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"Dir ist klar das man dich hören kann oder?!" maulte Marten seinen Vater an.

"Hallo? Spinnst du hier einfach so herein zu platzen?" schimpfte seine Mutter, doch Marten schien sie zu ignorieren.

"Du redest von Juli als wäre sie eine Hure! Ist dir klar das sie es gehört hat?!" keifte Marten unbeirrt weiter. Ich beeilte mich zu ihm zu kommen um ihn irgendwie wieder etwas besänftigen zu können. Ich wollte nicht das nun alles aufflog nur weil Marten gerade hoch kochte.

"Marten, es ist doch halb so wild. Komm lass uns schlafen gehen!" murmelte ich und legte eine Hand auf seinen Unterarm.
Einen Moment starrte er mich an und spannte dabei sein Unterkiefer an. Offenbar dachte er über etwas nach denn diesen Blick kannte ich schon sehr gut von ihm.

"Nichts ist halb so wild! Offenbar ist mein Vater der Meinung das ich nicht gut genug bin um eine Frau wie dich zu haben! Da muss ich dich aber enttäuschen... Papa... Juli und ich werden heiraten und es ist mir scheiß egal was du darüber denkst!" keifte er und hechtete den Flur entlang hinunter. Wenig später hörte ich wie die Tür der Terrasse aufging.

Martens Mutter hatte sich eine Hand vor den Mund geschlagen und sah mich mit großen Augen an während mein Hirn einen Totalausfall erlitten hatte.
"Oh wie schön..." keuchte Martens Mutter und ließ mich so verdattert zu ihr sehen.
"Ich... Geh mal gucken." nuschelte ich und folgte Marten. Als ich jedoch an der Treppe angekommen war, war ich mir nicht mehr so sicher ob ich ihm folgen sollte. Ich hatte Marten noch nie so wütend erlebt. Zumal die Behauptung das wir heiraten würden mich vollkommen durcheinander brachte. Wie wollte er das nur wieder hin bekommen? Vorallem tat mir jedoch seine Mutter leid. Die freute sich über Martens kundgabe so sehr das ich mal wieder ein schlechtes Gewissen bekam.

Ich nahm allen Mut zusammen und folgte Marten auf leisen Sohlen nach unten.

In der Dunkelheit wirkte er wie der Teufel höchst persönlich. Er stand mit dem Rücken zur Tür und lehnte an einer der Säulen der Terassenüberdachung. Durch die veränderte Körperhaltung zeichneten sich einzelne Muskelpartien an seinem Rücken deutlicher ab und durch die schwache Beleuchtung wirkten seine Tattoos weitaus düsterer als sie es ohnehin schon waren.

Ich stieß leise Luft aus um mich bemerkbar zu machen, zu viel Angst hatte ich, ihn direkt anzusprechen.
Marten reagierte darauf jedoch nicht. Er blies den Rauch seiner Zigarette in die Luft und starrte weiter in den dunklen Garten.

Eine Zeit lang stand ich einfach nur hinter ihm, hing meinen Gedanken nach, versuchte diese halbwegs zur Ordnung zu rufen und betrachtete sein großes Rückentattoo.

Neugierig darüber ob man diese dicken schwarzen Linien seines Schriftzuges fühlen konnte, streckte ich irgendwann meine Finger danach aus und fuhr sie nach. Dabei dachte ich garnicht mehr daran das dieser Schriftzug auf menschlicher Haut war. Ich dachte nicht daran das Marten diese Berührung spüren konnte und mich damit vermutlich für seltsam befinden könnte.
Mit jedem Zentimeter den ich an Martens Rücken entlang fuhr begannen meine Fingerspitzen mehr und mehr zu kribbeln.

"Juli..." krächzte Marten, ohne sich zu bewegen. Ich schwieg, hätte ohnehin nicht gewusst was ich sagen sollte und ging noch einen Schritt auf ihn zu und lehnte meine Stirn gegen seinen Rücken während meine Hände mittlerweile zur Ruhe gekommen waren.
Marten roch angenehm nach seinem Duschgel.

"Weißt du... Du tust mir gut. Du machst mir Mut und gibst mir Halt. Ich hätte mich nie getraut so ein pikantes Thema als Semesterprojekt zu wählen. Aber... Seit ich dich kenne weiß ich dass das Leben viel schöner ist wenn man sich nicht immer versteckt und sich auch mal etwas weiter als für gewöhnlich aus dem Fenster lehnt." flüsterte ich leise gegen Martens Rücken.
"... Du nimmst mich so wie ich bin. Mit sammt meinen Tagträumen und du weißt genau was ich brauche wenn mein Kopf wieder am Rad dreht." hing ich an und Atmete einmal tief durch.

"Wenn du glaubst das du nicht gut für mich bist, dann muss ich dir leider sagen das du damit unfassbar falsch liegst. Du hast aus mir einen anderen, mutigeren und spannenderen, Menschen gemacht. Vielleicht bin ich neben dir immer noch Mutter Theresa aber... Ist es nicht okay als Frau auch einfach eine Frau sein zu wollen? Eine Frau mit einem starken Mann im Rücken?" fragte ich.
Ich wusste das Marten mir genau zuhörte denn er hatte seinen Kopf leicht zur Seite gedreht.
Dennoch schwieg er.

Ich hauchte ihm einen Kuss auf die Haut und verschwand dann wieder nach oben. Zitternd schloss ich die Tür zum Schlafzimmer und kuschelte mich in das warme Bett.
Vielleicht hatte ich mich nun bis auf die Knochen blamiert aber ich konnte mich am Ende des Tages im Spiegel ansehen. Denn ich stand dazu was in mir vor ging.
Dabei war es mir egal, was Marten nun über mich denken würde.

IQ187Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt