Seit Thailand...

722 32 3
                                    

Noch fertiger mit den Nerven, steige ich aus der mittlerweilen lauwarmen Wanne.
Nur in Unterwäsche gekleidet, liege ich auf meinem Bett und starre an die Decke. Wie konnte mein Leben nur so schief gehen.
Das Klopfen an meiner Tür reißt mich aus meinen Gedanken.
"Einen Moment!"
Schnell binde ich mir meinen Bademantel um und trete vor die Tür. Mein Herz klopft, bis ich sie öffne und Bryce vor mir steht.
"Hey, hast du dich schon vom Interview mit Kimmy Sallon erholt?"
Ohne ihn hereingebeten zu haben, schlüpft er in mein Zimmer und lässt sich auf die Couch fallen.
"Einigermaßen, wieso?"
Angewiedert steht er direkt wieder auf und wischt sich die Hände an der Rot-Blauen Karohose ab.
"Da ist irgendein bappiger Fleck auf der Couch. Was zur Hölle ist das?"
Deprimiert lasse ich mich wieder auf das Bett fallen.
"Wahrscheinlich Sekt. Also, komm zum Punkt."
"Uhh, so borstig heute? Das ändert sich gleich! Ich habe am Freitag einen Auftritt in Guten Morgen Amerika für dich organisiert!"
Freudig wartet Bryce auf eine Antwort von mir. Stattdessen nehme ich mein Kopfkissen, lege es auf mein Gesicht und schreie hinein.
"Was ist denn passiert?"
Damit lässt er sich neben mich fallen und schaut mich erwartungsvoll an.
Bryce ist zwar mein Freund, aber darüber kann ich nicht mit ihm reden. Er würde es nicht verstehen.
"Ich habe meine Rote Woche."
Angeeckelt verzieht er das Gesicht. Einerseits ist es die perfekte Ausrede für alles, andererseits hasse ich die Reaktionen darauf.
Ja, ich blute!
Ja, ich finde es auch nicht gerade toll!
Aber nein, es ist nicht ekelhaft, sondern natürlich!
"Also, ich sage zu?"
Seine Stimme ist am Ende des Satzes nach oben geschossen.
Eigentlich müsste er es besser wissen. Ich lehne einen TV-Auftritt niemals ab.
"Klar.", sage ich und starre wieder an die Decke.
"Super! Ich bereite alles vor!"
Er erhebt sich und verschwindet, ohne sich zu verabschieden.
Ein weiterer TV-Auftritt, bei dem ich strahlen muss - Super!

