4.8.2017. Der Tag vor dem großen Tag ist gekommen. Wir glühen am Vorabend der großen Sause mit gut 60 Freunden vor in unserer Maisonette-Wohnung in Berlin-Mitte. Die Gäste werden einander vorgestellt, gemeinsam fiebern wir dem kommenden Tag entgegen. Es wird gelacht, getrunken, gegessen, gequatscht und erste Freundschaften geknüpft. Gegen Mitternacht packen Jonas und ich unsere sieben Sachen und verziehen uns jeder in unser Hotel, Jonas ins Oderberger, ich ins Amano.
Ich verbringe die Nacht mit Ana. Ana und ich haben uns beim Auslandssemester auf Hawaii kennen- und lieben gelernt. Schon bei ihrer Hochzeit war ich Trauzeugin und verbringe die Nacht vor der Hochzeit bei ihr im Bett. Ehrensache, dass sie nun auch bei mir schläft. Was mir besonders gut tut, ist ihre ruhige, unaufgeregte Art mit genau der richtigen Menge Enthusiasmus. Als wir nebeneinander im Bett liegen guckt sie mich an: „Wie geht es dir gerade? Aufgeregt?" „Ich weiß es nicht so recht, einerseits etwas aufgeregt, andererseits haben wir den offiziellen Teil beim Standesamt und in der Kirche ja schon hinter uns. Das einzige, was mich gerade nervös macht, ist die Wettervorhersage." „Ich vertraue darauf, dass das Wetter gut wird. Ich möchte nur, dass du glücklich bist." Ich nehme Ana in den Arm und drücke sie fest. „Ich bin so froh, dass du da bist."
Am nächsten Morgen klingelt mein Wecker um 7 Uhr. Müde und zerzaust stehe ich auf, schmeiße mich in ein weites Kleid und gehe die wenigen Meter zu meinem Friseursalon. Die Bewegung an der frischen Luft tut mir gut und hilft mir wach zu werden. Der Himmel ist leicht bedeckt, es ist ein wenig windig, aber es sind angenehme 20 Grad. Perfektes Wetter, wie ich finde. Berit, die eigentlich seit sieben Jahren meine Stylistin ist, ist seit heute im Urlaub, sodass ihre langjährige Kollegin Steffi übernimmt. Sie schminkt mich und werkelt an meinen störrischen Haaren herum, aber so richtig wollen meine Haare heute nicht liegen. Sie wirken etwas steif und struppig, Steffi müht sich ab, aber meine eigenwilligen Haare spielen nicht mit. Zum Glück kenne ich das Spiel mit meinen Haaren. Manchmal machen sie einfach nicht mit. Ich stresse mich aber nicht, denn die Vorfreude auf den großen Tag steigt minütlich. Ich freue mich auf all die Freunde, die ich so lange nicht mehr gesehen habe. Außerdem stößt auch schon unsere Hochzeitsfotografin, Laima, dazu. Sie hält die Momente des Fertigmachens fest. Schaue ich mir die Bilder jetzt an, sehe ich zwar meine eigenwilligen Haare, aber vor allem meine unbändige Freude auf den Tag.
Auf dem Rückweg zum Hotel verwuschelt mir der Wind schon die Haare, die Frisur löst sich innerhalb weniger Minuten auf. Was soll's. Was mich viel mehr beunruhigt sind die dunklen Wolken, die der Wind mitbringt. „Bitte kein Regen, bitte kein Regen", sage ich zu mir wie ein Mantra.
Ich komme zurück im Hotelzimmer: Ana ist wach und macht sich fertig. Nur wenige Augenblicke später klopft es an der Tür und Britt, meine Schwester, kommt herein. Sie sieht atemberaubend aus und ihre Haare sind phänomenal gestylt. Ihr Outfit hat sie selbstgenäht und es ergreift mich völlig, was für eine talentierte Schwester ist habe. Sie trägt einen leicht fallenden bodenlangen Rock, dazu ein helles Trägertop, das ihre Elfenhaftigkeit noch unterstreicht. Vom Hotel haben wir eine Flasche Prosecco geschenkt bekommen, die wir mit einem lauten Knall öffnen.
Kaum haben wir angestoßen, werfe ich einen Blick auf die Uhr: Ich muss mich beeilen, ich habe das Hochzeitskleid noch nicht an und in einer knappen Stunde kommt das Taxi. Eine Stunde Zeit, in der wir noch Bilder machen wollen mit allen Brautjungfern.
Ana und meine Schwester helfen mir mein Hochzeitsoutfit anzulegen: Den weit fallenden Rock in einem Rosé-Ton bekomme ich noch alleine angezogen, die mit Lederblüten benietete Corsage mit vier Schnallen jedoch braucht helfende Hände. Ich recke die Arme in die Höhe, als Ana und Britt die Korsage herantragen und mir anlegen. Während sie die Schnallen verschließen, höre ich das Klicken der Kamera. Laima hält jeden Moment fest. Auch den, als Ana sich vor mich kniet und mir meine Sandalen zumacht.
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Ein 'Für immer' gibt es nicht
Non-FictionDieses ungute Gefühl: Als ich in meine Straße einbiege, bemerke ich ein Grummeln im Bauch, ein unangenehmes Ziehen. Ich will eigentlich wieder umkehren, zurück in Milenas Wohnung und mich verkriechen, mich vor dem notwendigen Gespräch verstecken, ab...