•Part 15•

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P.o.v. Yoongi

Durch einen Schlag direkt in meinen Magen wache ich auf. Wo ist Luft wenn man sie braucht? Nach Atem ringend sehe ich mich nach dem Übeltäter um, bis mein Blick auf Jin neben mir fällt. Er murmelt im Schlaf und schlägt immer wieder mit der Hand oder einem Fuß aus.

Ich versuche mich ihm zu nähern, kassiere aber nur einen erneuten Tritt, diesmal gegen mein Schienbein. Hat der Junge Karate oder so gelernt? Es gelingt mir seinen Arm zu packen. Nicht zu fest, damit ich ihn nicht verletze oder auf seine Narben drücke.

So ziehe ich ihn an mich heran, und lege meine Arme um ihn. Langsam beruhigt er sich und sein Körper beginnt zu beben. Es macht mir nichts aus wenn er weint, ich weiß dass er alles herauslassen muss, was sicherlich noch eine Weile dauern wird. Aber auf alle Fälle ist es besser als alles in sich hinein zu fressen und bei Nacht im Badezimmer zu sitzen, darauf bedacht möglichst wenige Geräusche zu machen damit niemand auf einen aufmerksam wird.

„Jinnie, magst du mir erzählen was los ist?"
„Yah, ich bin immer noch dein Hyung!", kommt es schniefend von dem kleinen Kleiderhaufen in meinen Armen. Ich kenne ihn jetzt aber lange genug um zu wissen dass er lächelt. Vielleicht ein kleines, vielleicht ein großes Lächeln, ich sehe es ja nicht. Aber es zählt mehr als alles andere. Es bedeutet dass er langsam bereit ist sich mir zu öffnen.

Dennoch wirkt er noch nicht 100% zuversichtlich.
„Hey, wenn du mir was von dir erzählst erzähl ich dir auch was von mir. Ich schau das es so gut ausgeglichen ist wie möglich. Ehrenwort"
Er lächelt, hält mir aber den kleinen Finger hin.

„Pinky-Princess-Schwur?" Er lächelt und grinsend verhake ich unsere Finger.
„Einverstanden, sollen wir abwechseln?"
Er nickt. Jetzt gehts los, im Prinzip spielen wir hier Wahrheit oder Wahrheit.

Ich beginne, aber weiß nicht wie ich es am besten ausdrücken soll. Er lächelt mich mit seinen rotumrandeten Augen aufmunternd an.
„Also ich wollt dich was zu der Selbstverletzungsche fragen aber ich will dir echt nicht zu nahe treten. Du musst auch nicht antworten wenns zu viel wird", warum hab ich das gesagt? Ich will doch nicht dass er jetzt denkt dass das hier ein Verhör werden soll.

„Schon okay, wir kennen uns ja jetzt schon sehr lange. Du kannst mich fragen was du willst und wenn es zu persönlich wird, sag ich dir das einfach". Sein Lächeln wirkt echt. Doch statt eine Frage zu stellen, beginne ich zu erzählen.

„Ich hatte mal eine Freundin die dasselbe getan hat. Also du weißt ja was. Und ich hab sie mal gefunden als sie im Badezimmer gesessen ist. Sie konnte nicht wegsehen und meinte zu mir das es für sie eine ganz eigene Kunst ist. Sie fand die Schnitte hübsch. Sah zu wie sich rote Bläschen bildeten und war davon fasziniert."

Ich stoppe kurz und hole tief Luft.
„Si-sie ging auf eine katholische Mädchenschule und hatte deshalb viel mit dem Glaube und der Beziehung zu Gott zu tun. Sie war eine art pan-sexuell aber das zu erklären würde jetzt noch länger dauern. Auf jeden Fall empfahl sie mir einmal ein Buch. Ich dachte mir nichts dabei, auch den Titel nahm ich nicht besonders wichtig. Es hieß »Sinner« und ging um die Sünden der Menschen."

Wieder breche ich ab und muss mich erst einmal wieder zurecht finden. Jin kommt noch näher und streicht mir beruhigend über den Rücken. Dankbar erwidere ich seinen Blick, und mache weiter.

„Ich las es und dachte mir nichts weiter. Du weißt das ich mir nicht so viel aus den Gedanken anderer mache, und auch selbst atheist bin. Doch es hat sie getriggert, mehr als ich zu der Zeit gewusst habe. Sie las es weiter und weiter, und am Ende jedes Kapitels stand der selbe Satz: »Hast du dies getan oder erlebt, so bist du ein Sünder«. Wie gesagt war ihre Schule katholisch und das Buch demnach sehr hart. Aber dieser eine Satz reichte. So kam es dazu das sie- das sie sich ritzte. Aber nicht normal. Dieser Satz hat sich in ihr Gedächtnis eingebrannt, und nicht mehr losgelassen"

Ich brauche eine kurze Pause, und wische die Tränen weg die aus meinen Augen ausgetreten sind. „Was ist dann passiert?" Ich schüttele nur den Kopf und hole etwas aus meinem Nachtisch. Es liegt dort schon so lange, aber es wegzugeben ist undenkbar. Das Tagebuch mit ihren Gedanken. Ihre Geschichte, aufgeschrieben und gut verwahrt. Die Seite mit dem kleinen Blutfleck. Das ist sie, und diese aufgeschlagen, halte ich Jin nun das Büchlein hin. Er nimmt sie behutsam in seine Hände und beginnt zu lesen.

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Ab jetzt kommt (hoffentlich) jeden Tag (außer Donnerstag) mindestens ein Update um 17:00
💛

•Broken Doll•  [Yoonjin ff]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt