fast schon Blutmond // Among Us

1 - Katastrophenalarm

Überall, in jedem Gang und jedem Raum durch den Vlesk hetzte, rotierten die roten Warnlichter. Der Alarm dröhnte durch die Wände, dass der Boden bebte.

Es war das erste Mal, dass sie einen Katastrophenalarm hatten und zu diesem Zeitpunkt wusste Vlesk noch nicht, dass es nicht der letzte gewesen sein würde. Er betete aber dafür.

Auch draußen wurden die Schneeflocken unerbittlich von den roten Lichtstreifen durchschnitten und den Alarmton dämpfte das Schneegestöber nur minimal.

Der gefrorene Boden knirschte unter seinen Füßen, als Vlesk vor dem Office abbremsen musste. Die Tür war verschlossen.

Er hämmerte mit der Faust gegen das Metall und die unerbittlich lauten Sirenen fraßen sich durch seine Nerven, sodass er ungeduldig begann in seinem Anzug nach der Karte zu suchen, um die Tür zum Office zu öffnen. Er fluchte leise, weil er nur einen Haufen Zettel zu Tage beförderte und ihm fast sein Tablet aus den Händen rutschte. Schließlich stand er ohne Karte, aber mit vollgepackten Händen vor der verschlossenen Tür und war kurz davor alles hinzuschmeißen und die bescheuerte Tür einzutreten, als jemand sie endlich öffnete. Kutcher.

»Darf man dir was abnehmen?«

»Unbedingt«, Vlesk drückte ihm seinen Kram in die Hände und schob die Tür hinter sich wieder zu. Mit Schwung, dass es schepperte, knallte Kutcher den Spind von Vlesk auf und stopfte die Zettel hinein, während Vlesk seinen Helm abnahm und hinterher pfefferte.

Im Sekundentakt blinkte das rote Licht auf und genervt zerrte er mit von der Kälte klammen Fingern an seinem Reißverschluss herum. Kutcher trat zu ihm und wollte ihm helfen. Seine warmen Hände jagten kleine Hitzestöße durch Vlesks erkaltete. Er schüttelte den Kopf, er brauchte keine Hilfe. »Hände weg.«

Kutcher schnaubte, »Was für 'ne Laus ist dir denn über's Visier gelaufen?«, lehnte sich mit verschränkten Armen neben dem Spind an die Wand und beobachtete wie Vlesk sich aus dem Anzug schälte. Er wollte zu einer bissigen Antwort ansetzen, aber Kutcher kam ihm zuvor. »Jaja, penetrant, rot-blinkend und laut, stell dir vor, die hab' ich auch gesehen.«

Einen Moment sahen sie sich an, jeweils in rotes Licht getaucht und es wunderte Vlesk, wie Kutcher bei dem Alarm so ruhig bleiben konnte, aber dann fuhr er sich mit dieser nervösen Geste durch die Haare.

»Na dann versteh'n wir uns ja«, brummte Vlesk und hängte seinen pinken Anzug in den Spind.

Auf dem Flur sahen sie Gnu und Bart, der aus Admin kam. Die beiden betraten den Versammlungsraum zeitgleich durch die andere Tür. Hier, im Office stand der Rest der Crew bereits um den großen Tisch und schaute mit ernster Miene auf das flimmernde Bild, das der Projektor auf die hintere Wand projizierte; für einen Katastrophenalarm herrschte erstaunlich wenig Hektik. Vlesk stellte sich neben Shantao, der ihm einen Donut anbot und lehnte dankend ab.

Stattdessen inspizierte er die Kaffeemaschine und tatsächlich, in der Kanne war noch frischgebrühter, warmer Kaffee. Während er Kaffee in zwei Becher eingoss, hörte er mit dem halben Ohr der Versammlung zu.

»Die Crew ist vollzählig«, berichtete Baso und augenblicklich verstummte der Alarm. Erleichtert atmete Vlesk auf, gesellte sich wieder zu den anderen und gab Kutcher wortlos den anderen Kaffeebecher. Der bedankte sich knapp und Vlesk nickte nur.

»Wir haben Katastrophenalarm und ihr macht da hinten erst mal Kaffeekränzchen?«

Shantao grinste und hielt den Teller mit den Donuts in Karuzos Richtung. »Auch einen?«

»In 'ner Katastrophe bist du sowieso der Erste, der abkratzt«, meinte Kutcher zu Karuzo und bekam dafür einen mahnenden Blick von Baso.

»Ruhe jetzt, es passiert was.«