*Eisblumen*

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An diesem Freitag morgen ist es sogar in unserem beheizten Zimmer frostig.
Ich bringe es kaum über mich, die schützende Decke wegzulegen und mit den Füßen den eisigen Boden zu betreten.

Ein Blick nach draußen sollte mir eigentlich die Wetterlage verraten, aber das Fenster ist über und über mit wunderschönen Mustern bedeckt.
Eisblumen.
Meine Mutter erzählte mir früher immer, dass nachts, wenn es friert die Schneefeen kommen, um diese Muster zu malen.
Ich muss augenblicklich lächeln.
So schöne Gebilde können auch nur von Feen kommen.

Bergi schläft noch, dick eingemummelt in seine Decke, und so leid es mir auch tut, ich muss ihn wecken, wir sind schon spät dran.
Er ranzt mich bloß an, dass ich ihn in Ruhe lassen soll, er will schlafen. Er dreht sich wieder um.
Dickkopf.

Manu sitzt schon im Klassenraum und unterhält sich mit Dado, seit dem Nachmittag in der Bücherei verstehen sie sich erstaunlich gut.
Zom hat heute wieder seinen eh.. Interessanten Hut an.
Also alles in bester Ordnung.
"Moin Palle!"
Manu winkt mir aufgekratzt zu.
Ich lasse meinen Rucksack neben die drei fallen und lege meine Sachen auf dem Tisch.
"Was wollen wir eigentlich mit den Schlittschuhen machen?"
Gute Frage.
"Ich besitze keine, ihr?"
"Nee", sonst konnte ich immer welche ausleihen.
"Glaubt ihr wir können irgendwo welche ausleihen?
Also in der Stadt?"
"Bestimmt, sonst kenne ich noch ein Sportladen, da können wir villeicht welche kaufen oder so."
"Der Manu, der kennt sich aber aus!" , lache ich.
Aber im Grunde ist das eine gute Idee, "muss ja auch nicht zu teuer sein."
"Dann lass nach der Schule direkt los."
Gerade jetzt kommt Frau Kirhoff herein, PGW.
Ehrlich noch schlimmer als Mathe.
Die betritt den Raum und das erste, was sie macht ist, einen Autoscheibenkratzer aus ihrer Tasche zu angeln und die Eisblumen zu massakrieren.
"Die schönen Blümchen", wispert Manu mir leise zu, einen schmollend ziehend.
Da muss ich ihm wohl voll zustimmen.
Die armen Blümchen.

PGW zieht sich echt zäh in die Länge, aber ich höre sowieso nur mit halbem Ohr zu, mental laufe ich schon kunstvolle Figuren auf dem Eis.
Beachten Sie einfach mal nicht, dass ich erst ein oder zwei mal im Leben richtig gefahren bin.
Ein naturtalent halt.
Hoffentlich sind wir alleine auf dem See, nur wir vier.
Das wäre schon tul.
Manu konzentriert sich auch nicht, ermittelt gedankenverloren einen Schlittschuh in sein Heft.
Wohlgemerkt einen hässlichen Schlittschuh.
Ich kann aber auch nicht besser malen.

Die Stunden vergingen quälend langsam, aber zum Glück stehen wir vier nun voll versammelt vor dem Schultor.
"Na, dann wollen wir mal!" , wie motiviert Manu doch schon ist.
Wir einigen uns auf Dekatlon, das  ist nicht allzu teuer und die Qualität wirklich okay.

Zombey, ich und Maudado besorgen uns die billigsten Eishockey -Schuhe die wir finden können, aber Manu fachsimpelt jetzt schon eine Ewigkeit über die edlen, weißen.
"Die sehen doch alle gleich aus, entscheide dich einfach für den billigsten."
Er sieht Zombey fassungslos an.
"In bisschen Wertschätzung für die Kufenschuhe bitte", sagt er in der dümmsten Stimme, die er nur kann.
Dann greift er doch den billigsten und wir können endlich den Laden verlassen.
Glücklicher Weise passen alle Schuhe dann auch noch.

Wir hatten gar nicht bemerkt, wie spät es schon ist, denn als wir das Gebäude betreten schlägt uns schon warmer Essensgeruch entgegen.

Überall reden Kinder begeistert über den zugefrorenen See, die alle wollen unbedingt heute noch laufen.
Na schön.
Das war unser Plan.
"Sach mal, die wollen alle auch heute Eislaufen gehen, das wird stressig." , Manu spricht mir direkt aus der Seele.
"Ich hab ne richtig geile Idee!
Lass uns einfach früh morgens, kurz vor dem Sonnenaufgang gehen." ,
ich bin echt stolz auf diesen Geniestreich, muss ich schon sagen.
"Jaa, Sonnenaufgang!" , jetzt sind auch Dado und Zom völlig begeistert.
"Dann lass uns vorher schlafen gehen."
"Treffen wir uns um kurz vor sieben vor der Cafeteria? Dann haben wir noch genug Zeit bis zum Sonnenaufgang."
"Oki, bis morgen"
Manus schlanke Gestalt erhebt sich vom Tisch und auch wir anderen Räumen unsere Plätze auf, heute wird mal früh geschlafen.

Ich laufe hinter mänjuel aus dem Essenssaas hinaus, hole aber in Gang auf.
Gott, seine Augen.
Ich hatte schon wieder fast vergessen, wie hübsch seine Nase, ja seine gesamten Gesichtszuge sind.
"Palle, lebst du noch?"
Huch.
Ich grinse ihn leicht trottelig an, als ich bemerke, dass wir schon vor seinem Zimmer stehen.
"Ähh, joa, bis morgen dann, ne."
"Bis morgen, Spalette".
Er umarmt mich kurz, bevor er in seinem Zimmer verschwindet.

Noch immer kann ich seine Arme um mich spüren, auch als ich schon in meinem Zimmer angekommen bin.
Mein Herz rastet gerade komplett aus.
Jetzt habe ich Angst um meine Gesundheit.
Ich werde wohl länger nicht einschlafen können.

Noch ein Kapitel.
Applaus.
Würde auch mal Zeit.
Gute nacht

PsychoWo Geschichten leben. Entdecke jetzt