Blonde vs. Black (Bucky FF)

Die neue Katherine Night

Kurz bevor ich dran bin, sehe ich nochmal auf mein Smartphone.
Eine aufbauende Nachricht von Bucky und Nat und fünf weitere Nachrichten von Bryce, in denen er sich erklären will.
Schnell stelle ich es auf lautlos, bevor ich in einen Raum gebracht werde, in dem zwei gegenüberstehende Sessel stehen und ein kleiner Beistelltisch zwischen ihnen. Ansonsten zwei große Kübel mit Pflanzen, bei denen ich mir fast sicher bin, dass sie aus Plastik sind.
"Hallo, Katherine."
Jamie Gorden streckt mir ihre Hand entgegen.
"Kat, bitte."
Ich greife nach ihrer Hand und schüttele sie.
Ich war vorher noch nie bei Jamie zu Gast. Ihre Sendungen sind eher ernster gestaltet, was ich in dieser Situation nicht schlecht finde. Ehrlich gesagt, habe ich gehofft, dass diese Show mich angefragt hat.
"Sind sie bereit?"
Sie sieht mich anteilnamslos an.
Ich schlucke und nicke.
Sie bietet mir den rechten Sessel an und ich nehme Platz.
Mehrere Scheinwerfer sind auf uns gerichtet, genauso wie Kameras.
Ich bin froh darüber, dass es kein Live-Publikum gibt.
Hinter der Bühne wird das Gewusel immer weniger, da sich die meisten schon auf ihrer Position befinden. Dann beginnt ein Mann mit Headset von 10 herunter zu zählen, wobei er ab drei nur noch seine Finger benutzt.
Als auch sein Zeigefinger verschwindet, wird es plötzlich mucksmäusschenstill und Jamie beginnt zu reden.
"Viele waren entsetzt von ihrer Trennung zu hören. Kurz darauf wurden böse Anschuldigungen in den Raum geworfen. Und das will sie heute hier bei uns klären. Herzlich Wilkommen, Katherine Night!"
Ich lächele verhalten in die Kamera und nicke.
"Was sagen Sie zu den Anschuldigungen, sie hätten Captain America mit dem Winter Soldier betrogen?"
Sie kommt gleich zur Sache, das gefällt mir. Ich will das schnell hinter mich bringen.
"Ich würde gerne von vorne beginnen, wenn das in Ordnung ist."
Jamie nickt mir zu und ich räuspere mich.
Ich will es auf meine Art machen und mich nicht bei zusammenhangslosen Fragen verhaspeln.
"Als Steve und ich gestern in Guten Morgen America unsere Trennung bekannt gaben, haben wir die Wahrheit gesagt: Wir sind kein verliebtes Paar, sondern einfach nur gute Freunde. Was wir nicht preisgegeben haben, weil es einfach zu persönlich ist, ist, dass wir uns schon seit einigen Wochen auseinandergelebt haben. Wir haben einfach an einander vorbeigelebt, ohne darüber zu sprechen. Vorgestern habe ich es dann zur Sprache gebracht. Natürlich war Steve zunächst überrascht, hat mir aber dann zugestimmt."
Ich mache eine Pause und sehe meine Gegenüber an. Sie sieht mich interessiert an. Kein perfektes Lächeln, keine perfekte Maske auf ihrem Gesicht.
Ich beschließe stumm, dass ich mich nur noch von ihr interviewen lasse.
"Was ist mit den Anschuldigungen, welche von einer vertrauenswürdigen Quelle stammen sollen?", fragt Jamie, als meine Pause doch länger dauert.
"In letzter Zeit, ist mir aufgefallen, wie unglücklich ich bin. Nicht nur in der Beziehung mit Steve, sondern mit meinem ganzen Leben. Verstehen Sie mich nicht falsch, ich liebe es, das Leben anderer Menschen zu retten. Aber ich musste rund um die Uhr perfekt sein. Nicht nur vor der Kamera, auch in meinem Zuhause.
Es war wie in einem goldenen Käfig. Ich war nicht mehr ich selbst. Ich habe nicht mit Steve über all das reden können, mit James aber schon. Das Gefühl, dass ich etwas für ihn empfinde, wollte ich erst ignorieren. Aber es wurde immer stärker und ich konnte es einfach nicht mehr leugnen. Ich habe schon bevor ich wusste, dass Bucky auch etwas für mich empfindet den Entschluss gefasst, mich von Steve zu trennen."
Ich lehne mich etwas nach hinten und hole erleichtert Luft. Das war alles, was ich sagen wollte.
"Warum haben Sie die Beziehung zu Barnes nicht gleich aufgedeckt?" Jamie sieht mich kritisch an.
"Ganz einfach: Es wäre das passiert, was eingetreten ist. Wir wären in ein schlechtes Licht gerückt worden. Außerdem aus dem gleichen Grund, weshalb Steve und ich unsere Trennung verbergen wollten: Es ist noch alles sehr frisch."
Ich habe schon fast vergessen, dass Kameras anwesend sind, so angenehm ist die Atmosphäre hier.
"Wissen Sie, wer der Insider ist, der Sie verraten hat?"
Es gibt zwei Wege, diese Frage zu beantworten:
Ich bleibe diskret und antworte verhalten...
"Ein mir sehr wichtiger Mensch. Es verletzt mich weniger, was er ausgeplaudert hat. Mehr ist es das Wissen, dass ich ihm nicht vertrauen konnte. Wir waren zwar geschäftliche Partner, aber ich habe den Fehler gemacht und ihn zu meinen Freunden gezählt. Also wenn jemand von euch da draussen Bryce Shelby vertraut, lasst es lieber. Er ist eine falsche Schlange."
...oder ich zerstöre seinen Ruf.
"Sie wollten sich der Öffentlichkeit entziehen, woran lag das und warum haben sie sich nicht daran gehalten?"
Ich lache auf.
"Nach der Nachricht gestern, musste ich das doch richtig stellen."
Jamie schenkt mir ein verständnisvolles Lächeln.
"Die Öffentlichkeit und vor allem mein Erscheinen war einer der Gründe, weswegen ich unglücklich war. Dieses perfekte Getue ging mir gelinde gesagt auf den Sack. Klar, ich habe eine gewisse Vorbildfunktion, dessen bin ich mir bewusst, aber ich will mir trotzdem treu bleiben. Lächeln, wann ich es will und nicht, wann man es von mir erwartet. Die Leute, die mich noch ohne meine Kräfte kennen, wissen, wovon ich rede. Ich dachte mir, wenn ich mich erstmal darauf konzentriere, was mich wieder glücklich macht, ohne dass mir die ganze Welt dabei zusieht, fällt alles leichter."
Jamie nickt und ich sehe, wie sie sich einiges verkneift.
"Also ich muss aber dazu sagen, dass ich mich hier pudelwohl fühle."
Ich lächele meine Interviewerin an.
"Das freut mich zu hören. Eine letzte Sache möchte ich noch fragen, dann sind wir hier durch. Was können wir zukünftig von Ihnen erwarten?"
Ich sehe kurz auf meine Hände, um meine Worte sorgfälltig zu ordnen.
"Ich werde mich, wie ich es auch vorhatte, aus der Öffentlichkeit zurückziehen. Meiner Arbeit werde ich aber trotzdem nachgehen. Außerdem will ich einfach glücklich sein. Mit meinem Leben und auch mit Bucky."
Danach bedankt sich Jamie bei mir und beendet die Live-Aufnahme.
Als das rote Licht der Kameras verschwinden, lasse ich mich in den Sessel fallen und schließe die Augen.
Endlich!
"Sie haben das super gemeistert, Kat."
Ich öffne die Augen und sehe in Jamies grüne Augen.
"Danke, ich hoffe, es ist alles so rübergekommen, wie es sollte."
Wir stehen beide auf.
"Das nehme ich stark an. Und übrigens: ich bin ein Fan der neuen Katherine Night."
Damit verabschiedet sie sich und lässt mich mit einem guten Gefühl allein.