Auftritt: Bucky

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Menschen schreien vor Schmerzen, Verzweiflung und Wut, während ich vor ihnen stehe und dabei zusehe, wie sie einer nach dem anderen Sterben.
Mein Blick ist kalt, erst als ein Pfeil auf mich abgefeuert wird und ein stechender Schmerz sich daraufhin in meinem Oberschenkel ausbreitet, erwache ich aus der Starre.
Und aus meinem Traum.
Stark schwitzend setze ich mich in Steves leerem Bett auf. Schwer atmend schlage ich die Decke zurück, um meine Finger um die schmerzende Narbe auf meinem Oberschenkel zu legen.
Ich bin froh darüber, dass Steve das nicht mitbekommen hat. Es würde die Fassade bröckeln lassen, ich wäre nicht mehr perfekt. Es macht mich fertig, dass ich es nicht kontrollieren kann.
Meine Atmung beruhigt sich wieder und ich denke an das letzte Mal, als sich der Alptraum in der Nacht in meine Gedanken geschlichen hat.
Am Tag davor war ich mit Peter in New York unterwegs. Notdürftig mit Cappies und Sonnenbrillen vermummt. Es hat sich so gut angefühlt, in der Menschenmenge zu verschwinden. Keiner wollte ein Foto oder ein Autogramm. Alle haben sich um ihren Scheiß gekümmert und mich in Ruhe gelassen.
Ich war ziemlich kaputt, als ich mit Steve zu Bett gegangen bin. Als ich im Schlaf unruhig wurde und kurz darauf schwer atmend hochgeschreckt bin, hat Steve noch seelenruhig neben mir geschlafen. Ich bin dann aufgestanden und habe mich ins Wohnzimmer vor den Fernseher gesetzt und habe Teleshopping angeschaut. Ich wollte auf keinen Fall weiterschlafen. Die Angst, wieder in diese schlimme Erinnerung gezogen zu werden, war zu groß.
Wie hypnotisiert fahre ich mit den Fingern den kleinen Kreis auf meinem Bein nach. Ich konnte die Menschen nicht retten, also verfolgen sie mich. Die Narbe ist das kleinere Übel, das ich davon getragen habe.
Nachdem ich mich wieder vollkommen beruhigt habe, steige ich aus dem Bett und laufe zu Steves Kleiderschrank, um ein langes T-Shirt von ihm herauszuziehen.
Ohne zu schauen, ob die Luft rein ist, setze ich einen Fuß in den Flur. Ich will gerade in meinem Zimmer verschwinden, als eine sehr bekannte Stimme aus der Küche dringt.
Ohne nachzudenken, stürme ich dorthin und schmeiße mich in seine Arme.
"Wow, komm mal runter. Ich habe mich schon gefragt, wie lange du noch schlafen wirst."
Ich lächele in Buckys Schulter hinein und bleibe stumm.
"Ich habe dich vermisst, Bucks."
Wir lösen uns voneinander und schauen uns lächelnd an.
"Das ist nur logisch."
Ich verrolle die Augen, aber ich weiß, dass er mich auch vermisst hat. Er würde es nie zugeben.
"Ich lasse euch beide dann mal allein."
Damit verlässt Natasha den Raum.
"Oh, ich wollte euch nicht stören!" Und ich bin wieder schuld.
Bucky tut es mit einer Handbewegung ab.
"Hast du nicht, ich denke, Nat war nur höflich."
Er lächelt mich an.
Ich will gerade den Mund aufmachen, um ihn zu fragen, wie die Mission war, als ich unterbrochen werde.
"Katherine! Willst du dir nicht eine Hose anziehen?"
Ich erhalte das Lächeln in meinem Gesicht, als Steve sich zwischen uns stellt und mich vorwurfsvoll ansieht.
Er mag es nicht, wenn ich knapp bekleidet herumlaufe, sei es nur im Appartement.
"Ja, tut mit Leid. Ich wollte gerade in mein Zimmer, da habe ich Bucks Stimme gehört."
Als nichts darauf erwidert wird, drehe ich mich auf den Fersen um und gehe mit erhobenem Kopf in mein Zimmer.
Er meint es nicht böse, das weiß ich.
Ich halte meinen Kopf leer, als ich mir eine Jeans anziehe und Steves T-Shirt, gegen eine meiner Blusen austausche. Meine Augen sind kalt beim Wimperntusche auftragen. Meine Haare binde ich zu einem Pferdeschwanz nach hinten, zwei Stränen umranden mein Gesicht.
