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Juliette

"Ich trau meinen Augen nicht!" staunte Marten's Mutter als wir knapp zwei Wochen später bei ihnen auftauchten.
"Hallo Brigitte! Schön dich wieder zu sehen!" lächelte ich unsicher. Ich kam mir schäbig vor hier nach Jahren aufzutauchen.
Marten hatte mir erzählt das selbst bei Geburtstagen immer wieder gefragt wurde weshalb ich die Einladungen abgelehnt hatte. Diese Familie konnte doch gar nicht wieder gut über mich denken.

"Wie ich mich freue!" rief sie glücklich und fiel mir um den Hals.
"Ich freue mich auch und ich glaube ich muss mich wirklich entschuldigen das ich all die Jahre nicht gekommen bin wenn ihr mich eingeladen habt." hing ich an.
"Ach Kind! Weißt du, mein Sohn ist nicht einfach ich kann das verstehen wenn es zwischen euch mal schwierig ist das du dann nicht noch Lust auf seine Familie hast." warf sie entspannt ein. Ich blinzelte überrascht und sah zu Marten. Was hatte er ihr den da in den letzten Jahren an Ausreden aufgetischt?

"Ja guck nicht so, ich merk das schon an seinem Verhalten. Wenn er nur Unsinn macht und schlechte Laune hat... Da weiß ich das irgendwas nicht passt." versicherte sie während wir ihr ins Wohnzimmer folgten.
"Paul?!" rief sie und schielte in den Garten.
"Deswegen habt ihr ja auch die Hochzeit auf nächstes Jahr verschoben oder?" fragte sie und setzte sich zu uns.
"Nein ehm... Um ehrlich zu sein war ich Schwanger aber..." ich schluckte schwer und sah zu Marten. Wir hatten beschlossen das wir dieses Thema bewusst Ansprachen damit seine Mutter uns nicht ständig fragt ob wir das auch irgendwann angehen wollten.
Marten hatte mir erzählt das sie immer wieder fragte wann er sie endlich zur Oma machen wollte.
Brigitte machte bei diesen Neuigkeiten große Augen und sah zwischen mir und Marten hin und her.
"Oh nein... Das... Ach Kind das tut mir so leid!" murmelte Sie und umarmte mich direkt. Mir wurde beinahe schlecht so ein schlechtes Gewissen hatte ich. Sie hatte ja keine Ahnung was ich getan hatte. Auf Martens Wunsch hin hatten wir die Wahrheit jedoch ein bisschen verdreht.
"Juli musste das Kind abtreiben Mama... Es war nicht Gesund." hing Marten an.
"Tischt ihr uns wieder eine Lüge auf?!" fragte Martens Vater böse von der Tür aus.
Er war mir, im Gegensatz zu seiner Frau, ganz und garnicht wohlgesonnen.
"Untersteht dich Paul!" fuhr seine Mutter dazwischen.

Ich kaute unterdessen angespannt auf meiner Unterlippe herum und sah auf meine Finger.
"Ich... Hab ein Bild." murmelte ich und sah verlegen auf. Marten gefrohr das Gesicht denn auch ihm hatte ich bis heute nicht gesagt das ich ein Bild unseres Kindes aufgehoben hatte.
"Ich... Also... Wenn ihr es sehen wollt... Ich kann es beim nächsten Mal... Mitbringen." murmelte ich und klammerte mich an die Hand von Marten.
"Ich glaube dir auch so, aber natürlich wenn du möchtest dann kannst du es uns sehr gerne Zeigen." lächelte Brigitte während Paul nur schnaubte und wieder in den Garten ging.
Marten stand auf und wollte ihm folgen doch ich sprang auch auf und hielt ihn fest.
" Kannst du... Bitte hier bleiben? "fragte ich leise.
"Wozu? Das ich direkt höre was du mir noch vorenthalten hast?!" schnauzte Marten und ließ mich so einfach stehen.
Ich hatte die Augen geschlossen und raufte mir mit einer Hand das Haar.
"Es tut mir leid ich... Hätte nicht mit hier her kommen sollen. Irgendwie..." ich sah Brigitte hilflos an doch diese lächelte mich aufmunternd an.
"Ich verstehe nicht wieso zuhause immer alles so einfach und schön mit ihm ist. Wenn wir irgendwo sind dann... Plötzlich ist er so schnell auf 180." seufzte ich und setzte mich, auf Brigittes stumme Bitte hin, wieder.
"Du hast ihm nie das Bild gezeigt?" fragte sie nach.
"Nein ich... Wir hatten damals einen üblen Streit und waren, glaube ich, getrennt. Zumindest hat es sich so angefühlt. Naja... Marten hat erst später von meiner Schwangerschaft erfahren und auch... Von der Abtreibung dann natürlich." seufzte ich. Ich hatte ein schrecklich schlechtes Gewissen. Ich log bis sich die Balken bogen nur damit sie kein schlechtes Bild von mir hatte.

"Wir fahren! Jetzt!" keifte Marten und rauschte an mir vorbei.
"Aber ihr seit doch gerade erst gekommen?" warf Martens Mutter verwirrt ein.
"Na und? Ich Ertrag ihn nicht! Für Papa werde ich wohl nie gut genug sein um eine anständige Frau wie Juli zu haben! " schrie er so laut das ich den Kopf einzog. Zudem fühlte ich mich im Moment ganz und garnicht anständig.
"All die Jahre taucht sie hier nicht auf, du hast die buntesten Ausreden weshalb sie nicht zu Familienfeiern kommt und nun taucht sie plötzlich wie aus dem Nichts wieder auf. Merkst du was?!" keifte sein Vater von der Terrasse aus ins Wohnzimmer.
"Juliette kommst du?" knurrte Marten und sah mich auffordernd an.
"Tut mir leid Brigitte. Es tut mir wirklich leid." flüsterte ich als ich sie noch schnell umarmte. Dann folgte ich Marten.

Er hatte bis wir in Hamburg ankamen kein Wort mit mir gesprochen.
Dementsprechend beschissen hatte sich die ganze Fahrt angefühlt.

"WOLLTEST DU MIR JEMALS DAS BILD UNSERES KINDES ZEIGEN?!" schrie er als die Tür der Wohnung ins Schloss fiel.

Ich sah Marten mit großen Augen an, schwieg jedoch eine ganze Zeit lang.

"Ich weiß es nicht..." flüsterte ich irgendwann.
Martens Blick war so kalt das ich das Gefühl hatte jeden Moment unter diesem zu ersticken.
"Wieso? Sag mir wieso du mir DAS vorenthalten hast." keifte er.
"WEIL ICH ES NICHT ANSEHEN KANN OKAY! ICH ERTRAGE DEN ANBLICK DIESES KINDES NICHT! ES DIR ZU ZEIGEN SETZT ABER VORRAUS DAS ICH DIE UNTERLAGEN RAUSSUCHEN MUSS, DAS ICH ALL DIE SACHEN ANFASSEN MUSS UND DAS ICH ES ANSEHEN MUSS!"schrie ich verzweifelt und weinte dabei wie ein kleines Mädchen das sich die Knie aufgeschlagen hatte.
"Aber es meinen Eltern zeigen wäre natürlich kein Problem gewesen..." schnaubte er enttäuscht und schlüpfte an mir vorbei und flüchtete auf die Dachterrasse. Mittlerweile hatte ich das Gefühl wir könnten eine Telenovela drehen. Jedesmal stellte sich uns irgendetwas in den Weg. Jedesmal eskalierte die Situation und wir endeten in einem furchtbarem Streit.
Diesmal war jedoch ich diejenige die Schuld an dem ganzen hatte.

IQ187Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt