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"[...] ... Hier gibt es die Theorie des Ich, des Es und des 'über Es'...[...]" erklärte der Professor während ich ihm nur halbherzig ein Ohr leihte.
Ich seufzte schwer auf und zählte aus Langeweile die Muster welche an der Decke zu erkennen waren.
Danach zählte ich noch die Lampen und die Feuermelder welche ebenfalls an der Decke angebracht waren.
Still fragte ich mich ob es wirklich nötig war gleich sieben Feuermelder in einem Raum zu installieren der mit knapp dreißig Quadratmeter nicht der größte in diesem Gebäude war.

Ich war vor kurzem Achtzehn geworden und damit aktuell die jüngste Studentin hier an der Uni in Hamburg.

"Wenn Juliette so nett wäre und ihr Handy zumindest auf Lautlos stellen würde, wäre es für die weniger begabten unter Ihnen bestimmt einfacher mir zu folgen!" rief der Professor durch den Raum und ließ mich verwirrt blinzeln.
Erst als er mich darauf aufmerksam machte das mein Handy klingelte, bemerkte ich es und drückte Pascal weg.
Was wollte er nur wieder? Er wusste doch das ich im Unterricht war!

'Bin im Unterricht.' tippte ich eilig und legte mein Handy so hin das ich direkt sehen würde wenn er mir antwortete.

'Hole dich heute ab. Vergiss das nicht ;)' antwortete er schon Sekunden später.
Ich musste lächeln als ich mich daran erinnerte das heute unser 'Geschwistertag' war. Seit mein Bruder durch 187 gepusht wurde hatte er bedeutend mehr Aufträge als Fotograf und damit hatte er auch weitaus weniger Zeit für mich. So hatten wir uns vorgenommen das wir zumindest einmal im Monat gemeinsam einen Tag verbrachten um uns regelmäßig zu sehen.
Pascal und ich hatten früher ein eher schwieriges Verhältnis da ich als Nesthäckchen immer ein wenig 'Mamas kleiner Liebling' gewesen war. So kam es auch das nach der Scheidung unserer Eltern Pascal bei Papa geblieben war.

Mittlerweile war er jedoch erwachsen geworden, auch wenn ich mir da manchmal nicht ganz so sicher war, und so war auch unser Verhältnis um einiges besser geworden.

Als ich gegen vierzehn Uhr endlich aus der Uni raus war, war ich heilfroh. Ich atmete tief durch und reckte meine Nase genüsslich der Sonne entgegen. Es war Anfang Mai und so wurde es langsam endlich warm. Ich war diesbezüglich hin und her gerissen zwischen 'Geil endlich Sommer, Sonne und Badesee' und 'Scheisse ich muss meinen Hoodie im Schrank lassen.'

"Ich würd jetzt so gern von König der Löwen das Ding singen. Aber ich kann den Text nich'!" lachte mein Bruder herzlich und schüttelte den Kopf.
"Du bist blöd!" schmunzelte ich und umarmte ihn.
"So ein königlicher Auftritt muss doch gehuldigt werden." gluckste er und musterte mich.
"Gut siehst du aus. Lass los, ich hab Hunger!" warf er ein, schnappte mich an der Hand und zog mich zu seinem Wagen.

"Du siehst auch gut aus. Wieso hast du dich so schön angezogen? Hast du ne Freundin? Was hab ich verpasst?!" fragte ich neugierig während ich um den Wagen lief.
"Was ein Quatsch. John, Gazo und Marten kommen auch vorbei und ich will neben dir nicht wie ein Penner aussehen. Also is' garnix los." warf er ein.

"Wer kommt?! Hast du sie noch alle!" stieß ich entsetzt aus und stoppte in der Bewegung und sah ihn übers Autodach hinweg an.
"Kleine... Ich weiß schon das du keinen Bock auf die Jungs hast aber die..." begann er doch ich hob die Hand.
"Nein Pascal! Nicht 'keinen bock'... Mir sind deine Freunde nicht geheuer. Ich will mit eurem Straßending nichts zu tun haben." warf ich ein und sah meinen Bruder flehend an. Dieser verdrehte nur die Augen und nickte mir zu um mir zu verdeutlichen das ich in seinen Wagen steigen soll.

Da unsere Eltern geschieden waren, war ich völlig anders aufgewachsen als Pascal. Der raue Ton der Straße war einfach nichts womit ich mich konfrontieren wollte. Zudem fand ich das die Jungs nicht wirklich nett waren was den Umgang mit Frauen anging. Dazu zählte leider auch mein Bruder. Ich hatte irgendwann aufgehört zu zählen wie oft er seine Frauen wechselte. Wie herablassend er zum Teil über sie sprach und wie schnell er die Geduld verlor was Beziehungen anging.
"Die tun dir nix ja?! Du bist keine von Martens Mädchen, John und Joe lassen auch die Finger von dir und ich weiß das du den Jungs angemessen entgegen trittst, also mach ich mir keine Sorgen das sie dir den Kopf abreisen." warf mein Bruder ein.
"Aha... Na super. Das beruhigt mich nun ungemein." murmelte ich und sah aus dem Fenster während Pascal uns durch Hamburg lenkte.

IQ187Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt