chapter 13

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Ich konnte das Ganze nicht mehr.
Ich spürte, wie mein Körper nachgegeben hätte, hätte er mich nicht gehalten. Und doch, trotz seiner Sicherheit wollte ich einfach nur noch rennen. Ich wusste, wie sehr es Craig verletzen würde, wüsste er es. Plötzlich spürte ich seine Lippen auf meinen. Meine Muskeln entspannten sich, und ich fühlte, wie meinen Tränen für einen kurzen Moment stoppten. Es war, als würde ich für einen kurzen Moment der unbefleckte Engel sein können, der ich vielleicht mal war. Doch trotzdem fühlte es sich falsch an. Vor meinem Auge erschien wieder dieser Typ. Ich würgte und löste mich von Craig, als ich gerade gehen wollte, hielt er mich jedoch am Arm fest. "kenny.. was ist los?" Ich hörte in seiner Stimme beinah eine Art Trauer. Ich musste ihm nun die Wahrheit sagen. Meine Schuld sprudelte einfach aus mir heraus. "I-ich, ich hab wieder mit so nem Typen geschlafen, aber, aber ich krieg das wieder hin!!", die letzten Worte bestanden nur noch aus Verzweiflung. Ich wusste, dass ich das nicht wieder hinkriegen könnte. Wie denn auch? Wie sollte jemals so ein wertloses Stück Dreck wie ich, irgendwas hinbekommen? Als ich in Craigs Gesicht sah, dachte ich, ich würde sterben. Mein ganzer Körper schmerzte. Ich konnte ihn so nicht sehen. Und das schlimmste war, es war meine Schuld, meine allein. Es war nur meine Schuld. "MAN KENNY, WIE WILLST DU DAS ANSTELLEN?! DU KRIEGST JA NICHTMAL DICH SELBST HIN" Ich wurde immer schwerer. Ich fühlte mich, als würde ich fallen. Er hatte Recht. Ich drehte mich auf dem Absatz um.
"ich liebe dich.", war das letzte, was ich leise über meine Lippen brachte, bevor ich zu laufen ansetzte. Zum ersten mal fiel mir auf, dass mich meine Füße vorhin anscheinend instinktiv zu Craigs Haus geführt hatten, das erklärte auch, wieso er plötzlich da war.
"ich dich auch". Ich hob meinen gesenkten Kopf leicht. Nein, das hatte ich mir eingebildet. Oder? Um mich zu vergewissern, drehte ich meinen Kopf kurz, und blickte in zwei tief blaue Augen, die mich ansahen. Nein, das war keine Einbildung gewesen. Langsam gingen wir aufeinander zu. Keiner sagte etwas. Keiner zeigte eine andere Emotion als Leere. Schließlich trafen wir uns, und zogen uns gegenseitig in eine feste Umarmung. Immer noch war nichts ausser unserem Atem zu hören. Wir sahen uns nichtmal an, blickten nur in die Luft, bis Craig mir schließlich einen Kuss auf den Scheitel gab. Ich schloss meine Augen, wollte einfach nur noch vergessen, was passiert war. Und ich konnte endlich meinen Kopf ausschalten. Ich genoss einfach nur noch seinen Geruch, mein Kopf lag auf seiner Schulter, und seiner auf meinen blonden Haaren. Ich weiß nicht wie viel Zeit verstrich. Es kam mir vor, wie eine kleine Unendlichkeit, in der sich keiner von uns bewegte.

"warum", nuschelte Craig flüsternd gegen meine Haare. Ich hob meinem Kopf und sah ihm in das, von Tränen zerstörte Gesicht des Größeren. In mir war es so, als würde mir jemand immer wieder, für jede Träne ein Messer reinrammen. Ich hatte ihn noch nie weinen gesehen. Langsam gingen wir endlich in das deutlich wärmere Haus auf Craigs Zimmer, in welchem wir uns gegenüber auf das große Bett setzten. Mittlerweile weinte Craig zwar nicht mehr, doch ich sah ihm den Schmerz an. Ich verfluchte mich dafür, das ganze getan zu haben. Ich verfluchte mich dafür, Craig das anzutun. Er hatte das nicht verdient. Niemand. Aber fuck, was hatte ich für eine Wahl? Meine Schwester hat diesen Schmerz genauso wenig verdient wie Craig. Es war alles meine Schuld. Selbst dass meine Mutter angefahren wurde und nicht arbeiten konnte, war meine Schuld-
"kenny?", ertönte Craigs zerbrochene, leise Stimme in meinem Ohr. Ich sah fragend in seine Augen, in denen ich sofort den inneren Konflikt erkannte. "bitte erzähl mir warum. das ist alles was ich möchte.", seine Stimme war betont monoton, und doch merkte man genau wie zittrig sie eigentlich war. Ich beneidete ihn schon seit dem ersten Tag, an dem wir miteinander sprachen um sein Talent, seine Emotionen zu verschlüsseln.
Schließlich setzte ich zu sprechen an. "ich brauchte das geld", meine Stimme bebte vor Verzweiflung und doch fuhr ich fort, "meine Mutter hatte einen Unfall, und kann deshalb erstmal nicht mehr arbeiten, und ich möchte nicht, dass meine Schwester irgendwann um nicht von den anderen Schülern fertiggemacht zu werden, so endet wie ich. Ich will nicht, dass sie wegen mir Hunger leiden muss, und dann irgendwann auch zu so einem widerlichen Wesen wie ich wird." Ich blickte wieder in sein Gesicht, er hatte die Augen angestrengt geschlossen. Sein Körper zuckte, als ich meine Hand auf seine legte.
"kenny, ich liebe dich, so sehr wie nie eine Person vor dir..", brachte er über die Lippen, nachdem er mich kurze Zeit genau gemustert hatte. "und du weißt, wie weh das tut.", er unterbrach sich selbst durch ein zitterndes Einatmen, bevor er fortfuhr, "eigentlich hätte ich dich schon vor langer Zeit links liegen gelassen, genau wie damals, besonders wegen deiner Vergangenheit-", erneut schluckte er. "aber ich tat es nicht wieder. Kenny.", er blickte mir tief in meine geröteten Augen, "ich will nicht dass du das machst. Dass du mir damit wehtust, dich von irgendwem anders so anfassen zu lassen wie von mir kann ich vertragen, ich hab schon Schlimmeres erlebt, aber dir ist nicht bewusst wie kaputt du dich selbst damit machst, dein Körper ist vergänglich, aber fuck kenny- Du bist nicht wertlos. Du hast eine verdammt starke Seele, die den Tod schon häufig überstanden hat. Das weißt du." In meinen Augen sammelten sich wieder die Tränen, jedoch nicht aus Verzweiflung, sondern mehr aus der tiefen Melancholie die im Raum lag. "Ich will, dass du mir gehörst. Nur mir. Und ich will, dass du nichts, aber wirklich nichts mehr mit diesen Menschen zutun hast, sie ziehen dich doch nur so tief herein, dass du alleine nicht mehr rauskommst, und genau das hast du doch schon erlebt, als du dir nackt auf mdma den Schädel eingeschlagen hast! Weißt du eigentlich, wie verfickt weh das tut, dich so zu sehen?! Wenn du Probleme mit dem Geld hast, mir egal, von mir aus rauben wir ne fucking bank aus, aber bitte.. bitte bleib weg von diesen Leuten.." zum Ende hin wurde seine Stimme wieder sanfter, und er schaute mir immer noch tief in die Augen.
Ich liebte diesen Menschen. Mehr als alles andere. Das spürte ich in mir seit dem ersten Tag. "ich versprechs dir, craig. ich verspreche dir, dass ich bei dir bleibe. Nur bei dir. Für den Rest der Zeit in der du das auch möchtest.." Das war das ehrlichste, was mir je über die Lippen kam. "ich liebe dich", waren die letzten Worte meinerseits, bevor Craig mich in einen liebevollen Kuss zog.

"i hate you so much" | crenny fanfictionWo Geschichten leben. Entdecke jetzt