+

Einige Stunden später sitze ich mit einer Schüssel Müsli in der Hand vor dem Hauptfernseher und schaue deutsches Trash-TV.
Als ich hier eingezogen bin, habe ich mich dafür stark gemacht, dass wir deutsches Fernsehen empfangen können.
Vor allem wenn ich Heimweh habe, sehe ich mir die schlechtesten Shows an: Mitten im Leben, Berlin Tag und Nacht oder Hilfe! Jung, pleite und verzweifelt. Natürlich gibt es noch viel mehr.
Jana, die in der Schule gemobbt wird, hat sich aus der Brieftasche ihrer Mutter Geld geklaut, um sich Markenklamotten zu kaufen.
"Oh, ich wusste nicht, dass du hier bist."
Mit vollem Mund drehe ich den Kopf Richtung Tür und sehe Bucky, wie er unentschlossen da steht.
"Du kannst dich gerne setzen, also, wenn du willst.", sage ich, als ich den Klumpen Müsli hinunter geschluckt habe.
Eigentlich wollte ich, dass er mir aus dem Weg geht, aber das will ich nicht. Ich will in seiner Nähe sein. Immerhin ist er einer meiner besten Freunde. Oder war es zumindest.
Bucky macht Anstalten, wieder das Wohnzimmer zu verlassen, entscheidet sich dann doch anders und setzt sich neben mich.
"Was sehen wir uns da an?", fragt er mich auf deutsch.
"Verdachtsfälle."
Mehr bringe ich nicht heraus, da sein minziger Körpergeruch zu mir herüber weht. Heimlich stelle ich mir vor, wie er sich auf mich legt, sodass ich nichts anderes mehr wahrnehmen könnte.
"Aha."
Ich sehe es ihm deutlich an, dass ihm das Ganze mega unangenehm ist, mir geht es da nicht anders.
"Hör zu, können wir das Alles nicht einfach vergessen?"
Von mir selbst überrascht, beiße ich mir auf die Zunge. Ich wollte das Thema doch nicht anschneiden!
"Es tut mir Leid, aber das kann ich nicht. Warum bin ich wohl immer so lange weg, seitdem du mit Steve zusammen bist? Ich ertrage das einfach nicht, euch zusammen zu sehen. Und jetzt, da ich weiß, dass du auch etwas für mich empfindest, erst recht nicht."
Mit seinen seinen blau-grauen Augen sieht er mich traurig an.
Er mag mich schon länger?
"Warum hast du nie etwas gesagt?"
Ich ignoriere das stechende Gefühl in meiner Magengegend.
Er stützt sich auf seine Ellenbogen und beugt sich vor, um dann einen lauten Seufzer von sich zu geben.
"Am Anfang wollte ich nichts überstürzen. Du warst immerhin neu bei uns. Dann bin ich eines Morgens von einer Mission gekommen und du warst in Steves Armen gelegen. Danach ist es wohl klar, warum ich meine Klappe gehalten habe."
Er sieht mich dabei nicht an.
"Ich dachte immer, dass du mich nicht auf diese Weise magst."
Meine Stimme ist fast ein Flüstern, ich bin mir unsicher, ob er es überhaupt gehört hat.
Als er gleichdarauf seinen Kopf zu mir dreht und mich ansieht, bin ich mir dann aber sicher.
"Seit Thailand. Seitdem du dich auf den Tresen gestellt hast und zu diesem Lied getanzt hast."
Er sieht mich dabei so aufrichtig an, dass ich einfach nicht anders kann.
Verhalten hebe ich meine Hand und lege sie auf seine Wange. Sein Drei-Tage-Bart kitzelt an meiner Handfläche.
Er atmet lange aus und schließt seine Augen.
Er ist so anders als Steve, eigentlich sogar das komplette Gegenteil.
Langsam beuge ich mich vor, um ihn einen leichten Kuss auf die Wange zu drücken.
Er hat so viel Schmerz und Leid erfahren müssen, er hat nicht noch mehr davon verdient.
Meine Lippen wandern hinunter zu seinem Mund. Kurz bevor sie ihn berühren, halte ich Inne und atme seinen Duft ein. Danach lehne ich mich noch etwas weiter nach vorne, sodass sein Mund meinen verschließt.
Als gleichdarauf seine Hände nach meinen Hüften greifen, fühlt es sich an, als wäre ich nicht mehr gefangen.
Als wäre ich frei.
Der Kuss ist dieses Mal zaghaft und sanft, nicht wie die leidenschaftlichen davor. Ich habe das Gefühl, er lege seine ganzen Gefühle hinein.
Meine eine Hand, welche weiterhin auf seiner Wange liegt, fährt seinen Hals hinunter zum Ausschnitt seines T-Shirts. Die andere hat sich wie von selbst um seine Schultern geschlungen und zieht mich automatisch näher an ihn heran.
Ich knie mittlerweile auf der Couch vor Bucky und bin dadurch, dass er vor mir sitzt, in einer höheren Position.
Seine kühle Metallhand fährt am Saum meines Tops entlang, berührt dabei immer mal wieder meine warme Haut.
"Was zum ...?"
Schnell lösen wir uns voneinander, ich lasse mich nach hinten auf meinen Rücken fallen und sehe Sam, der an der Tür steht.



Blonde vs. Black (Bucky FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt