Nicht Lady-like

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"Was machen wir heute?", frage ich Steve, als er nur mit einem Handtuch bekleidet aus dem Badezimmer kommt.
"Die Jungs und ich gehen ins Hells Throat."
Es fühlt sich an, als würde er mich ignorieren, als er zu seinem Kleiderschrank geht und hineinschaut.
Um das unangenehme Gefühl loszuwerden, stehe ich von seinem Sessel auf und schmiege mich an seinen Rücken.
"Wann? Dann mache ich mich fertig und..."
Sofort dreht er sich um und sieht mich verwirrt an.
"Du kommst nicht mit, Kat."
Es fällt mir deutlich schwer, nicht wütend zu werden. Gezwungen frage ich verhalten:"Und der Grund dafür ist...?"
Ich lächele dabei etwas, um ihm zu vermitteln, dass es eine normale Frage ist.
Er greift sich eine Unterhose aus der Kommode.
"Die Kneipe ist kein Ort für ein Mädchen. Außerdem würde es deinem Image schaden."
Ich überhöre den Fakt, dass er mich gerade Mädchen genannt hat und nicke.
Er hat Recht, es würde in der Öffentlichkeit nicht gut ankommen, wenn man mich dort sehen würde.
"Daran hatte ich nicht gedacht. Viel Spaß euch!"
Ich gebe ihm einen Kuss auf die Lippen und ziehe mich in mein Zimmer zurück.
Ich entscheide mich dafür, mir heute Abend einen Film anzusehen und etwas zu trinken.
Steve wird es zwar nicht gefallen, wenn er nach Hause kommt, damit wird sich aber erst mein Zukunfts-Ich ausseinander setzen müssen.
Nachdem mir Steve nocheinmal Tschüss gesagt hat, schlurfe ich durch den Flur zur Küche.
Alles was ich im Kühlschrank finden kann, sind zwei Flaschen Sekt und eine Dose Bier. Da ich wohl mal wieder die Einzige im Appartement bin, werde ich heute allein Trinken.
Eigentlich mag ich Sekt nicht so besonders, aber mit einer Dose Bier komme ich heute nicht weit.
Mit einem lauten Plopp, öffne ich die Flasche und entscheide mich gegen ein Glas.
Auf Netflix entscheide ich mich für Magic Mike.

Widerwillig drücke ich auf Pause, als die erste Flasche Sekt leer auf dem Boden liegt.
Diesmal wird der laute Plopp mit sprudelndem Prickelgesöff begleitet. Fluchend stelle ich die Flasche beiseite und schnappe mir ein Handtuch, um den Küchenboden zu wischen.
Als ich den Boden einigermaßen sauber gemacht habe, bemerke ich beim Aufstehen, dass ich schon ganz schön einen im Tee habe.
Mit der Flasche in der Hand, auf dem Weg in mein Zimmer, lächele ich in mich hinein.
Ich denke daran, wie ich früher mit meinen Freundinnen in Berlin einen draufgemacht habe.
Bierpong, mit fremden Jungs knutschen und im vollen Club die Sau rauslassen.
Mir ist gar nicht bewusst geworden, wie sehr ich es vermisse, nicht darauf zu achten, wie ich auf andere wirke oder welche Konsequenzen mein Handeln mit sich zieht.
Früher hieß es JA, bevor ich überhaupt wusste, was los war. Jetzt heißt es nur Du kannst nicht, Du darfst nicht, NEIN.
Könnte ich nur die Zeit zurückdrehen.
Ich nehme zwei große Schlücke von dem prikelndem Getränk und schalte den Fernseher aus. Stattdessen öffne ich auf meinem Smartphone Spotify und verbinde es mit der Musikbox.
So laut es das Gerät zulässt, hallt Ballermann-Musik durch mein Zimmer. Ich schließe die Augen und erinnere mich an den letzten Urlaub auf Mallorca.
Ich nehme noch mehr Schlücke und steige auf meine kleine Couch, um mich im Rhytmus von Can you English Please zu bewegen.
Ich war nie ein Hardcore-Fan von dieser Musik gewesen, aber ich brauche das in diesem Moment. Einfach mal den Assi rauslassen.
Laut gröhle ich bei dem leichten Text mit und verschütte etwas vom Sekt, als ich anfange zu springen.
Ich bemerke gar nicht, dass ich nicht allein bin. Erst, als die Musik abrupt stoppt, öffne ich die Augen und sehe Steve vor mir stehen. Er blickt mich fassungslos an.
Scott, Sam und Bucky stehen in der Tür und schauen amüsiert zu mir herüber.
"Was zur Hölle, machst du da?"
Steve will nach der halbvollen Flasche in meiner Hand greifen, aber ich bin schneller.
Ich entscheide mich dafür, diesmal nicht die Opferrolle zu spielen.
"Ich habe Spaß, verdammt nochmal."
Danach hallt mein Lachen durch den Raum, da ich nicht mehr wusste, wie es sich anfühlt besoffen zu reden. Die Zunge schwer, die Worte unklar im Kopf zusammengesetzt.
"Komm von der Couch runter!"
Steves Geduld wird von Sekunde zu Sekunde weniger, was mich noch mehr anstachelt.
"Nöööööö."
Statt seiner Vorderung zu folgen, setze ich die Flasche an meine Lippen und leere sie in einem Zug.
"Katherine!"
Steve hat sich nun einige Schritte von der Couch entfernt und sieht unsicher zu seinen Freunden.
Als ich nach dem letzten Schluck einen lauten Rülpser von mir gebe, verlässt er kopfschüttelnd den Raum.
Morgen werde ich es bereuen, aber heute fühlt es sich so verdammt befreiend an.
Was wohl die Menschen da draußen sagen würden, wenn sie mich so sehen könnten. Wären sie enttäuscht, geschockt oder würden sie es vielleicht sogar toll finden? Wir werden es wohl nie erfahren.
Die Tür schließt sich endlich wieder und ich schalte die Musik wieder an und tanze mit geschlossenen Augen durch das Zimmer. So laut ich kann gröhle ich den Text von Johnny Depp.
Wieder stoppt die Musik, ich will gerade protestieren, als Bucky vor mir steht.
"Bucks!"
Ich hebe die Arme in die Luft und schmeiße mich in seine Arme.
"Komm, mach mit! Das wird so wie in Thailand!"
Ich versuche, ihn auf die Couch zu ziehen, aber er bleibt starr davor stehen.
"Was ist denn looooos mit dir?"
Auf der Couch stehend, liegen meine Hände auf seinen Schultern.
"Kat, du musst dich mal beruhigen. Steve ist mega sauer."
"Scheiß auf Steve! Nie darf ich machen was ich will!"
Schmollend trete ich wieder auf den Boden und greife nach einer der Sektflaschen und führe sie an meinen Mund, nur um festzustellen, dass sie leer ist.
"Komm, wir gehen noch wohin! Wenigstens zum Kiosk um die Ecke, um noch Alkohol zu besorgen!"
Ohne auf eine Antwort zu warten, ziehe ich eine Jacke aus dem Schrank und laufe zur Tür.
"Du gehts nirgendwo mehr hin, Kat."
Bucky schlingt seinen Metallarm um meine Taille und hindert mich daran, den Raum zu verlassen.
"Warum denn? Weil mich so keiner sehen darf? Wegen meinem Image? Das ist mir scheiß-egal! Ich will wieder so sein wie früher."
Beim letzten Satz fühle ich mich auf einmal hundeelend.
Als ich mich nicht mehr wehre, wird Buckys Griff lockerer und ich befreie mich.
Traurig blicke ich in seine Augen.
"Bucky, ich will sein wie früher."
"Dann mach es doch einfach. Wer soll dich aufhalten?"
Er sieht mich ermutigend an.
Er ist der einzige, der mich so mag wie ich wirklich bin.
Ohne einen Gedanken daran zu verschwenden, mache ich einen Schritt auf ihn zu, stelle mich auf die Zehnspitzen und küsse ihn.
Kurz, ganz kurz, erwiedert Bucky den Kuss, bevor er mich von sich schiebt und geschockt in die Augen sieht.
Er öffnet seinen Mund, sagt aber erst einige Sekunden später etwas.
"Du bist betrunken, du brauchst Schlaf."
Ohne mir nochmal in die Augen zu sehen, verlässt er mein Zimmer.
Was habe ich nur getan?

Blonde vs. Black (Bucky FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt