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"Was hat sie?" hörte ich Brigitte besorgt fragen.
"Wenn ich es nur wüsste..." murmelte Marten und drückte mich fest an sich. Ich fühlte mich als hätte ich keine Kontrolle mehr über mich.
In mir machte sich eine derartige Kälte breit das ich zu frieren begann. Selbst Martens warmer Körper konnte das nicht verhindern.

Ich starrte die ganze Nacht an die Decke und vergoss immer wieder Stille Tränen.
Marten hatte mich irgendwann an sich gezogen und mich einfach festgehalten.
Für mich fühlte sich Mamas Offenbarung an wie eine Lüge. Ich konnte es nicht glauben und doch war da nun dieser Teufel auf der Schulter der mir immer wieder sagte das es stimmte.

So sehr ich es versuchte aber diesmal konnte ich nicht in meine Traumwelt fliehen. Immer wieder holte mich die bittere Realität zurück und stellte mir die selbe Frage immer und immer wieder.

"Müssen wir bis am Abend bleiben?" fragte ich gegen vier Uhr Morgens.
"Nein. Ich bring dich nach dem Frühstück direkt zu deinem Bruder. Du solltest nicht alleine sein." murmelte Marten und rutschte etwas zur Seite um mich besser ansehen zu können.
"Ich will ihn nicht sehen. Niemanden aus meiner..." ich unterbrach mich und sah Marten eine Zeit lang an.
"... aus... dieser... Familie." hing ich irgendwann an.
"Dann bringe ich dich... Irgendwo anders hin... Aber ich hab später einen Termin. So gern ich wollte... Aber ich kann nicht bei dir bleiben." stellte er klar.
"Ich schaff es schon alleine zu sein." versicherte ich und schloss die Augen, so als wollte ich so jedes weitere Wort von Marten einfach abprallen lassen.
"Sturkopf." murrte er und zog mich wieder an sich.

Ich fragte mich weshalb Marten so lieb mit mir war. Hatte er Mitleid? Würde er das immer tun wenn es mir nicht gut ging?
Vielleicht.

Offenbar war ich eingeschlafen den als ich mich umdrehte war es hell und Marten weg.

Ein Blick auf die Uhr, die über der Tür hing, verriet mir das es bereits drei Uhr nachmittags war.
Erschrocken sprang ich auf und eilte ins Badezimmer.

So schnell hatte ich mich noch nie umgezogen und gewaschen.
Als ich in die Küche stolperte sah mich Brigitte mitleidig an.
"Marten kommt nachher wieder. Er ist nur zu seinem Termin gefahren. Er wollte dich nicht wecken." versicherte sie als ich sie völlig panisch anstarrte.
"O... Okay." nickte ich und fuhr mir durchs Gesicht.
"Setz dich. Ich hab dir ein Frühstück vorbereitet als ich gehört habe das du wach bist." seufzte sie und setzte sich mit mir an den Tisch.

"Eigentlich hab ich garkeinen Hunger." murmelte ich und sah sie entschuldigend an.
"Ein bisschen musst du essen. Marten hat mittlerweile ein wenig erzählt was da gestern los war. Willst du darüber reden?" bot sie mitfühlend an.
"Um ehrlich zu sein... Ich weiß garnicht was ich erzählen sollte. Ich hab keine Ahnung was los ist... Ob das überhaupt stimmt.... Ich..." ich schüttelte verzweifelt den Kopf und kämpfte wieder mit den Tränen.
"Ach liebes..." murmelte Martens Mutter und umarmte mich liebevoll so das ich nur Sekunden später in ihre Schulter schluchzte.

"Marten ist wieder da." murmelte Paul und strich mir ebenfalls tröstend über den Rücken.

Für mich verlief der Rest des Tages wie in einem Film. Marten hatte mich nach Hause gebracht. Er blieb über Nacht und brachte mich am nächsten Morgen zum Bahnhof damit ich zu meiner Mutter fahren konnte. Ich hatte Angst vor dem was sie mir erzählen würde aber ihre Worte einfach ignorieren als wäre nichts gewesen, konnte ich nicht.

Wir sprachen lange miteinander. Ich weinte viel und war fassungslos über das was sie mir erzählte.
Die Tatsache das Pascal nicht bescheid gewusst hatte half mir nur bedingt. Zumindest wusste ich das er mich nicht belogen hatte.

Trotzdem zog ich mich vorerst zurück und machte mich auf die Suche nach meiner richtigen Familie. Zumindest das konnte mir meine Mutter sagen.
Meine Biologische Mutter lebte offenbar nicht mehr, dafür aber mein Vater. Ob ich noch Geschwister hatte wusste Mama nicht, nur das zumindest vor meiner Geburt noch keine da waren.

Schritt für Schritt verarbeitete ich alles was man mir offenbart hatte. Bis zu dem Tag an dem ich auch Pascal davon erzählen wollte war es für mich schon etwas leichter gewesen damit umzugehen.

Pascal war entsetzt darüber was ich ihm erzählte. Erst dachte er ich wolle ihn verarschen doch mit allen Dokumenten und auch den Informationen die ich hatte und ihm erzählte war er sprachlos auf meiner Couch gesessen und hatte irgendwann nurnoch mit dem Kopf geschüttelt.

"Ändert das was zwischen uns?" fragte ich irgendwann traurig.
"Nein..." versicherte er mir leise und zog mich in eine feste Umarmung.
"Gut, dann gehen wir jetzt bitte auf den Kiez? Ich will mir heute einfach die Kante geben." bat ich und sah ihn flehend an.
"Aber nur wenn ich die Jungs mitnehmen kann. Alleine hab ich keinen Bock auf dich aufzupassen." warf er ein und brachte mich so dazu müde zu lachen.
Es fühlte sich fast ein wenig ungewohnt an den in den letzten Wochen hatte ich meist nur emotionslos vor mich hin gestarrt.

IQ187Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt