie nichts davon gewusst hatten kaufte ich ihnen lange nicht ab. Aber das würde den Frieden nicht wiederbringen, also nickte ich nur.

Ich wusste warum Rory mit mir allein darüber sprach, denn alle anderen würden sie töten. Oder es zumindest versuchen.

"Es hat übrigens funktioniert", sagte sie plötzlich. Ich blickte sie überrascht an.

"Ich dachte ihr müsstet die ganze Welt opfern, um die Portale zu öffnen"
Sie nickte

"Es hat sich auch nur ein kleines Loch geöffnet, ein Guckloch in unsere Heimat sozusagen. Na ja, vielleicht könne wir irgendwann tatsächlich dahin zurück", murmelte sie.

"Vielleicht", stimmte ich zu.
Wir kamen an eine Abzweigung und blieben stehen.

"Gibt es noch etwas, worüber du mit mir sprechen willst? Wenn ja sollten wir vielleicht nicht den Weg direkt zurück zum Anwesen nehmen", brach ich das Schweigen. Sie zögerte kurz, bevor sie sprach.

"Da gibt es noch etwas"

Ich nickte und nahm den von Blättern überdachten Weg weiter in den Wald hinein. Irgendwie war es merkwürdig, so entspannt neben ihr herzulaufen. Nach allem was zwischen uns vorgefallen war. Dennoch schwieg ich, bis sie nach einiger Zeit wieder anfing zu sprechen.

"Willst du wissen, warum Kaya Ianna versteinert hat?", fragte sie plötzlich. Ich starrte sie an.

"Woher willst du das wissen?", fragte ich.

"Castiel hat es herausgefunden", meinte sie mit einem Schulterzucken.
Ich schaute sie skeptisch an, bis sie weitersprach.

"Sie muss damals irgendwie herausgefunden haben, dass die Prophezeihung eigentlich auf Ianna zutrifft. Und als sie das mit euch herausgefunden hat, wusste sie auch, dass Ianna niemals mit der Liebe ihres Lebens Kinder bekommen könnte.
Also versteinerte sie sie, um sie vor dem Tod zu bewahren. Castiel hat es sich zusammengereimt, als er von Loris Tod erfahren hat", erklärte sie.

Ich schwieg eine Weile. Ich hatte Ianna noch nicht erzählt, dass ich ihre Zwillingsschwester auf dem Gewissen hatte und irgendwie erfüllte es mich mit Angst, es ihr gestehen zu müssen. Zum Glück lenkte Rory mich mit einer weiteren Frage ab.

"Ist dieser Nathaniel eigentlich wirklich Loris Vater?", fragte sie.
Ich schreckte aus meinen Gedanken hoch und blickte sie zum erstem Mal an. Die Abendsonne spielte mit den Rotton ihrer Haare.

"Ich weiß es nicht", gestand ich schließlich. Ich wusste, dass Miriam und Nate eine Beziehung gehabt hatten, auch wenn sie versucht haten, es vor mir geheim zu halten.

Allerdings haben sie oft gestritten, Schluss gemacht und wieder zueinander gefunden. Es war ein ziemliches Hin und Her und keiner von beiden war in ihren Getrenntphasen besonders treu gewesen. Jedenfalls soweit ich das beurteilen konnte. Dennoch war es ziemlich wahrscheinlich, denn Nate war gestern zusammen mit Miriam und Lori abgereist.

Damien hatte das ziemlich mitgenommen. Die beiden hatten in den letzten Tagen förmlich aneinander geklebt und sogar der Rabe hatte irgendwann lieber seine Zeit mit mir verbracht, als die beiden ertragen zu müssen.

Was im übrigen nicht hieß, dass er mir verziehen hatte, wie er selbst oft betonte. Allerdings fragte ich mich, inwiefern ich und Ianna uns anders benommen hätten als Lori und Damien.

"Ich denke hier sollten wir uns verabschieden", meinte Rory plötzlich.

Die Bäume waren hier angekohlt und der Geruch des Feuers hing wieder in der Luft. Durch die kahler werdenden Stämme konnte man das Anwesen ausmachen. Ich nickte.

"Es tut mir leid", sagte sie dann plötzlich. Ich wandte meinen Kopf überrascht zu ihr.

"Damals deine Verbannung. Ich war auf einer Mission und als ich zurückkam und es erfahren habe, bin ich so schnell wie möglich zu dir, aber es war schon zu spät.

Ich hab Castiel ab diesem Zeitpunkt gehasst, dass kannst du mir glauben und ich hab auch nach dir gesucht, aber du warst verdammt gut darin, dich zu verstecken. Erst als er mich vor den Alchemisten rettete war ich auf seiner Seite", erklärte sie.

Ich blickte sie überrascht an. Wenn ich das nur ein paar Jahrhunderte früher
gewusst hätte.

"Hasst du die Menschen immernoch so sehr?" fragte ich. Ihr Nicken versetzte mir eine Stich, aber ich sprach weiter.

"Sobald du akzeptierst, dass nicht alle Menschen Monster sind, akzeptiere ich deine Entschuldigung", damit drehte ich mich um und ging auf das Anwesen zu.

Flügelschläge hinter mir verrieten, dass sie sich ebenfalls entfernte. Das war es also. Es erfüllte mich mit Traurigkeit und Erleichterung zu gleich, sie gehen zu lassen.

Ein euer Abschnitt meines Lebens stand bevor. Einer ohne Krieg, dafür mit Liebe. Ianna wartete sicher schon auf mich. Ich würde Ray kurz Bescheid geben, dass von den Engeln keine Bedrohung mehr ausging und dann konnte mich nichts mehr davon abhalten mit meiner großen Liebe in den Sonnenuntergang zu fahren, wie es sich gehörte.

Fallen Angel Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt