*Bestattungsintitut Manu*

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POV: Palle
Ich starte auf den schwarzen Bildschirm vor mir.
Das nervigste an dem schwarzen Bildschirm ist der sich darauf drehende orangene Kreis.
Lädt...
Dabei wollte ich doch bloß in Ruhe ein wenig lesen, ich habe gerade einen Manga angefangen, der irgendetwas mit Tür Legendary Sculptor oder so heißt.
So über eine virtuelle Realität.
Das wird wohl nichts.

Die letzten Tage waren genau so ereignislos und verregnet der Samstag nach der Party.
Ich war ewig nicht mehr draußen laufen, generell bewege ich mich eigentlich nur noch von meinem Zimmer zum Essen und zum Unterricht, also ein echt ödes Leben.
Manu hingegen scheint aktiver geworden zu sein, immer öfter sehe ich ihn in Regen spazieren gehen, manchmal auch mit T.
Komische Vögel.

Ich lege mein Handy zur Seite und fixiere die Decke über mir.
Es ziehen sich ganz leichte Risse durch den weißen Putz, fast so dünn wie Spinnenweben.
Es sind zum Glück keine Spinnen, die mag ich nicht so gerne.

Ich habe ewig nicht mehr richtig mit Manu gesprochen, das letzte mal wegen Mathenachhilfe.
Dabei verstehen wir uns eigentlich ziemlich gut, vor allem nach dem mit der Party.
Auch wenn er mir ziemlich Angst eingejagt hatte, dass kann ich nicht verleugnen.
Dennoch hat er so was an sich.
Vielleicht sollte ich ihn mal besuchen gehen, von sich aus wird er mich bestimmt nicht aufsuchen, so wie ich ihn kenne.

Pov: Manu.
Mein Rücken tut weh.
Ich sitze vor meinem Bett und lese, inzwischen schon der zweite Teil von Otherland.
Ich will nicht aufstehen.
Ächzend erhebe ich mich von Boden und schlendere in Richtung Schreibtisch.
Den könnte ich ja auch mal wieder aufräumen.

Die Bücher und Hefte einfach in irgendwelchen Schubladen zu verstecken wird wohl auch reichen, sieht ja niemand.
Wie automatisch fällt mein Blick auf die kleinste Schublade, wie hypnotisiert öffne ich sie.
Meine beiden Messer.
In letzter Zeit hatte ich seltsamer Weise das Gefühl, ich bräuchte sie nicht mehr so wie früher.
Sie geben mir immer noch Sicherheit, eine eigensinnige Art von Geborgenheit und Schutz, aber ich glaube, ich in nicht mehr so abhängig.

Ich werde wohl noch ne Weile brauchen, bis ich mich vollständig von ihnen trennen kann, aber ich werde es schaffen.
Und wenn ich es nicht alleine bewältigt Kriege habe ich noch T, meinen ersten richtigen Freund.
Und Palle...
Was er wohl gerade so macht?

Vielleicht liest er ja auch so gerne wie ich...
Oder villeicht spielt er irgendwelche Videospiele.
Ich muss leicht grinsen bei dem Gedanken an einen hoch konzentrierten zockenden Palle.
Ihm jedenfalls würde ich auch einfach vertrauen.
Obwohl nicht so viel mit ihm zu tun habe wie mit T.
Ob es wohl klug ist, ihm zu vertrauen?
Egal.
Dann gehe ich halt Risikos ein, das wird es schon wert sein.

Andererseits, wenn ich mich vor ihm öffne und er mich dann abweist, was dann?
Einfach verschwinden kann man ja nicht so einfach.

Wieder schweift mein Blick zu den Messern.
Sie müssen weg.
Die geben mir zwar das Gefühl von Sicherheit, aber letztendlich machten sie mir nur Probleme.
Auf manche Gedanken wäre ich ohne sie im Leben nicht gekommen.
Dennoch verdienen sie einen gebührenden Abschied.
Der See.

Mit beiden Messern in den Taschen, einer dicken Jacke, es ist doch recht kalt geworden, und Gummistiefeln mache ich mich auf den Weg zur Riesenpfütze.
"Hey, Manu, warte auf mich!"
Ich drehe mich um, nur um hinter mir Palle zu entdecken, welcher auf mich zueilt.
Natürlich bleibe ich stehen.
"Was machst du hier?" , Frage ich ihn, begleitet von dem schmatzenden Geräusch meiner Stiefel im Matsch.
"Naja, ich sah dich halt raus gehen und wollte wissen, was du so hier treibst."
"Ich veranstalte eine Seebestattung."
Er sieht mich so verwirrt an, dass ich automatisch grinsen muss.
"Ach, komm mit und sieh selbst.
Du kannst dich glücklich schätzen, einer solch wichtigen Zeremonie beiwohnen zu dürfen." , fahre ich fort, nun eindeutig spaßhaft.
"Wer wird denn beerdigt?"
"Das ist eine Überraschung".

"Weißt du, ich habe sie von meiner Oma geerbt, als ein letztes Andenken an sie."
Ich rede einfach so darauf los, es ist einfach irgendwie richtig so.
Ich habe das Gefühl, er muss das wissen.
Er nicht nur still und sieht mich an.
Ich soll wohl fortfahren.
"Sie mochte mich gerne und ich mochte Sie auch.
Als sie weg war, hielt ich mich dann halt an ihrem einzigen Erbe fest.
Ne Zeit lang hat es ja auch super funktioniert.
Sie waren immer da, wo hätten sie auch hingehen sollen?
Aber es sind immer noch Waffen.
Auf Dauer habe ich wohl zu viel Scheiße damit angestellt."

"Wieso hat deine Oma dir den die Messer vererbt?
Ist schon ein bisschen seltsam."
"Ich habe keine Ahnung."
Bedächtig wiege ich die beiden wunderschönen Messer in der Hand.
Wir stehen inzwischen auf dem rutschigen Steg, mit dem Blick auf den grauen See, in dem sich die Regenwolken spiegeln.
Ein echt deprimierender Anblick.
Der ganze See ist voll mit Ahornblättern, welche in allen Farben leuchten und einen wunderschönen Kontrast zur tristess des Wassers bilden.

Ich hole aus und werde das erste Messer, es durchbohrt zielgenau eines der Ahornblätter und versinkt dann langsam in den Tiefen des Sees.

"Ich glaube, ich werde sie vermissen."
"Okay"
Auch das zweite Messer durchbohrt ein Blatt und verschwindet.
Für immer.

Langsam neigt sich diese Buch dem Ende zu.
Wahrscheinlich werden es so ungefähr drei/vier Kapitel schreiben,mehr wirds nicht mehr.
Dennoch viel Spaß hiermit!

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