Bevor ich aus dem Zimmer trete, hole ich meine Freude darüber, dass Bucky wieder da ist, zurück.
In der Küche angekommen, stehen Sam, Steve und Bucky um die Kücheninsel herum mit jeweils einer Kaffeetasse vor sich stehen.
Mit geradem Rücken laufe ich zu Steve, damit er einen Arm um mich legen kann. Das macht er gerne.
Sie reden über Buckys Mission, ich höre aber nicht zu. Den Blick auf den besten Freund von Steve gerichtet, erinnere ich mich auf das erste Treffen mit ihm.
Das ist jetzt auch schon über ein Jahr her. Als ich in Berlin half, gegen diese Aliens zu kämpfen, habe ich ganz schön was abbekommen. Bucky hat an meiner Seite gekämpft und mich danach in die deutsche S.H.I.E.L.D.-Zentrale gebracht, damit ich verarztet werden konnte.
Er war mein erster Freund bei den Avengers. Wir haben gemeinsam viele Missionen und Kämpfe bestritten.
"Übrigens, toller Auftritt gestern."
In Buckys Gesicht ist deutlicher Spott zu sehen und ich spüre, wie Steves Muskeln sich anspannen.
Ich kuschele mich tiefer an seinen Körper, um ihn zu beruhigen.
"Das ist nur logisch.", zitiere ich seine eigenen Worte, womit ich ein schiefes Lächeln von ihm ernte.
"So, jetzt aber los!"
Sam schlägt Steve auf die Schulter und verlässt die Küche.
Fragend sehe ich meinen Freund an.
"Wir gehen laufen."
Erst jetzt bemerke ich, dass er Sportklamotten trägt.
"Ich dachte, du wolltest heute morgen trainieren."
Ich bemühe mich, es als normale Frage klingen zu lassen.
"Das habe ich auch, am Boxsack und an den Geräten. Jetzt ist Joggen dran."
Er dreht sich zu mir um, streicht eine Strähne hinter mein Ohr und gibt mir einen zarten Kuss auf die Stirn, bevor er sich von Bucky verabschiedet.
Wie immer verberge ich meine Gefühle hinter einem Lächeln, bis mir auffällt, dass ich nun allein mit Bucky in der Küche stehe.
Gleich darauf lasse ich die Maske fallen und setze mich geknickt an den Esszimmertisch.
"Erzähls mir." Mit diesen Worten setzt er sich mir gegenüber.
Bevor ich meinen Kopf auf meine Hände stütze, die Ellenbogen auf dem massiven Holztisch, entferne ich die Strähne hinter meinem Ohr und lasse sie frei an meinem Gesicht baumeln.
"Ich hatte heute wieder diesen Traum."
"Hast du mit Steve darüber geredet?"
Tränen sammeln sich in meinen Augen und fließen über meine Wangen.
"Natürlich nicht."
"Kat, ich kenne ihn schon sehr lange. Du kannst mit ihm reden."
Ich sehe ihn durch die leisen Tränen hindurch an.
"Du kennst ihn nicht so, wie ich es tue."
Damit endet das Thema immer bei uns.
"War der Traum wie immer?"
Ich schniefe un-ladylike und wische mir mit der flachen Hand über das Gesicht.
"Die gleichen Gesichter, die gleichen Schreie."
"Du kannst nichts dafür, Kat. Du konntest nichts tun."
"Ich weiß."
"Anscheinend nicht. Du warst betäubt und unfähig zu helfen." 
Er sieht mich traurig, aber ernst an. Ich bleibe stumm und nicke.
"Hey, Bucky! Ich wusste gar nicht, dass du da bist!"
Ich spüre, wie Peter sich hinter mich stellt. Unmerklich wische ich mir die letzten Tränen aus dem Gesicht und richte mich auf.
"Hey Peter, es sollte eine Überraschung werden."
Bucky lächelt leicht, daraufhin greift sich Spidey einen Apfel von der Kücheninsel und verschwindet wieder.
Sofort lasse ich meine Schultern wieder fallen.
Wenn Bucky im Tower ist, spüre ich den goldenen Käfig mehr und mehr.
Es tut zwar gut, meine Gefühle endlich rauszulassen, aber umso schwerer ist es, sie wieder zu verdrängen.
In Buckys Augen sehe ich, dass er das weiß.

Blonde vs. Black (Bucky FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt